Lody fühlte sich danach im Hotel nicht mehr sicher, denn er hatte ja auf dem Telegramm seine Adresse angegeben. Deshalb reiste er ab, gab als nächstes Reiseziel Liverpool an und tauchte bei einer gewissen Mrs. Julia Brown unter. Doch von nun an unterliefen ihm unentwegt Fehler. So schrieb er beispielsweise in deutscher Sprache, chiffrierte jedoch seine Meldungen nicht mehr. Klar, dass er dadurch Verdacht erregte.
Am 20. Oktober 1914 unternahm Lody eine Reise nach Killarney in Irland, wo er im 'Great Southern Hotel' abstieg. Beim Abendessen traten mehrere Polizeibeamte an ihn heran, die ihn aufforderten, mit ihnen sein Zimmer aufzusuchen. Trotz aller folgenden Beteuerungen, dass er der amerikanische Staatsbürger 'Mr. Inglis' sei, wurde Lody verdächtigt, ein deutscher Spion zu sein und umgehend verhaftet. Bei der anschließenden Durchsuchung des Hotelzimmers konnten zahlreiche Hinweise darauf gefunden werden - so zum Beispiel deutsche Goldmünzen, ein Notizbuch mit dem Inhalt des ersten Telegramms, Entwürfe seiner Berichte sowie ein Busticket. Anderntags fand man in Edinburgh auch noch sein Jackett mit dem Firmennamen eines Berliner Schneiderateliers und den Namen Carl Hans Lody. Das genügte, um in London den Spionageprozess anzuberaumen. Der Fall Lody war der einzige, der jemals öffentlich verhandelt wurde. Vor Gericht versuchte der Deutsche vorzutäuschen, zum Dienst als Agent gezwungen worden zu sein und verweigerte jede Aussage zu seinem Auftrag und seinen Auftraggebern. Dabei versuchte er sich dadurch herauszureden, dass er versucht habe, aus medizinischen Gründen vom Dienst befreit zu werden und die Kriegszeit in den USA bei seiner Ex-Gattin zu verbringen; er sei jedoch zum Agentendienst regelrecht gepresst worden.
Für seine patriotische Gesinnung und die Weigerung im Gegenzug für eine Begnadigung Informationen preiszugeben, erntete er bei den Briten durchaus Anerkennung. Wir wissen aber heute, dass er über keinerlei Informationen verfügt hatte, welche die Briten nicht bereits gekannt hätten; seine Haltung war demnach sinnlos und zugleich dumm.
Für seine Naivität zahlte Carl Hans Lody einen hohen Preis: Schon am 2. November, also nur kurze Zeit später, wurde er nämlich zum Tode verurteilt und am 6. November durch ein Erschießungskommando im Tower von London hingerichtet. (6)Sein Fall erregte in der Presse großes Aufsehen, weil er der erste ergriffene deutsche Spion des Krieges war.
Nun wurde ihm im Nachhinein das Eiserne Kreuz verliehen, das man seinen Angehörigen überreichte. Die Nationalsozialisten stilisierten den Amateurspion während des NS-Regimes zum Helden. Dabei kam ihnen zupass, dass man über sein Leben im Prinzip nur ganz wenig wusste. Folglich konnte man ihm jede passende Motivation und Geisteshaltung unterstellen.
Am 14. Mai 1935 erhielt der Zerstörer Z-10 beim Stapellauf in Kiel den Namen 'Hans Lody' . Das Schiff, das den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstand, wurde 1946 an das Vereinigte Königreich Großbritannien ausgeliefert.
Ein halbes Jahr vorher war am Lübecker Burgtor ein Lody-Denkmal eingeweiht worden, obwohl es zwischen dem Spion und der Hansestadt nachweislich keinerlei Verbindung gegeben hatte. Das Denkmal, das einen Ritter in voller Rüstung zeigte, der eine Schlange zertrat, war in eine Mauernische neben dem Tor eingelassen und mit einer Gedenkplakette versehen.
Hierzu gab es noch ein Nachspiel. 1946 wurde das Denkmal durch die Lübecker Stadtverwaltung entfernt und auch die Plakette sollte abgenommen werden. Doch die britischen Besatzungsbehörden untersagten dies und so befindet sie sich auch heute noch am Burgtor. Sie sorgt in der Lübecker Bürgerschaft für unterschiedliche Meinungen, weil hier Neonazis gelegentlich Gedenkveranstaltungen abhalten. Die Tafel darf nun seit einem Beschluss vom 29. Oktober 2005 hängen bleiben; alle nationalsozialistischen Veranstaltungen in der Nähe werden allerdings verhindert.
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(1) Die Angabe des Geburtsortes ist nicht eindeutig belegt; vermutet wird jedoch Berlin.
(2) 1878 bzw. 1882.
3) Borghardt, Thomas. „ Spione des Kaisers. Deutsche verdeckte Operationen in Großbritannien während des 1.Weltkrieges.“ London 2004 (S. 98, 103).
