Zu Beginn der sich bei Isano vollziehenden Veränderung seines Geruchsempfindens konnte es häufiger vorkommen, dass er seinen Freund Gerano auf dessen – aus Sicht von Isano - veränderten Körpergeruch hindeutete, indem er nachfragte, ob dieser vor der Arbeitsphase nicht ausreichend Zeit für eine Dusche hatte.
„Klar! Ich habe mich gewaschen und geduscht. Sogar ziemlich lange und mit meiner Lieblingslotio“, entgegnete Gerano dann meist entrüstet. „Bei den netten Kolleginnen würde ich mich doch sonst gar nicht zur Arbeitsphase trauen“, scherzte Gerano anfänglich meist noch. Zunehmend fragte er sich damals jedoch, ob hinter diesen Anspielungen von Isano nicht auch etwas anderes hätte stecken können. Er sprach seinen Freund damals mehrfach darauf an, ob er auch anderen gegenüber dieses Empfinden hatte und so erkannten beide Freunde dann schnell, dass die Veränderung nicht auf Seiten von Gerano sondern bei Isano stattfand. „Hey, wenn Du jetzt zu den Smells gehörst, dann ist es ja wohl auch bald mit deinem Einsiedlerleben vorbei. Du Glücklicher!“, neckte Gerano seinen Freund, nicht ohne dabei auch ein wenig an seine eigenen, eher unglücklichen Versuche in der Kontaktaufnahme zum anderen Geschlecht erinnert zu werden.
Es hatte sich in den vielen Jahren, in denen sich zudem die Anzahl der Smells erhöht hatte, gezeigt, dass Smells beiderseitigen Geschlechts häufiger und in beständigeren Paarschaften zusammenlebten, als es bei den anderen Bürgern der Fall war. Für die Wissenschaft war dies jedoch nicht weiter verwunderlich. Es war schon aus Erkenntnissen der Vorzeit durchaus bekannt und wissenschaftlich belegt, dass bei fast allen Lebewesen der Geruchssinn oft entscheidend an der passenden Partnerwahl beteiligt war. Ausdrücke des Missempfindens gegenüber einer anderen Person, die beteuerten, das Gegenüber nicht riechen zu mögen, erlebten mit der zunehmenden Verbreitung der Smells in der Gesellschaft wieder an Bedeutung. Gleichzeitig deutete die Tatsache, dass man sein Gegenüber gut riechen mochte, fast immer auf eine bestandsfähige Paarverbindung hin. Da aber die drüsenbedingten Ausscheidungen des Körpers auf Grund vielfacher Einflussfaktoren auch Schwankungen und Veränderungen unterlegen waren, gab es grundsätzlich natürlich keine dauerhafte Garantie, dass eine auf Grund positiver Geruchsempfindung geschlossene Paarverbindung auch dauerhaft Bestand hatte. Dennoch hatten die Smells zumindest einen entscheidenden Vorteil, wenn es um die Kontaktaufnahme zum anderen Geschlecht ging. Zumindest von den Bürgern, die sich gerade aktiv um eine glückliche Paarverbindung bemühten, wurden die Smells nicht selten hierfür beneidet.
Wie alle anderen Smells auch, lernte Isano zunehmend seine besondere Begabung in sein Leben zu integrieren und genoss nicht nur einmal auch den einen oder anderen Vorteil, der ihm hierdurch beschert wurde.
Aus der Erkenntnis der manchmal noch immer vorhandenen Unsicherheit, die viele Smells bei ihrem Gegenüber hervorrufen konnten, wenn sie sich als ein solcher offenbarten, resultierte, dass die meisten Smells bei den ersten Begegnungen mit anderen hierbei eher zurückhaltend waren.
