E.R. Greulich - Amerikanische Odyssee

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Erschießt Unteroffizier Malleck den gefangenen Sergeanten Hampstead nur wegen einer Uhr? Heinz Hesse steht wie gelähmt dabei. Nach einem Feuerüberfall der Amerikaner befindet er sich mit dem Schwerverwundeten allein; Er holt Hilfe, begibt sich. freiwillig in Gefangenschaft. Beharrlich versucht er, das Verbrechen zu Protokoll zu geben. Es misslingt, Hesse macht sich damit unbeliebt. Im Lager bei Oran trifft er wieder auf Malleck. Gedeckt von der Lager-Gestapo, bringt Malleck seinen Widersacher Reschke um, der von der Tat weiß. Unter dem Druck des zweiten Mordes, lässt sich Hesse zu einer falschen Aussage erpressen. In den USA kämpft er weiter um Sühne für die beiden Toten. Dafür stempeln ihn die Nazis zum «bad communist». Das bringt Hesse in die «Quetschmühle», ein Fragelager bei Washington. Hier gewinnt er die Liebe Elizas. Die Hoffnung, dass sie der Gerechtigkeit helfen könne, zerschlägt sich. Mehrmals trifft Hesse bei seiner Odyssee auf Malleck. Weshalb geschieht dem Mörder nichts? Wieso muss Hesse einen Weg der Enttäuschungen gehen? Warum versagt auch Cora Hampstead, die Frau des ermordeten Sergeanten? Diesen Fragen geht E. R. Greulich in einer erregenden Romanhandlung nach und schöpft dabei aus eigenem bitterem Erleben.

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E.R. Greulich

Amerikanische Odyssee

Autobiografischer Roman

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis Titel ER Greulich Amerikanische Odyssee Autobiografischer - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel E.R. Greulich Amerikanische Odyssee Autobiografischer Roman Dieses ebook wurde erstellt bei

Wie es begann

Erster Teil

Ein Camp, das es nicht geben darf

Ein Amt von Semmels Gnaden

Neuer Job - alte Sorgen

Wer die Wahl hat ...

Herr Feldwebel wird nervös

Ein PW namens Malleck

Das Lager neun

Fraternisation

Der Nachtfalter

Zweiter Teil

Todfeinde

Wer ist der Mörder?

Der Brief

Mistress Hampstead will zahlen

Für die Kameraden - gegen Eliza?

Ins Paradies

Höllisches Paradies

Bitteres Zurück

Verdächtige Milde

Forellen leben nicht in Tümpeln

Dritter Teil

Drei Möglichkeiten

Harte Runden beim Sechstagerennen

Siegt die Gerechtigkeit?

Kreuze auf den Hügeln

Sehnsucht nach Sibirien

Mut und Zorn

Worterklärungen

Verschollene Zeitzeugenschaft. Über Emil Rudolf Greulich (1909- 2005)

Impressum neobooks

Wie es begann

Es war wenige Tage vor der Kapitulation des Afrikakorps und der ihm unterstellten Einheiten. Das erste Bataillon des Afrika-Schützenregiments 961/Division 999 lag in den Bergen bei Tebourba.

Auf der dem Feind abgekehrten Seite des Berghangs, hineingetrieben in Geröll und Steinschutt, liegt der Gefechtsstand der 1. Kompanie. Er ist eng, alles darin ist primitiv und provisorisch. Doch es ist der weitum sicherste Raum. Die in den Schützenlöchern vorn beneiden die Insassen, die sich langweilen und Arbeit vortäuschen. Was gibt es noch zu tun für Schreiberseelen, wenn keine strategische Führung mehr vorhanden ist, wenn alle, ohne es auszusprechen, auf den Schlusspunkt warten? Sie schwitzen im Kompaniestab und trinken guten tunesischen Wein. Im Flachland vor den Bergen gab es genügend verlassene Gehöfte mit riesigen Fässern in den kühlen Kellern. Bis an die Knöchel standen wir im Wein, berichteten die Organisierer. Fast alle trinken. Im Rausch ist das Hundeleben leichter zu ertragen. Oberfeldwebel Tolcke trinkt nicht, er will die Kontrolle über sich nicht verlieren. Es ist mehr Angst ums Leben als um den Verlust der Autorität. Schon im Flachland schlief er als einziger nachts in einem tiefen Splitterloch. Die es in jeder neuen Stellung ausheben mussten, fluchten. Alle anderen lachten über Tolcke, der vorgab, nur im kühlen Erdreich würde er nicht von den Erdflöhen geplagt. Sie legten ihm einen Skorpion ins Erdloch, Tolcke schlief eine Nacht hindurch neben dem giftigen Insekt und wurde nicht gestochen. Gleich und gleich tut sich nichts, sagten die Landser.

Kompanieführer Oberleutnant Unschlitt trinkt am meisten. Er kann am meisten vertragen. Er wird jeden Tag lärmender und jovialer. Um der Misere zu begegnen, reißt er Zoten und nennt es Galgenhumor. Er kümmert sich wenig um die Kompaniegeschäfte. Da ist ja der pedantische, korrekte Tolcke. Der tut schon, was es noch zu tun gibt.

