Anna-Lina Köhler - Todestag
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Sie hat geglaubt, ihre Aufgabe erfüllt zu haben.
Doch das Böse ist längst nicht mehr ihr Feind. Es lebt nicht mehr im Verborgenen, sondern in ihren Gedanken und alles, was sie über sich zu wissen geglaubt hat, wird zur Lüge.
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Anna-Lina Köhler
Todestag
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Inhaltsverzeichnis
Titel Anna-Lina Köhler Todestag Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
Visionen
Trugbilder
Ein Versprechen
Hoffnungslos
Stillschweigen
Leiser Tod
Illusionen
Trügerischer Schein
Des Zweifels Opfer
Mordgeflüster
Verloren
Ein Fehler
Neue Hoffnung
Und der Tod singt stumme Lieder
Stille Lügen
Seelenlos
Die Wahrheit bringt Tod
Des Verkünders weiße Augen
Der Fluch der Surah
Der Weg in die Hölle
Die eiserne Pforte
Die Seele des Verdammten
Rache
Die letzte Schlacht
Asche zu Asche
Das Grab in der Finsternis
Abschied
Epilog
Impressum neobooks
Prolog
Es roch nach Angst, nach Verwesung und Tod. Sie befand sich vor den Mauern einer Stadt. Sie schienen dick, schienen unnachgiebig zu sein und dennoch hatte das Verderben einen Weg hinter die grauen Steine gefunden. Das Gras bog sich seicht im Wind. Der Himmel war bedeckt mit großen Wolken. Düster und unheimlich hatten sie die Stadt schon längst erreicht. Manchmal gelang es der Sonne als ein winziges Licht durch die Wolkenberge zu brechen, doch immer wieder verlor sie den Kampf gegen die Dunkelheit. Der Wind wurde stärker und er trug das Grollen von Donner mit sich. Nicht mehr lange und das Gewitter würde über ihnen hinein brechen. Schon fiel der erste Regen, die Tropfen waren eiskalt. Der Blick der jungen Frau war auf das Tor der Stadt gerichtet. Es war nicht geschlossen, jedoch schien sie es auch nicht als offen stehend betrachten zu können. Das mächtige Eisengitter befand sich ungefähr auf der Hälfte des steinernen Torbogens. Es war still dahinter. Kein Laut drang ihr entgegen und sie war sich dessen sicher, dass es nicht am nahenden Unwetter lag, dass die Stille wie dichter Nebel über dem Land hing. Sie hatte kurz geblinzelt, war den Bruchteil einer Sekunde nicht aufmerksam gewesen. Doch als sie die Augen wieder aufschlug, befand sie sich nicht mehr weit weg von den Mauern der Stadt, sondern direkt vor dem eisernen Gitter. Sie hielt die Luft an, streckte die Hand aus und berührte das kühle Metall. Sie zuckte zusammen, als ein lautes Donnern, gefolgt von einem grellen Blitz, über ihr ertönte. Alles um sie herum schien stetig finsterer zu werden, die Sonne war schon längst verdrängt worden. Plötzlich stieg ihr ein beißender Geruch in die Nase. Sie hatte ihn vorhin schon bemerkt, doch jetzt, so dicht an der Stadt, war er grausam intensiv. Der Duft von frischem Blut lag in der Luft. Alles um sie herum, schien die junge Frau warnen zu wollen. Es war ein Schrei, ein Ruf, der sie zum Umkehren bringen sollte, aber sie konnte nicht. Langsam begann sie damit vorwärts zu gehen, trat durch den Torbogen hindurch. Eine Spitze des Eisengitters streifte ihr Haar. Sie strich sich einmal kurz über den Kopf, um das ungute Gefühl zu vertreiben. Die junge Frau trat auf einen verlassenen Hof hinaus. Ein Karren mit Stroh lag umgekippt mitten im Weg. Einzelne Halme hatten sich gelöst und wurden nun mit dem Wind davongetragen. Sie kniff die Augen zusammen. Es wurde immer finsterer, immer unheimlicher an diesem Ort. Sie machte ein paar Schritte auf den Karren zu, als ihr Blick plötzlich auf eine Hand traf. Sie lugte aus dem Stroh hervor und obwohl sie wusste, was sie erwarten würde, strich sie die Halme zur Seite. Das Stroh wurde mit einem Mal feucht und als sie ihre Hände betrachtete, schimmerten sie rötlich. Trotzdem legte sie den Besitzer der Hand weiter frei. Sie gehörte zu einem jungen Mann. Er musste gerade das Mannesalter erreicht haben, bevor ihn der Tod mit sich nahm. Seine Augen waren weit