Anna-Lina Köhler - Todestag

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Lia hat geglaubt, ihre Geschichte zu kennen.
Sie hat geglaubt, ihre Aufgabe erfüllt zu haben.
Doch das Böse ist längst nicht mehr ihr Feind. Es lebt nicht mehr im Verborgenen, sondern in ihren Gedanken und alles, was sie über sich zu wissen geglaubt hat, wird zur Lüge.

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Trugbilder

Zuerst war es nur ein Wispern, ein leises Rauschen in der Luft. Eine Stimme, die sie kannten, eine Stimme, die sie fürchteten und dennoch bemerkten sie die Bedrohung vorerst nicht. Sie waren blind für das, was lauerte, waren taub für die Gefahr, bis sie nach ihnen rief. Der Schmerz war kurz, aber heftig gewesen und er zwang Enago in die Knie. Sein Körper zuckte und er riss erschrocken die Augen auf. Auch, wenn er diese Macht vorher noch nie am eigenen Leib zu spüren bekommen hatte, so wusste er doch augenblicklich wer ihn zu peinigen versuchte. Doch der Schmerz versiegte und zurück blieb die Stille. Doch diese Stille hatte nichts beruhigendes, sie war vielmehr der letzte Augenblick, der letzte Moment des klaren Seins. Er rief nach ihm und seine zischende Stimme blieb dabei für den ehemaligen Schattendiener unverkennbar. Es war nur ein Wort, das ihn durchfuhr, nur ein Wort, das er benutzte. Doch dieses eine Wort trieb die Angst in die Seele des jungen Mannes. Es war nicht viel mehr als ein kurzer Laut und dennoch schien es, als ob der Tod selbst nach ihm rief. Es war sein Name. Begonnen hatte es mit Schmerz und enden würde es mit Verlust. Enago kauerte an der Höhlenwand, seine Augen starrten ins Leere. Er wartete, wartet darauf, dass es wieder passierte. Er flüsterte, sein gurgelndes Lachen hatte sich schon längst in seinem Kopf festgefressen, ließ ihn nicht mehr los. Dann rief er. Er rief ihn immer und immer wieder. Es war nur sein Name, doch Enagos Körper spannte sich krampfhaft an, wenn er daran dachte, dass das grausame Flüstern ihn wieder heimsuchen würde. Es kam plötzlich und unerwartet. Zuerst hatten sie es ignoriert, dann hatten sie sich dagegen gewehrt. Doch es war vergebens. Nicht mal das Orakel hatte sich vollkommen von der Höllenbestie abschirmen können. Er war gefangen, ummauert von den Wänden des schwarzen Steins und trotzdem schien er allgegenwärtig. Bald schon fühlten sie sich beobachtet. Seine toten weißen Augen klebten auf ihren Seelen, seine zischenden Laute durchbrachen ihr Gehör. So manches Mal hatte der junge Mann sich gewünscht taub zu sein. Er wollte dieses Wispern verbannen, wollte die Stimme endlich loswerden. Es war unmöglich. Er verfolgte sie. Es war nicht wichtig wo sie sich befanden, es war ihm egal, ob sie schliefen oder wachten. Er war immer da und von Zeit zu Zeit peinigte er sie mit bloßen Worten. Irgendwann hatte Enago festgestellt, dass er auf dem Boden zusammengesunken war, die Handflächen fest auf die Ohren gepresst. Als der Schatten von ihm abließ und er langsam wieder zu begreifen begann, löste er die Handflächen von den Ohren und wischte sich das dunkelrote Blut an der Hose ab. Es gab kein Entkommen, er musste wachsam sein. Er musste ständig aufmerksam sein, um zu vermeiden, dass es ihn um den Verstand brachte. Aber vielleicht war es ja schon zu spät. Vielleicht hatte sie die eiserne Klaue der Bestie schon längst umklammert. Es war kein ruhmreiches Ende, das sie erwartete, sollten sie keinen Ausweg