Auch Tela gegenüber war es bei Isano nicht anders. Wenngleich Isano schnell die Zuneigung von Tela ihm gegenüber nicht nur spüren, sondern auch mit seinem hochsensiblen Geruchsorgan wahrnehmen konnte, so dauerte es doch viele gemeinsame Verabredungen mit ihr, bis er sich ihr gegenüber erklärte. Wie so oft war ihm Tela mal wieder einen Schritt voraus gewesen.
„Ach Isano, das habe ich doch schon in unserer zweiten Begegnung gemerkt, als wir uns im Innenhof des Repo-Werks trafen“, erwiderte Tela darauf, schaute ihm tief in die Augen und lächelte ihn dabei an.
Isano veränderte mal wieder seine Gesichtsfarbe ins Rötliche und guckte verlegen auf dem Boden.
„Ich hab‘ mich schon gefragt, wann du es mir sagen wirst“, meinte Tela weiter. „Dieses leichte, aber deutliche Vibrieren deiner Nasenspitze war doch nicht zu übersehen gewesen“, neckte sie ihn und stellte damit mal wieder ihre unglaublich gute Beobachtungsgabe unter Beweis, die Isano schon oft überrascht und begeistert hatte.
„Da haben wir es mal wieder: Dir fallen mal wieder Dinge an mir auf, noch bevor ich sie selbst erkenne“, sagte Isano. Er holte tief Luft und nahm Tela fest in den Arm.
„Tja, ein guter Geruchssinn ist eben nicht alles, mein Liebster“, sagte Tela.
Da Isano sie immer noch fest in seinen Armen hielt, konnte er Tela nicht direkt ansehen. Er wusste aber nur zu gut, dass seiner Freundin bei ihren letzten Worten ein breites Grinsen übers Gesicht huschte. In solchen Momenten merkte Isano umso mehr, wie vollkommen Tela ihn machte und dass er sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen konnte und wollte.
Und jeder Außenstehende konnte auch bei Tela sofort erkennen, dass diese in der Paarverbindung mit Isano ein Miteinander gefunden hatte, nachdem sie sich lange gesehnt hatte. Es waren nicht nur die gemeinsamen Freunde, Freuden und Interessen, die sie mit Isano teilen konnte. Es war auch dieser tiefe, unbeschreibliche Gleichklang, der ihre beiden Körper durchdrang, nicht nur wenn sie sich in den Armen lagen, sondern auch besonders dann, wenn sie gerade nicht zusammen waren. Und dazu gehörte für beide auch, sich jeden Tag daran zu erfreuen, dass der andere die eigene Unvollkommenheit in eine gemeinsame Vollkommenheit verwandeln konnte, ohne dass es hierfür einer besonderen Anstrengung bedurfte. Indem jeder von beiden die vielleicht fehlende eigene Sensibilität in der Wahrnehmung der Welt durch den jeweils anderen ergänzen konnte, war es wiederum für jeden Einzelnen von beiden möglich, diese Welt so intensiv und beglückend zu erfahren, wie es alleine nie möglich gewesen wäre.
Selbst Gerano, der zum Anfang der Beziehung von Isano und Tela eher etwas zurückhaltend begegnete, merkte schnell, wie sich deren Paarschaft auch positiv auf ihn selbst auswirkte.
In dem nun größeren, gemeinsamen Freundeskreis von Isano und Tela fand auch Gerano neue Freunde und nach einiger Zeit in Telas Freundin Sanra eine Wesensverwandte, die bald darauf auch sein Leben begleiten sollte.
Die Freunde symbolisierten in ihrem Miteinander und mit ihrer persönlichen Entwicklung und Entfaltung einen der Hauptwesenszüge, den die Unität für ihre Bürger vorsah: Zufriedenheit und Glück bei gleichzeitig größtmöglicher Entfaltungsfreiheit für jeden Einzelnen zu gewährleisten.
Bis zu diesem Abend im Zeitraum des dritten Quarts gab es keinen einzigen Moment, an dem die Freunde daran zweifeln konnten, dass sich dieser Zustand je ändern sollte.
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