zu zählen sind sie nicht, abzuwarten bleibt die nächste Runde.
Die Städte waren zu enttrümmern,
Schuttberge von den Straßen wegzuräumen.
Frauen waren es, sie machten den Anfang,
denn die Männer und Söhne waren gefallen
oder in Gefangenschaft.
Es waren die Arbeitslager hinter dem Ural,
wo viele durch Hunger und Kälte das Leben verloren.
Die es überlebten, kamen mit Erfrierungen
und als körperlich-seelische Krüppel
verschlissen und erschöpft zurück.
Ihre Blicke waren die von Fremden.
Die Tränen der Angst und des Staunens vor dem Veränderten
hatten sich zum Salz des Schmerzes und der Trauer verkrustet.
Unfassbar war es für jene, die dennoch zurückkamen,
dass die Beteuerungen der Treue in den Wind geschlagen
und wie ein Stück Papier zerrissen worden waren.
Das Staunen vor dem veränderten Anderen erschütterte das Mark.
Die Folge war der Steilsturz einer hoffnungslosen Verwerfung.
Die Bilder sind abgelaufen,
und der Nebel umhüllte sie,
machte sie unsichtbar,
als der Tag zu dämmern begann.
Noch versteckt Nebel den Zweifel,
der sich dem Gestern angehängt hatte
und wie ein Bleigewicht mitgeschleppt wurde.
Die Schritte vor- und rückwärts
haben sich über Nacht gegenläufig aufgehoben,
dass der Traum die Ereignisse ganz anders sah.
Das Resultat ist nicht auffindbar,
als hätte der Tag gar kein Resultat gebracht,
als wäre der Tag verlorengegangen,
hätte es den Tag gar nicht gegeben.
Der grammatische Unterbau mit dem Konjunktiv
gibt der Vermutung Raum,
dass die Entscheidung nicht getroffen wurde,
die von der Bedeutung der Richtungsanzeige
und der Dringlichkeit war,
um die es letztendlich geht.
Es sind die Dinge der sozialen Schieflage
mit der Selbstbereicherung der Oberen,
was als die Ecksymptome die Ungerechtigkeit markiert,
was ins Lot der Fairness und Gerechtigkeit zurückzubringen ist.
Der Indikativ als Hinweis auf Festigkeit
und Standhaftigkeit ist dabei unersetzlich,
wenn der Zug der drängenden Reformen in Gang kommen soll,
um die guten Vorsätze im theoretischen Ansatz
in die dringend drängende Praxis umzusetzen,
die bislang doch eher zweifelhaft oder ganz ausgeblieben ist.
Das Zeitalter der Zerschlagung
der über viele Generationen geleisteten Aufbauarbeit
in der Ästhetik und den anderen Kulturbereichen
ist in vollem Gange.
Dringendst bedarf es des Mutes zum Widerstand,
um die Zerstörung und ihren Wahnsinn zu stoppen
und die letzten menschlichen Werte zu retten.
Die Bilder von gestern sind abgelaufen.
Nun geht es darum,
die Bilder aus dem Nebel herauszuholen,
sie aus den Fesseln der Vernichtung zu befreien
und vor dem totalen Zerriss zu retten.
Es ist das nächste Lehrstück für den neuen Tag,
die großen Werte gut sicht- und lesbar aufzustellen.
Der Genosse und die Fahne.
Die Ersten greifen nach Butter und Sahne,
während für die Letzten die Magermilch,
und auch die nur spärlich tropft.
Auch für diese Genossen hat die Fahne
nur den symbolischen Wert,
denn sie alle können die Fahne nicht essen,
um die Mägen zu füllen.
Je bunter die Fahne,
desto verwirrender die Erwartungen,
was von all den Farben zu halten ist,
wenn es im Alltag trist und grau zugeht.
Da kommt das Oben gegen das Unten ins Spiel,
mit anderen Worten: Es geht in die Politik.
Denn während die unten weiter grau sehen,
sehen die oben in den herrlichsten Farben
und genießen das Leben in vollen und farbenfrohen Zügen.
Die oben, wenn sie es überhaupt mal tun,
erinnern sich an die da unten
und halten ihnen auf Befragen vor, dass sie es sind,
die als Führer an den großen Tisch gewählt wurden.
