„Was ist mit ihrer Tochter?“ unterbrach sie Isabella.
„Catherine ist schon früh auf die falsche Bahn gekommen. Sie müsste jetzt so alt, wie William sein und lebt irgendwo auf der Straße und finanziert sich mit Prostitution ihre Drogen. Das würde Martha noch hinnehmen. Viel schlimmer ist für sie, dass Catherine absolut nichts von ihnen wissen möchte. Sie hat sich komplett von ihnen zurückgezogen und aus ihrem Leben ausgeschlossen. Ich hatte mit Catherine selbst schon gesprochen, dass sie hier einziehen könnte und wir ihr helfen würden und ich hatte auch den Eindruck, dass sie es sich ernsthaft überlegte, aber dann habe ich nie wieder etwas von ihr gehört. Für Martha, auf ihre alten Tage, ist es schwer zu verkraften. Peter trifft es noch schwerer. Er hängt sehr an seiner Tochter und hatte sich für sie immer nur das Beste gewünscht. Die Nachricht darüber, dass sie sich jetzt auch noch prostituierte, hatte ihm den Rest versetzt und ihn mit Herzinfarkt ins Krankenhaus gebracht.“
„Das ist wirklich schrecklich! Warum gibst du ihr nicht frei, dass sie sich um ihren Mann kümmern kann?“
„Martha arbeitet eigentlich nicht mehr für uns. Sie bezieht seit zwei Jahren die Rente und kommt nur noch sporadisch zu uns, wenn wir sie anrufen. William war damals sehr betroffen, dass sie nicht mehr um ihn herum war. Er tat sich schwer die Stelle neu zu besetzen und war froh darüber, dass ich eine neue Haushälterin ablehnte. Ich hätte es auch selbst nie gewollt. Ich habe Spaß daran, William zu verwöhnen und mittlerweile hat auch er seine Freude in der Küche entdeckt und es gehört zu unseren schönsten Beschäftigungen zusammen zu kochen und anschließend zu essen. Du solltest mal sehen, wie kreativ er mit den Zutaten geworden ist.“
„Die Küche war schon immer dein Steckenpferd. Es ist schön, dass du jemanden gefunden hast, der diese Leidenschaft mit dir teilt. Ich werde sicherlich nicht nein sagen, wenn ihr vorhabt mich kulinarisch zu verwöhnen.“
„Heute wird es leider nicht mehr klappen, denn dafür ist die Vorratskammer viel zu sehr geplündert, aber für morgen Abend können wir dir diesen Gefallen gerne noch tun“, sagte Laura lachend und umarmte ihre Cousine.
Sie war so glücklich darüber, dass sie Isabella endlich wieder sehen konnte. Natürlich hatten sie Kontakt per Telefon und Email, aber das war eben nichts gegen einen persönlichen Kontakt vor Ort. Die Klingel unterbrach ihr Gespräch und sie gingen hinunter. Laura sprach durch die Sprechanlage einige Sätze und wandte sich dann an Isabella.
„Dein Koffer ist endlich gekommen.“
Sie betätigte den Summer und ließ den Boten der Airline die Auffahrt herauf kommen. Mit großen Augen stieg er aus und holte aus dem Kleintransporter Isabellas Koffer. Scheinbar kam er nicht oft in diese Gegend, vermutete Laura, an seinem Blick. Sie nahm ihm den Koffer ab und steckte ihm einen 10$ Schein in die Hand, den er freudestrahlend und dankend entgegennahm und wieder davon fuhr.
„Hast du Lust auf eine Tasse Kaffee? Ich habe Muffins mitgebracht.“
„Gerne, ich bringe nur schnell meinen Koffer nach oben.“
„Lass nur, das kann doch auch William später machen. Komm, wir gehen in die Küche.“
Isabella nahm an der Theke Platz. Laura war dabei die Muffins aus der Tüte auf einen Teller zu packen und Tassen aus dem Schrank zu holen, um sie unter den Kaffeeautomaten zu positionieren. Es sah alles so routiniert bei ihr aus.
„Mir ist gestern aufgefallen, dass William und Mike sich feindselig zueinander verhalten. Weißt du warum?“ fragte Isabella neugierig ihre Cousine.