finden. Enago hatte sich immer davor gefürchtet, versucht der Angst den Rücken zu kehren. Manches Mal hatte er geglaubt, das Richtige zu tun und war in Wahrheit feige davongelaufen. Seine Augenlieder flackerten. Er sah auf seine Hand hinab, sie lag erschlafft neben ihm und nur der Zeigefinder der rechten Hand zuckte hin und wieder unkontrolliert. Kontrolle, das war es, was der junge Mann zu verlieren begann. Sie verloren die Kontrolle über ihren Körper, über ihre Gedanken. Sie zwangen den Verstand dazu wach zu bleiben, um den Moment der Überraschung zu vereiteln, wenn er sie wieder heimsuchte. Krampfhaft klammerten sie sich an das letzte bisschen, was von ihren Seelen übrig zu sein schien. Langsam hob Enago den Kopf und blickte zu dem steinernen Thron hinauf. Das Gesicht des Orakels war weiß, ihre haselnussbraunen Augen schienen trübe und kalt. Vorsichtig öffnete sie den Mund, als wollte sie etwas sagen. Doch es drang kein Laut über ihre Lippen. Jedes Wort erstickte in seinem Flüstern. Jeder Schrei nach Hilfe ertrank in seinem gurgelnden Lachen. Der Schatten raubte ihnen nicht nur den Verstand, er begann damit ihren Willen zu vernichten. Er formte sie nach seinen Vorstellungen, sie tanzten an Fäden, waren bald nicht mehr als die hohlen Körper entkräfteter Puppen. Es war das Blut der Gepeinigten, das die Bestie aus dem goldenen Kelche trank. Seine schwarzen Lippen rot, seine weißen Augen voll Freude und Gier. Enago umfasste seine Kehle. Es viel ihm schwer zu atmen, er war wie gelähmt. Das Flüstern würde nicht aufhören. Er würde immer weiter nach ihnen rufen. Er wisperte ihren Namen und ihr Name klang in ihren Köpfen. Seine Stimme fraß sich durch ihr Hirn und der Lebenssaft tropfte ihnen aus den Ohren. Schon bald waren sie nicht mehr dazu in der Lage innerlich Widerstand zu leisten und schließlich begannen sie zu flüchten. Sie verbarrikadierten sich mit dem letzten bisschen Verstand, der ihnen geblieben war, zogen sich in ihre eigene Welt zurück, dort wo ihnen kein Leid geschehen konnten. Der Wahnsinn klopfte selbst dort an die Türen und die Realität verlor an Bedeutung. Alles war wie ein einziger langer Traum. Wie dichter Nebel, zähflüssig, durch den sie sich hin durchzukämpfen versuchten und doch keinen Schritt vorankamen. Ob sie noch lebten? Manchmal blickte der Todesritter zum Orakel hinauf und immer wenn er dachte ihre Leiche vor sich liegen zu sehen, hob sie ihre Brust ein einziges Mal und Kopf zuckte. Eine Hand umklammerte ihre Kehlen, nahm ihnen die Luft zum Atmen, nahm ihre Seelen gefangen und ertränkte sie in des Wahnsinns Gift. Plötzlich betrat eine Gestalt die Höhle und erregte Enagos Aufmerksamkeit. Er blickte ihr entgegen, blickte in das Feuer ihrer roten Augen, das sie verbrannte. Er glaubte sie zu kennen und doch zweifelte er, wer sie wirklich war. Auf dem dunklen Umhang zeichneten sich große dunkle Flecken ab. Sie war bewaffnet. Die schwarzen Klingen ihrer Schwerter schien die Seele selbst aus dem Körper eines Mannes reißen zu können. Er blickte sie an, sah den wachsamen Ausdruck in ihren steinernen Zügen. Die Bestie verschonte sie. Ihr Verstand war klar und obwohl auch ihre Seele am Abgrund des Wahnsinns zu stehen schien war es doch eine andere Art sich zu verlieren. Enago legte den Kopf leicht auf die Seite und schloss die Augen. Natürlich kannte er sie. Jeder kannte sie. Sie war der Tod, der sie alle besuchte. Der Tod, der sein Lied sang.