aufgerissen und auch sein Mund verzogen zu einem stummen Schrei. Was auch immer das Letzte war, was er in diesem Leben zu Gesicht bekommen hatte, es musste ihn in unfassbare Panik versetzt haben. Die Ursache seines Sterbens war nicht schwer zu erkennen. Ein großes Stück Holz, so dick wie der Unterarm der jungen Frau und mindestens auch so lang, ragte aus der Kehle des Mannes. Irgendjemand musste es ihm mit unvorstellbarer Wucht durch den Hals gerammt haben. Irgendjemand oder irgendetwas. Plötzlich verdichtete sich das Bild vor ihren Augen, die Umrisse der Leiche verschwammen. Für einen kurzen Augenblick konnte sie nicht mehr klar sehen. Doch bevor sie auch nur ansatzweise in Panik ausbrechen konnte, sah sie alles um sich herum so klar wie zuvor. Wieder schien sie im Bruchteil eines Momentes den Ort gewechselt zu haben. Doch dieses Mal musste sich die junge Frau die Hände vor den Mund schlagen, um nicht laut schreien zu müssen. Panisch drehte sie sich einmal um sich selbst, entdeckte jedoch nichts als Grauen. Sie stand inmitten von scheinbar hunderten Leichen. Hunderte tote Körper lagen über den ganzen Platz verstreut. Der Boden war ein einziger Teppich aus rotem Lebenssaft, der sich nun langsam mit dem immer stärker werdenden Regen vermischte. Sie wollte einen Schritt nach vorne machen und trat auf das Bein eines älteren Mannes. Man hatte ihm den Brustkorb mit einem einzigen sauberen Schnitt aufgeschlitzt, sodass seine Organe aus seinem Körper gekippt waren und nun seine tote Hülle umgaben. Die junge Frau unterdrückte ein Würgen und sprang einen Schritt zurück, nur um dieses Mal über einen deutlich kleineren Körper zu stolpern. Im letzten Moment schaffte sie es ihr Gleichgewicht wiederzufinden. Hektisch ruderte sie mit den Armen, bis sie wieder sicher stand. Sie stieß ein leises Wimmern aus, als sie die Leiche vor sich erblickte. Es war ein kleines Mädchen. Ihr mattes braunes Haar fiel ihr über die Schultern. Sie hielt die Augen geschlossen und einen kleinen Teddybär mit Knopfaugen im Arm. Man hätte fast glauben können, sie würde schlafen – fast. Denn der Kopf der Kleinen lag schon längst nicht mehr auf ihren Schultern. Fein säuberlich war er abgeschlagen und kurz über ihrem Hals platziert worden, sodass nur eine Handbreit Luft dazwischen lag. Das gleiche Schicksal war dem Plüschtier des Kindes wiederfahren worden. Der Anblick, der dieses Bild bot, war ebenso grausam wie bizarr. Wohin die junge Frau auch blickte, wohin sie auch sah, überall bot sich ihr das gleiche abscheuliche Bild. Blut sickerte aus dem Mund einer älteren Frau. Sie hielt einen kleinen Jungen im Arm, so als ob sie ihn hatte beschützen wollen. Doch auch hier war das Schicksal erbarmungslos gewesen. Ein langer Speer durchbohrte die beiden. Das splittrige Holz fuhr durch das Auge des Jungen und verlief dann weiter durch den Brustkorb der Frau. Sie lagen auf der Seite, sodass sie erkennen konnte, dass die Spitze des Speers wieder aus dem Rücken der Toten hervorragte. Auf dem tödlichen Metall hing der Augapfel des Jungen. Plötzlich wurde die Aufmerksamkeit der jungen Frau auf etwas anderes gelenkt. Sie hatte eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrgenommen und wirbelte herum. Ein Mann mit blassem blondem Haar, versuchte verzweifelt sich vom Boden zu erheben. Er war schwer verletzt, aber er lebte. Die junge Frau wollte zu ihm eilen, ihm helfen. Doch stattdessen blieb sie einfach nur stehen und sah zu. Der Mann hievte seinen Oberköper nach oben. Er stützte sich mit den Handflächen vom Boden ab und kam tatsächlich nach einigen Versuchen wieder auf die Füße. Er hob den Kopf und blickte ihr direkt ins Gesicht. Sie spürte wie sein Blick sie fesselte, ihr den Atem raubte, als plötzlich alles ganz schnell ging. Eine Hand schnellte hinter dem Mann hervor, sie hielt eine Waffe. Die Klinge war rabenschwarz und wand sich wie der Körper einer Schlange.
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