Marsmann kann nichts mehr tun. Der Batteriestrom seines Funkgeräts "Dora" ist am Versiegen. Als der Kompaniefunker beim Bataillon wegen neuer Batterien nachgefragt hat, haben sie ihn ausgelacht. Denn er hat weder ägyptische Zigaretten noch französischen Kognak zum Schmieren, Marsmann gehört nicht zur Stammmannschaft. Er ist einer der vielen Vorbestraften, die, über Nacht "wehrwürdig" geworden, dennoch Hitlersoldaten zweiter Klasse sind. Der offizielle romantische Name ändert nichts an der Tatsache, dass die Afrika-Schützendivision 999 eine Strafeinheit ist. Marsmann glaubt nicht daran, es ändern zu können. Heil aus diesem Krieg möchte er kommen, der kleine Schütze Arsch, der bei 999 am ärmsten dran ist, wie das geflügelte Wort lautet. Eigentlich könnte Marsmann froh sein, dass sein Gerät den Anfang macht mit dem Kriegsende. Aber er muss es ausbaden. Unschlitt brüllt so hässlich: "Wenn du mit deiner Dora zu Hause genauso wenig anzufangen weißt, sollte sie dich jeden Tag mit einem anderen betrügen, du Blindgänger!" Unschlitt will nur einen Witz an den Mann bringen. Es schmerzt trotzdem. Zufällig heißt Marsmanns Frau Dora. Es ist die beste Frau.

Obergefreiter Hesse fummelt mit seinem Vorgesetzten, Unteroffizier Börger, an Soldlisten. Die große Kiste mit den Kompaniepapieren ist zugleich Schreibstube und Tisch. Die Schreibstube ist nur geduldet im Kompaniegefechtsstand. Börger ist einer der Anständigen. Sonst wäre Hesse längst nicht mehr in der Schreibstube. Obwohl beide nur die Kniehosen und die kurzärmeligen Hemden ihrer Tropenausrüstung anhaben, schwitzen sie. Es ist erst April, aber es ist heiß wie im deutschen Hochsommer. Bis hierher in die Berge gelangt kein kühlender Mittelmeerwind. Noch ist nicht Mittag, doch ringsum döst matte Schläfrigkeit. Unschlitt ist wie so oft "hinten" in der Etappe - sofern es die noch im militärischen Sinne gibt -, sein Randalieren stört die trügerische Stille nicht.

Hesse und Börger heben die Köpfe. Aus der Ferne ertönt kaum hörbares Tuckern. Langsam kommt das Tuckern näher; da ruft jemand draußen das verhasste Wort: "Deckung!" Einige Stammleute rennen zum Gefechtsstand, mehrere Schützen zum Wadi und drücken sich dicht an dessen Steilwand.

Rasch kommt das Tuckern näher. Aus der Luft faucht es heran und birst krachend. Eisensplitter sirren und pfeifen. Wieder Fauchen, Pfeifen, Bersten, wieder und wieder, an die zwölf Einschläge, Granaten schweren Kalibers krepieren dicht hintereinander auf dem Pfad. Dann wieder Stille, auch das Tuckern ist gestorben. Dünne Rauchfahnen stinken nach Pulver und Staub.

Oberleutnant Unschlitt kriecht aus der Deckung im Wadi, hinter ihm der Kradmelder. Unschlitt flucht: "Scheiß-Amis! - Als ob wir Schießbudenfiguren wären!" Unvermittelt dreht er sich um zu dem Kradmelder. "Hätte denen so gepasst, uns wegzupusten. - Dein Schlitten ist im Eimer. - Auch nicht schlecht, haben wir hier vorn einen Mann mehr." Am Eingang des Gefechtsstands brüllt Unschlitt: "Oberfeld!"

Sofort steht Tolcke vor ihm. "Herr Oberleutnant?"

Unschlitt wirft einen Blick auf einen Zettel. "Befehl des Bataillons: Das ständige Störfeuer des Feindes auf den einzigen Zufahrtsweg zum Kompaniegefechtsstand verursacht laufend Verluste. Es beweist präzises Zielfeuer, das gelenkt sein muss von einer weit vorgeschobenen Beobachtung mit genauer Einsicht in unser Gelände. Der Beobachterstand ist aufzuspüren und zu vernichten. Das Stoßtruppunternehmen ist von den vordersten Stellungen der Kompanie aus notfalls zu unterstützen."

"Jawoll, Herr Oberleutnant", sagt Tolcke und dann weniger stramm, "wen schlagen Sie als Führer des Unternehmens vor, Herr Oberleutnant?"

Unschlitt fixiert ihn scharf und grinst. Es amüsiert ihn, wie Tolckes Gesicht langsam die Farbe verliert. "Wie wäre es mit Oberfeld Tolcke?"

Tolcke reißt sich zusammen. "Befehl ist Befehl, Herr Oberleutnant. Aber wenn etwas geschieht - dürfte ich darauf aufmerksam machen, dass die Kompaniegeschäfte ... "

"Menschenskind, oller Oberspieß!" Unschlitt lacht sein Seeräuberlachen, "wer denn sonst als Malleck? Wissen Sie einen Besseren für so was als Unteroffizier Malleck?"

Erlöst schüttelt Tolcke den Kopf. "Nein, ich wüsste keinen, Herr Oberleutnant."

Im Gefechtsstand lässt Unschlitt aus "seinem" Kanister einen Trinkbecher voll Wein gluckern, die Hälfte geht daneben. Über die Schulter sagt er zu Tolcke: "Malleck soll sich zwei Männer dazu selbst aussuchen, natürlich Freiwillige."

Tolcke verschwindet, um Malleck den Befehl zu überbringen.

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