Ein Versprechen

Etwas war merkwürdig. Etwas war nicht so, wie es hätte sein sollen. Er wartete etwas oberhalb der Stadt, verdeckt vom Nebel. Das Tor der großen Stadt stand weit offen. Keine Wachen, nirgendwo. Er konnte sie weder auf den Türmen noch auf der Zufahrt in die Stadt entdecken. Dabei war es bereits spät am Abend. Die Sonne begann langsam damit, unter zu gehen und der Nacht Platz zu machen. Ein rötlicher Schimmer legte sich über die grauen Mauern und dennoch war dieser Sonnenuntergang alles andere als schön. Der Reiter wusste, dass alles in seinem Inneren stumm war, ein Nichts aus Emotionslosigkeit und Taubheit. Wie hätte es auch anders sein können? Dies war seine Strafe, sein Fluch für alle Zeit und dennoch spürte er das Böse, das hinter den dicken Mauern wartete. Er drückte leicht mit dem Unterschenkel zu und der mächtige schwarze Hengst setzte sich in Bewegung. Mit großen Schritten ging er den Berg hinab und durchquerte das Tor. Der Reiter hatte nicht erwartet aufgehalten zu werden. Der dichte Nebel bot ihm Schutz. Außerdem war er nicht mehr als ein Geist, ein Wanderer auf der Suche nach Erlösung. Trotzdem zog er kurz die Augenbrauen nach oben, als er ohne weiteres passieren konnte und auch den riesigen Innenhof noch immer leer vorfand. Er strich mit einer behandschuhten Hand sachte über den Mähnenkamm des Pferdes. Die Hufe gaben bloß leise Geräusche von sich, doch in der Stille erschienen sie wie Donner am Himmel. Er ritt weiter, auf der Suche nach Leben. Plötzlich vernahm er leises Gemurmel. Der schwarze Hengst hob den Kopf und stellte die Ohren auf. Der Reiter bog nach rechts ab und durchquerte eine kleine Seitenstraße. In der engen Gasse stank es abscheulich. Überall lag Abfall auf dem Boden verstreut. Ab und zu entdeckte er eine Katze, die vollkommen ausgehungert auf der Suche nach etwas essbarem waren, bei seinem Anblick jedoch sofort fauchend die Flucht ergriffen. Der Hengst wich einer großen mit Käfigen beladenen Karre aus, der ihnen den Weg versperrte. Der Reiter drehte sich im Sattel um. Der Wagen schien unbeschadet und dennoch nahm sein Besitzer es in Kauf, dass sein Eigentum samt seiner Ware gestohlen werden konnte. Fast schien es, als ob er ihn in Eile zurückgelassen hätte, als ob etwas ihn dazu gedrängt hätte. Die Stimmen wurden zunehmend lauter und der Reiter achtete darauf, sich im dichten grauen Nebel zu verbergen. Das Pferd schien zu wissen, wohin es seinen Herrn bringen sollte. Ohne sein Zutun folgte es dem Gemurmel und bog in einen kleinen Tunnel ab. Der Durchgang war länger als es zuerst den Anschein hatte, dennoch sah er das trübe Licht, das sein Ende ankündigte. Kurz bevor sie den Tunnel verließen brachte der Reiter sein Tier abrupt zum Anhalten und beugte sich leicht nach vorne. Der finstere Durchgang hatte die beiden auf direktem Wege zum Marktplatz geführt. Der Hengst senkte leicht den Kopf, um seinem Herrn eine bessere Sicht auf das Spektakel bieten zu können, das sich auf dem großen Platz abspielte. Es war, als ob sich die gesamte Stadt dort versammelt hatte. Menschen standen dicht gedrängt nebeneinander, unfähig sich in irgendeine Richtung bewegen zu können. Eltern hielten ihre Kinder fest an der Hand, um sie in der Menge nicht zu verlieren, oder hatten sie auf ihre Schultern gesetzt, damit der Nachwuchs auch etwas zu sehen