Dagegen sagen die von unten, dass sie die Führer
nicht an den großen Luxustisch
mit dem vielen guten Essen und den teuren Getränken
gewählt haben, sondern dafür,
mehr als bisher für die Armen und Waisen zu tun,
um sie aus dem Elend, der Verzeiflung und Verlorenheit
herauszuholen.
Man sollte sie zum Ohrenarzt schicken,
denn die Führer und Fresser am großen Tisch verhalten sich wie Taube
und werden dabei fett und fetter.
Nicht das gute Leben ist’s, was sie opfern,
sondern die Hälse, die sich in kurzer Zeit dermaßen verkürzen,
dass die Schwellköpfe halslos zwischen den Schultern aufsitzen.
Die Art des Kopfaufsitzens ist mit der hochgezogenen Stirnfaltigkeit verknüpft,
um die Bürde der politischen Verantwortungslast
nach unten und zu den Seiten selbstbewusst-angeberisch zu demonstrieren.
Die oberen Genossen sind die Genießer
am Funktionärstisch des Sozialismus
mit all den >übersozialistischen< Vorrechten der Nomenklatura.
Tisch und Tafelrunde haben sich
vom Volk mit seinen Mängeln und Nöten weit genug abgehoben,
dass die Berührungsängste der Funktionäre vor dem Mann auf der Straße
seit langem grundlos geworden sind.
Der Staatskuchen, vom Volk mühsam erarbeitet und gebacken,
wird von den Funktionären zum größten Teil vertilgt.
Die Aufteilung ist also ungleich,
hat mit dem theoretischen Sozialismus nichts,
mit dem praktizierten Sozialismus dagegen alles zu tun.
Es ist der Bärenhunger der Mächtigen und ihrer Wächter, der zuerst zu stillen ist.
Allen gehört alles,
aber dem Einzelnen gehört nichts.
Die Habe des Volkseigentums wird vom ZK verwaltet.
Dabei soll die Arbeitsmoral gehoben werden,
denn Arbeitslosigkeit kennt der Sozialismus nicht.
“Lieber Genosse Brigadeleiter, dann leck mich doch am Arsch!”
Es sind Worte, die beim ständigen Anziehen der Leistungsschraube fielen
unter den beschissenen Arbeitsbedingungen
und der miesen Bezahlung.
Für den Otto-Normalverbraucher war das Leben im Sozialismus
so teuer geworden,
dass die Frau mitarbeiten musste,
damit mehr auf den Tisch
und über die leerhängenden Kleiderbügel kam.
Vom Luxus war keine Rede.
Den leisteten sich nur die Funktionäre oben am Tisch der Macht.
Diese machten von ihren selbstgenehmigten Privilegien den vollen Gebrauch.
Wie die Väter so die Söhne,
und der ausgehöhlte Sozialismus verrottete.
Bald trockneten die Absichtsblätter an den Spruchleinen aus.
Nicht, dass die Menschen, die nach gerechter Gleichheit verlangten,
den Sozialismus von vornherein ablehnten.
Was sie, wenn auch sehr verspätet, ablehnten,
war der Alltag unter dem unersättlichen Moloch
mit den Worten > Sozialismus für alle< auf der Stirn.
Braunkohle und das Zeitungspapier.
Die Nachkriegsepoche der Kälte und des großen Hungers,
der Rüben- und Kartoffelnachlese,
des Beeren-, Pilze-, und Holzsammelns,
des allgemeinen Organisierens und der Würstchenklauerei.
Es war einmal,
wie es davor auch schon einige Male gewesen war.
Es war kalt, und die Mägen knurrten so laut,
dass man nicht unbemerkt blieb
und der Bettnachbar nicht einschlafen konnte.
Das Magendonnern röhrte kriegerisch durch die Nacht,
dass am Morgen der Schlafmangel haften blieb.
“Es war ja ein schweres Artilleriegefecht”,
meinte der Nachbar mit den geröteten Augen
im blassen Gesicht und den eingefallenen Wangen.
“Nur fehlten die zuckenden Blitze,
und das Unwetter wäre komplett gewesen.”
Gelesen wurde nicht in Büchern,
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