„Was der Auslöser für diesen Streit ist, kann ich dir gar nicht sagen. Ich habe William mal danach gefragt und er wusste es selbst nicht. Seine Erklärung war, dass Mike ihn schon immer geärgert hatte. Und das hat bis heute nicht aufgehört. Ich hätte das nie für möglich gehalten, wenn ich es nicht selbst erlebt hätte.“
„Das glaube ich dir gerne. Aber ist es nicht endlich an der Zeit das zu ändern? Wollt ihr ewig so weitermachen?“
„Es nützt nichts, wenn ich ihm den Frieden vorschlage und er dazu nicht bereit ist. Ich bin ihm dankbar dafür, dass er dich mitgebracht hatte und werde dadurch auch einiges hinnehmen, aber Frieden mit ihm wird sicherlich nicht möglich sein.“
„Du solltest es zumindest versuchen.“
Mike stand in der Küchentür und das Gespräch zwischen den beiden Cousinen verstummte.
„Guten Abend Ladies. Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass ihr gerade über mich geredet habt?“
„Nehm dich nicht so wichtig. Nicht alles dreht sich um dich!“, konterte Laura.
„Schade!“ Mike zauberte einen Blumenstrauß hinter seinem Rücken hervor und ging schnurstracks auf Laura zu. Die war schon anhand der Blumen schockiert genug und überlegte fieberhaft, was er jetzt wieder aushecken würde.
„Laura, ich wollte mich bei dir entschuldigen für drei Jahre Ärger und Unannehmlichkeiten, die ich dir bereitet habe. Das war gemein und unfair von mir und ich denke es war lange genug, so dass wir jetzt, da ihr beide verlobt seid, einen Schlussstrich unter das Ganze ziehen sollten. Kannst du mir verzeihen?“
Er überreichte ihr die Blumen und sah sie ernst dabei an. Laura stand völlig perplex vor ihm. Das waren ihr eindeutig zu viele Zufälle. Sie hatte mit vielem gerechnet, aber sicherlich nicht mit einer Entschuldigung oder gar mit Blumen von Mike. Viel mehr irritierte sie aber, dass Isabella das gleiche Thema gerade erst mit ihr besprochen hatte. Es war keine Gewissheit, aber zumindest so eine Ahnung, dass Isabella dahinter steckte. Sie hätte nur zu gerne gewusst, wie sie das angestellt hatte.
„Ich nehme deine Entschuldigung gerne an und möchte mich auch für meine Gemeinheiten hiermit entschuldigen. Mich würde gerne interessieren, was dich dazu bewogen hat, aber da ich keinen erneuten Streit provozieren möchte, belasse ich es lieber dabei.“
„Das ist überaus klug von dir, liebe Schwägerin“, kommentierte Mike und sah das Thema damit endgültig erledigt.
Laura war erleichtert und glücklich zugleich. Isabella war endlich zu ihr gekommen und auch die Fehde mit Mike schien endlich ein Ende zu nehmen. Sie hätte sich für den Augenblick nicht schöneres wünschen können.
„Wisst ihr was?“ sagte Laura und schaute die beiden an. „Wir sollten heute Abend feiern. Ich hatte schon lange keinen so guten Grund mehr dazu gehabt, wie heute. William wird bald nach Hause kommen und ich koche uns bis dahin etwas Leckeres, was ich aus den Resten noch machen kann. Mike, ich würde mich freuen, wenn du auch mit dabei wärst.“
Mike war über die entspannte Situation und Lauras offenen und freundschaftlichen Umgang sehr überrascht gewesen. Er hatte nicht gedacht, dass sie seine Entschuldigung ernst nahm, auch wenn er überzeugend seine Pflichtaufgabe eingelöst hatte. Sie freute sich sogar darüber und misstraute ihm nicht einmal. Nach drei Jahren ausgeheckten Gemeinheiten, nahm sie ihm die Geschichte einfach so ab. Selbst Isabella freute sich mit und strahlte über das ganze Gesicht. Ein Strahlen und Leuchten in ihren Augen, das sie so lebendig erscheinen ließ und ihn richtiggehend fesselte.
„Die Einladung gilt aber nur, wenn du dich um den Wein kümmerst“, ergänzte Laura lächelnd ihr Angebot.
„Das dürfte kein Problem darstellen. Was gedenkst du zu kochen?“
Laura öffnete den Kühlschrank und kramte in den Schränken herum. Sie nahm sich Gorgonzola, Spinat, Milch, geräucherten Lachs, Pinienkerne und Spaghetti heraus.
„Es gibt Pasta in Spinat-Gorgonzola-Sauce mit Räucherlachsstreifen und gerösteten Pinienkernen. Ich plädiere auf Rotwein. Alles andere überlasse ich deinem guten Geschmack“, schmeichelte Laura ihm.
„Sehr freundlich von dir. Schmeiß schon mal den Herd an, ich bin gleich zurück.“
Читать дальше