vermochte. Der Reiter ließ sein Pferd noch ein Stück nach vorne treten, sodass er beinahe den gesamten Platz von seinem Versteck aus betrachten konnte. In der Mitte der Menge, auf einer Art Podest, stand ein Mann. Sein hellbraunes Haar hing wirr vom Kopf herab und in seinem Gesicht wuchsen ungleichmäßig Bartstoppeln heran. Seine Kleidung war schlicht, die eines normalen Bürgers und dennoch konnte der Reiter erkennen, dass dieser Mann kein gewöhnlicher Bürger sein konnte. Unter dem braunen Umhang entdeckte er eine kunstvoll geschmiedete Waffe. Die Schneide glänzte silbern und der Griff war mit teuren Steinen versehen. Dieser Mann war gewiss kein Bauer und das war nicht nur auf Grund seines Schwertes zu erkennen. Er stand aufrecht, gestikulierte kontrolliert mit seinen Händen und auch die Kunst des Redens war ihm ohne Zweifel gelehrt worden. Die Menschen um ihn herum starrten mit großen Augen zu ihm hinauf, beobachteten jede seiner Bewegungen, lauschten gespannt seinen Worten und nur ab und zu wagte es jemand leises Geflüster von sich zu geben. Der Reiter war ein gutes Stück von dem Mann entfernt und dennoch herrschte trotz der vielen Menschen auf diesem Platz eine unglaubliche Ruhe, sodass er jedes seiner Worte verstand. „…und sollte das nicht unser aller bestreben sein?“, rief der Mann und riss dabei die Arme nach oben, als erwarte er Zustimmung. Ein paar der Menschen um ihn herum nickten, manche wollte auch den Mund öffnen, dennoch blieb der Großteil skeptisch und starrte weiterhin einfach zu ihm hinauf. Der Mann begann damit auf und ab zu gehen und fummelte dabei unentwegt am schmuckvoll verzierten Griff seiner Waffe herum. „Wir konnten es doch voraussehen!“, rief er. „Es konnte nicht so weiter gehen. Irgendwann einmal müssen wir alle unsere Augen für das Unvermeidbare öffnen und wer das nicht freiwillig tun will, der wird früher oder später dazu gezwungen werden. Vor unserer Zeit ist es passiert, lange vor der Zeit unserer Väter. Sie alle mussten damals eine Entscheidung treffen, wie sie dem Unbekannten entgegentreten wollen und nun müssen wir uns fragen, wie wollen wir diese Veränderung begrüßen?“ Er machte eine kurze Pause, starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Menge. Doch die blieb totenstill. Niemand wagte es den Mund zu öffnen. Vielleicht weil sie keine Antwort zu geben wussten, vielleicht, weil sie sich fürchteten. Als die Menschen um ihn herum weiterhin still blieben sprach der Mann weiter. „Viele von uns neigen dazu Veränderungen skeptisch zu betrachten, sie als etwas Bedrohliches aufzunehmen. Vielleicht trifft das auch auf manches zu, aber ich kann euch mit Gewissheit sagen, dass wir nun diesen Wendepunkt in der Geschichte mit offenen Armen willkommen heißen sollten!“ Wie um seine Worte zu unterstreichen riss er die Arme auseinander und warf den Kopf in den Nacken. Der Reiter sah, wie sich manche Menschen hilfesuchend zu ihren Nachbarn umdrehten, ihnen einen fragenden Blick zuwarfen, so als ob sie von ihnen eine Bestätigung für die Worte des Mannes ersuchten. „Zu aller erst sollten wir uns fragen, was ist es, das wir tatsächlich wollen?“, sprach der Mann schließlich weiter und legte dabei eine Hand auf sein Schwert. „Sehnen wir uns nicht alle nach einer besseren Zukunft? Sehnen wir uns nicht danach unseren Kindern eine wohlhabende und friedliche Welt vermachen zu können?