Hannelore Nissen
In den Tiefen des magischen Reiches
Ein poetisches Märchen
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2015
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.
Copyright (2015) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Umschlag: Die Autorin
mit ihren beiden Enkelsöhnen
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Für meine Kinder
und für diejenigen, die sich wie Kinder
von einer Geschichte verzaubern lassen;
für dich, Anita,
und Gerard, der zu unserem besten Freund wurde.
Cover
Titel Hannelore Nissen In den Tiefen des magischen Reiches Ein poetisches Märchen Engelsdorfer Verlag Leipzig 2015
Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Copyright (2015) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte beim Autor Umschlag: Die Autorin mit ihren beiden Enkelsöhnen Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) www.engelsdorfer-verlag.de
DIE VORGESCHICHTE
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
Zur Autorin
Das Telefon neben mir klingelt. Als ich mich melde, sind nur aufgeregte Atemgeräusche zu höre. Sonst nichts. Wer ist denn das?, grüble ich.
„Omama, bist du’s?“
Ach … unverkennbar, es ist die Stimme meines Enkelsohns. Mika schreit immer, wenn er mit mir telefoniert. Wahrscheinlich denkt er, er müsste so die 200 Kilometer Entfernung zwischen uns überbrücken.
Sein älterer Bruder Philipp telefoniert nicht so gern. Dafür jedoch der kleinste der Brüder, Jona. Ich verstehe ihn allerdings nicht immer, weil der kleine Kerl noch nicht richtig sprechen kann. Macht nichts! Trotzdem haben wir uns viel zu erzählen und zu lachen, wann immer wir miteinander telefonieren.
Heute kommt Mika gleich zur Sache: „Omama, schreibst du uns wieder ein neues Märchen?“ Philipp höre ich im Hintergrund flüstern. Die beiden haben offensichtlich den Lautsprecher angestellt. Auf diese Weise kann auch der andere sofort hören, was ich dazu sage.
„Was für eine Art Märchen soll’s denn sein, meine Kleinen? Wieder ein Abenteuer … oder eins über Ritter?“
Ratlose Stille.
Ich bekomme zunächst keine Antwort und schlage vor: „Sollen vielleicht Piraten darin vorkommen?“
Am anderen Ende der Leitung wird gewispert. Na, das wird ein längeres Gespräch! Ich setze mich jetzt gemütlich in einen Korbsessel, der auf unserer Terrasse steht, und lege dabei meine Beine auf die breite Armlehne des Stuhls, der mir gegenübersteht.
Die beiden zögern noch immer. Dann aber höre ich eine aufgeregte Diskussion, doch sie können sich offensichtlich nicht einigen.
Da habe ich eine Idee: „Sprecht erst einmal in Ruhe miteinander. Ihr denkt euch einfach Personen aus, die in meiner Geschichte vorkommen sollen. Die nennt ihr mir dann. Wollen wir das so machen?“
„Ich weiß es ja schon!“, schreit Mika temperamentvoll. „Ein Prinz … eine böse Königin … und eine Schlange!“ Wichtig betont er jedes Wort.
Ich muss grinsen.
„Ein Weiser, da muss noch ein Weiser vorkommen“, zischelt Philipp leise von hinten dazwischen.
Das gibt’s doch nicht, denke ich, diese Kerle machen sich noch nicht einmal die Mühe, nachzudenken. Ich weiß genau, dass die beiden mit ihren sechs und sieben Jahren momentan täglich Ausschnitte aus der Oper „Die Zauberflöte“ von Mozart zu hören wünschen. Den ganzen Tag sind sie nicht so brav wie am Abend vor dem Schlafengehen. Dann bedrängen sie nämlich ihren Vater, ihnen Videos von einzelnen Szenen dieser Märchenoper vorzuspielen. Genau daher kennen sie den Prinzen und die machtgierige Königin der Nacht, natürlich auch die Schlange. Nur Papageno fehlt noch, der lustige Vogelfänger mit seinem Zauberglockenspiel. Im Moment sind sie es, die meine Enkel begeistern.
Ich musste den beiden Opernfans schon Kostüme nähen. Philipp bekam einen schwarzen Umhang mit silbernen Sternen. Am meisten gefiel ihm der zarte, glitzernde Schleier. Den steckte ich in seinen blonden Haaren fest. So schwebte er mit träumerischen Augen als Königin der Nacht durch die Wohnung, während Mika natürlich der waghalsige Prinz sein wollte, mit allem Drum und Dran.
In dieser Geschichte kommt später noch ein Weiser vor. Und genau den wünschen sich jetzt die beiden in meinem neuen Märchen. Also … alles schon da gewesen!
Ihr macht’s euch leicht, geht es mir durch den Kopf … Und nun soll ich aus dieser starken, fantasievollen Geschichte, die jedermann kennt, eine ganz andere kreieren? Wie soll ich denn das hinkriegen?
‚Aber wenn sie sich doch darüber freuen‘, meldet sich eine Stimme in mir. Oh, ich kenne sie! Und schon gebe ich nach – wenn auch zum Schein widerwillig. Na ja, man kann es ja mal versuchen …
Es ist wie immer, meine Enkel haben gewonnen!
Beim nächsten Besuch übergebe ich ihnen bereits das erste Kapitel. „Hier, lest!“, sage ich zu ihnen. „Und denkt dabei an mich, wenn ich wieder weit weg bin!“
Zögernd nimmt Philipp das Manuskript.
Da fasst Mika meine Hand und zieht mich in Richtung seines Zimmers. „Omama, wir machen’s uns gemütlich!“ Dann lächelt er mich an. „Bitte … vorlesen!“
Gemütlich, das gefällt mir! Ich folge ihm sofort. Wir kuscheln uns unter das Hochbett, wo viele bunte Kissen liegen und auch der Lümmelsack.
„Also …“, beginne ich.
Auf der unendlich weiten Wiese wurde es bereits dunkel. Trostlos und öde ragten hier und da abgestorbene Zweige aus gelbem, fauligem Gras. Hier blühten keine Blumen und hier sang auch kein Vogel. Bedrückend war die Stille, die noch nicht einmal vom heiseren Schrei irgendeiner dort lebenden Krähe durchbrochen wurde.
Aus dem fernen Wald flog gerade ein Schwarm Glühwürmchen herbei. Sie hatten es sich zur Aufgabe gemacht, mit ihren Laternen verirrte Wanderer zu warnen. Viel Unglück war hier schon geschehen. Und wieder erblickten sie einen jungen Mann, der durch die unheimliche Wiese stapfte. Mit jedem seiner Schritte sank er tiefer in den nassen, morastigen Boden. Hoch schwang er beide Arme, um überhaupt vorwärtszukommen, doch es war und blieb mühsam. Seine Kraft erlahmte mehr und mehr.
Das sahen die Glühwürmchen. Diesmal aber schien einiges anders zu sein. Dank ihrer sensiblen Gaben spürten sie sofort: In den Gesichtszügen dieses jungen Mannes zeigte sich nicht der Ausdruck von Habgier, den sie bei vielen anderen Abenteurern gesehen hatten. Er schien kein gewöhnlicher Mensch zu sein. Hoffnung erwachte in den Glühwürmchen: War er der Auserwählte, auf den sie so lange schon gewartet hatten?
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