(4) Meeresbucht nördlich von Edinburgh.
(5) Damm; Maike. „Carl Hans Lody: Reiseleiter und Amateurspion. “ In: FOCUS- Online vom 25.7.2007.
(6) Sellers, Leonard. „ Shot in the Tower. Die Geschichte der Spione, die während des 1. Weltkrieges im Tower erschossen wurden.“ London 1990 (S. 20).
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LAWRENCE VON ARABIEN (THOMAS EDWARD LAWRENCE)
Thomas Edward Lawrence wurde am 16. August 1888 in Tremadoc, Caernarfonshire, im heutigen Gwynedd, in Nord-Wales geboren. Sein anglo-irischer Vater war Sir Thomas Robert Tighe Chapman, der siebte „Baronet of Westmeath'. Sarah Junner, die Mutter, stammte aus Sunderland, County Durham und soll die uneheliche Tochter von John Lawrence gewesen sein, weshalb sie sich 'Miss Lawrence' nannte. Ende der 1870er Jahre war sie als Kinderfrau zu den Chapmans gekommen. Thomas Edwards Eltern waren unverheiratet und hatten fünf gemeinsame Söhne - er war der zweitälteste.
Im Jahre 1909 reiste Lawrence als 21jähriger zu Fuß ganz allein durch Syrien und Palästina. Als Student der Geschichte der Universität Oxford ging es ihm dabei vor allem darum, die Architektur der ehemaligen Kreuzfahrerburgen zu erforschen. In den Jahren von 1911 bis 1914 beteiligte er sich an entsprechenden Ausgrabungen im Gebiet des oberen Euphrat, wobei er intensiv Arabisch lernte. In Syrien kam es zu Kontakten mit Beduinen, die er schnell besonders schätzen lernte. Im Januar 1914 nahm er an einer karthographischen und archäologischen Expedition durch die Wüste Negev teil, diese diente gleichzeitig der strategischen Auskundschaftung durch den britischen Geheimdienst.
In der Folgezeit arbeitete Lawrence für den britischen Nachrichtendienst in Kairo. Damals entfachte Scherif Hussein, der Emir von Mekka, einen Aufstand auf der Arabischen Halbinsel gegen das Sultanat der Osmanen, der von den Briten mit Geld und Beratern unterstützt wurde. Wegen seinen ausgezeichneten geografischen und sprachlichen Kenntnissen wählte man Lawrence, der zu dieser Zeit den Leutnantsrang bekleidete, als Verbindungsmann aus und sandte ihn vor Ort. Schnell entwickelte er sich zu einer der wichtigsten Figuren des arabischen Unabhängigkeitskampfes. Dieser Krieg beschränkte sich dabei vor allem auf Überraschungsangriffe auf kleinere osmanische Militärposten und gelegentliche Sprengstoffanschläge auf die Hedschasbahn (1)sowie Anschläge auf die Wasserversorgung am Jamur. Dennoch gelang es auf diese Weise, die osmanische Armee zu schwächen und zu demoralisieren; 1917 konnten zunächst Al Wajh und dann sogar die Hafenstadt Akaba eingenommen werden. Im Oktober 1918 fiel Damaskus an die arabischen Rebellen, worauf die britischen Streitkräfte in die Stadt einzogen.
Den Respekt der Araber erwarb sich Lawrence dadurch, dass er nicht als britischer Soldat auftrat, sondern sich den jeweiligen Landesbräuchen anpasste. So trug er einen Turban, zitierte den Koran und sprach die arabischen Sprachen. Was unmöglich schien, geschah: Lawrence gelang es - zumindest vorübergehend - die miteinander stark verfeindeten und konkurrierenden Stämme zu einen. Dabei praktizierte er Taktiken der Guerilla (2), weil die Beduinen für offene Feldschlachten nicht gut genug vorbereitet waren. Man sabotierte Bahnlinien, griff kleinere Militärposten an und kappte die Wasserversorgung vieler Städte.
Die ständigen Kampfhandlungen hatten Lawrence seelisch und körperlich arg zugesetzt, weshalb er sich nach dem anschließenden Waffenstillstand von seiner Rolle bei den Arabern zurückzog. Er lehnte Auszeichnungen und hochdotierte Posten rundweg ab und setzte sich sowohl bei der Friedenskonferenz von Paris 1919 als auch bei den ein paar Jahre später stattfindenden Unabhängig-keitsbestrebungen seiner arabische Freunde vehement ein, hatte jedoch nur geringen Erfolg mit seinen Bemühungen. Die ersehnte Freiheit konnte nicht erreicht werden: Arabien unterstand fortan britischem und französischem Einfluss, was eine große Enttäuschung für Lawrence war; er fühlte sich letztlich als Verräter gegenüber seinen arabischen Freunden. Sein Credo wird aus dem nachstehenden Zitat deutlich:
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