“ Auf einmal machte er einen Satz nach vorne und zeigte mit dem ausgestreckten Arm auf eine zierliche junge Frau in der ersten Reihe, die einen kleinen Jungen an der Hand hielt. „Sag mir, meine Liebe“, der Mann sprach nun deutlich leiser. Es sollten ihn immer noch alle verstehen und dennoch versuchte er gleichzeitig der Frau das Gefühl zu vermitteln, er spräche bloß mit ihr. „Sag mir, was ist es, das du dir für deinen Sohn wünschst? Jetzt mag er noch klein sein, ein Knabe. Aber die Zeit wird auch ihn nicht aus ihren erbarmungslosen Fängen freigeben, schon bald ist er ein Mann. Was wird dann aus ihm?“ Er stemmte die Hände in die Hüften und blickte die vollkommen verunsicherte Frau schon fast tadelnd an. „Wenn unser Land im Krieg versinkt und uns niemand in eine Richtung weist. Wenn niemand dazu in der Lage ist ein Blutbad mit fester Hand zu verhindern und das Chaos nicht länger fern halten kann, was wird dann aus deinem Sohn? Ich kann es dir sagen, er wird ein Soldat. Vielleicht schon viel früher, als er sich das ausmalen kann und vielleicht erwartet er den ersten Tag des Kampfes mit Freude. Aber ich kann dir sagen, das trügt!“ Der Mann erhob sich und begann wieder lauter zu sprechen. „Die Schlacht ist nichts, in dessen Verlauf ein Mann ohne weiteres Ruhm erlangen kann. Zuerst wird der Junge mit allerlei Waffen ausgestattet, mit denen er nicht umzugehen vermag. Dann wird er ohne jegliche Erfahrung in den Krieg entlassen. Ein Kampf um Macht, um Gewinn – eine erbarmungslose Schlacht. In solchen Tagen macht der Tod vor niemandem Halt, auch nicht vor unschuldigen Kindern. Der Junge wird erfahrenden Soldaten zum Opfer fallen, seine Leiche auf den Feldern zurückgelassen. Sie vermodert, dienen wilden Tieren, um ihren Hunger zu stillen und dein Sohn kehrt nie wieder nach Hause zurück!“ Die junge Frau zuckte bei seinen Worten erschrocken zusammen und presste den kleinen Jungen ängstlich an sich, so als ob sie befürchten würde, er könne jeden Moment tot umfallen. Der Mann auf dem Podest holte einmal tief Luft und fuhr dann ruhig fort. „Aber so muss es nicht enden! Wir alle haben eine Wahl. Wir sind Menschen, eine Rasse, ein Geschlecht voll Tatendrang und Fehlern und glaubt meinen Worten, wenn ich euch sage, dass kein König, kein Herrscher jemals die nötige Macht erlangen wird uns alle friedlich zu vereinen. Was wir brauchen ist eine Wende. Eine Veränderung, die uns und unseren Nachkommen eine glorreiche Zukunft verspricht. Eine wohlhabende Welt, keinen Hunger mehr und keine Schlachten, in denen wir um das Leben unserer Kinder bangen müssen. Ich sage, lasst uns dem Ende trotzen. Wir alle werden geboren um zu sterben, aber können wir uns dem Tod nicht eine Zeit lang widersetzten? Lasst uns das Schicksal herausfordern, für uns, für unsere Nachkommen.“ Lautes Gemurmel erhob sich, das schließlich in einen leisen Applaus überging. Der Reiter verrenkte die Augen zu Schlitzen. Der Mann hatte den Kopf nach oben gereckt und auf seinen Lippen lag ein zufriedenes Grinsen. Der Reiter legte den Kopf auf die Seite, etwas störte ihn an diesem Mann, etwas war seltsam. „Aber wer wird uns anführen?“, sagte der Mann leise. Es war keine Frage, vielmehr schien es als eine bereits beschlossene Tatsache. „Eine Wende in unserer Zeit verlangt nach Macht. Eine Macht, die jedem von uns trotz, sich ganzen Ländereien wiedersetzt und somit den Frieden für alle wahren kann. Denn eins ist gewiss, es wird immer wieder Selbstdenkende geben, die glauben, sie könnten sich mit ihren narrenhaften Gedanken in diesen Umsturz einmischen und mit ihren fehlerhaften Gedanken stiften sie nur Unruhe und stören den Frieden. Wir brauchen jemanden, der uns von diesen Bastarden befreit, der keine Revolutionäre duldet. Wir müssen somit für uns selbst entscheiden. Ob wir unter der Knechtschaft der Kriege leben wollen. Ob es wirklich einen Sinn macht immer wieder neuen Herrschern aus unserer Welt zu folgen und mit ihrem Dahinscheiden ein neuer Kampf um Macht ausbricht, in dem wir unsere Kindern opfern müssen oder ob wir nicht vielleicht dazu bereit sind etwas neuem zu vertrauen.“ „Etwas Neues? Und was bitte soll das sein, wenn kein Mensch?“ Ein älterer Mann mit unzähligen Falten im Gesicht reckte die Hand nach oben. Sofort besaß er die Aufmerksamkeit aller auf dem Platz, die sich seiner Frage mit zunehmendem Geflüster anschlossen. Der Mann auf dem Podest schien jedoch keines Wegs beunruhigt, im Gegenteil. Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde nur noch breiter. „Das ist eine durchaus berechtigte Frage, mein Freund und ich bin gewillt sie dir zu beantworten.“ Die Menschen auf dem Platz hielten den Atem an, die Stille regierte. Die Stille und die damit verbundene Neugier. „Wenn ihr gewillt seid, mir zu vertrauen. Wenn ihr gewillt seid, einer neuen Zukunft entgegen zu sehen und die Welt zu verändern, dann glaubt an unseren neuen Meister. Er ist kein Mensch und stammt nicht aus dieser Welt. Aber genau das ist es, was wir brauchen. Eine große Macht, die uns Sicherheit gibt, uns anführt – uns alle – und somit den ewigen Frieden wahrt. Unser neuer Gebieter trotzt dem Tod schon seit ewigen Zeiten und noch immer ist er ihm nicht verfallen. Eine Kreatur aus der Hölle, die uns in ein neues Zeitalter führen wird. Kein König, kein missratender Selbstdenker, der das Leben unserer Söhne für seinen Wohlstand fordert. Nein, nun sind wir an der Reihe. Also frage ich euch, seid ihr bereit mich in ein neues Zeitalter zu begleiten? Eine Zeit des Friedens und des Wohlstandes unter der Herrschaft eines einzigen Meisters, der auf ewig regieren wird. Ein Meiser, der das Leben unserer Kinder bewahrt!“ Lauter Jubel brach aus. Die Menschen applaudierten dem Mann und umarmten ihre Kinder im Glauben seiner Worte. Der Mann stieg langsam von seinem Podest. Doch bevor er in der Menge verschwand, hielt er noch einmal kurz inne und blickte sich verunsichert um. Er sah den Nebel, sah die graue Kälte aus dem Durchgang wabern, doch nach einigen Sekunden verstrich sein Misstrauen und er wurde von den Menschen verschluckt. Der Reiter jedoch wendete sein Pferd und verließ die Stadt. Er ritt durch das Tor, vollkommen unbemerkt. So wie die Menschen dieser Stadt die Gefahr nicht bemerkten, die langsam aber sicher ihrer Seelen mächtig wurde. Die Zeit war gekommen. Nun war er sich dessen sicher, was ihm sonderbar an dem Mann erschienen war. Es war das Blut gewesen, das an seinen Ohren geklebt hatte. Das Blut und der Funken des Wahnsinns in seinen Augen. Die Zeit war gekommen, dass er den Tod finden musste, auf das er die Kreatur aus der Hölle endlich bannte.

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