Alien, Mutter, Kind
Jill wird eingeschult...
Kiara Borini
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Keiner der Bände wäre ohne Zuspruch und Hilfe von Leuten, die an Annika, Dennis, Chiòcciola, Ashley und Jill geglaubt haben, auch nur entstanden. In nicht einmal einem Jahr ist aus einem groben Konzept mit wenigen Seiten eine interessante und bunte Welt geworden, die zwar mitunter fremdartig anmutet, aber auch viele Aspekte unserer Welt widerspiegelt. Dass diese Welt aus dem Nichts entstehen konnte, dafür gilt mein großer Dank!
Natürlich möchte ich einigen Personen ganz besonders danken, und sie namentlich hervorheben. Das heißt aber nicht, dass der Beitrag derer, die hier nicht genannt sind, etwa weniger wichtig für das Gelingen wäre. Es ist halt nur so, dass ich bereits das Alter erreicht habe, in dem ich vergesslich werde. Man möge mir also verzeihen!
Und bei den Namen, nenne ich bewusst nur die Vornamen in alphabetischer Folge, unabhängig, ob ich die Personen im Alltag duze oder nicht. Ein wenig Datenschutz wollen wir hier dann doch wahren, oder?
Mein besonderer Dank gilt also: Anette, Annemarie, Annette, Annika, Barbara, Bettina, Brigitta, Christina, Christine, Claudia, Daniela, Elizabeth, Heike, Holger, Jessica, Johannes, Katrin, Mandy, Manuela, Maria, Marie, Marlies, Nico, Petra, Ria, Sabine, Sonja, Tatjana, Ulrike, Vanessa, Vivien und vielen, vielen anderen!
Ich komme nach Hause, keiner da. Dabei ist mir nach Feiern zumute, trotz der späten Stunde. Die Master-Prüfung ist wirklich sehr gut gelaufen. Ich war dann noch bei meinem Professor zum Abendessen eingeladen. Nette Leute, Stefan und seine Frau; aber das wusste ich ja. Schließlich habe ich bei ihm schon mein Praktikum als Schülerin absolviert. Er war dann auch der erste, der Jill untersuchen durfte. Und heute hat er mich gefragt, ob ich bei ihm promovieren will! Es läuft gerade richtig gut bei mir! Bei uns! Denn auch meine geliebte Chiòcciola hat sich in den letzten sechs Jahren richtig ins Zeug gelegt. Ich hätte nie gedacht, dass ein einzelner Mensch so viele Sprachen lernen kann. Ich meine nicht, in so kurzer Zeit, sondern überhaupt. Wobei Mensch ja nun auch wieder nicht ganz korrekt ist. Denn Chiòcciola ist ein Alien. Mein geliebtes Alien. Die Mutter, von Jill, meiner Tochter, die sicher oben schon schläft.
Ma hat sie wohl zu Bett gebracht, bevor sie zum Yoga gefahren ist. Naike, meine dreizehnjährige Schwester, ist heute bei ihrer Freundin und übernachtet dort. Vermutlich tobt dort gerade eine Pyjama-Party.
Pa ist mal wieder in Brüssel. Er hängt sich da richtig rein und ich würde ihm gönnen, wenn er den Posten als Kommissar, auf den er heimlich schon seit einiger Zeit spekuliert, wirklich bekommen würde. Verdient hätte er es. Seit er nicht mehr so verbissen an die Sache herangeht, ist er wohl noch erfolgreicher mit seiner ‘Arbeitsgruppe Asyl’. Aber das Ganze ist wohl auch ein großes Politikum. Wer welchen Posten aus welchem Land bekommt. Deshalb ist alles noch immer ein Geheimnis. Ihn belastet es, glaube ich, schon sehr. Er mag klare Verhältnisse. Doch hat er sich in letzter Zeit überraschend lernfähig gezeigt.
Eigentlich seit damals: Ein schwangeres Alien, das vor gut sechs Jahren bei uns aufgeschlagen ist und seine Tochter - mich - überraschend und ohne Vorwarnung zur Auch-Mutter gemacht hat! Das hat ihn sicherlich etwas nachdenklich werden lassen, ob die von ihm so geliebten geraden Wege immer die geeignetsten sind, für das, was das Leben für einen bereithält. Als dann Dennis, mein Zwillingsbruder, mit Chiòcciolas Cousine, Ashley, in den Weltraum aufgebrochen ist, um zu ergründen, ob ihre Liebe tragfähig genug ist, deren Welt zu retten, hat er sie sogar unterstützt. Nun, das alles hat ihn sicherlich seine Arbeit und die Ursachen von Flucht und Migration in einem neuen Licht sehen lassen und ihn - glaube ich - auch menschlicher und sicher auch kreativer gemacht. Er ist seitdem, wenn er mal da ist, irgendwie auch zugänglicher.
Die Welt von Ashley und Chiòcciola liegt ebenfalls in unserer Milchstraße, das ist verhältnismäßig nah, ist aber dennoch etwa 90.000 Lichtjahre von unserer entfernt. Für das Licht eine irre lange Reise. Man kommt dort aber schneller hin, weil man, sofern man weiß, was man tut, durch Falten im Raum fallen kann, und dann quasi eine Abkürzung nimmt.
Nun, ich bin zwar inzwischen staatlich geprüfte Molekularbiologin und kapiere auch so ungefähr, wie das funktioniert. Es hat was mit unterschiedlich dichter Materie im Weltall zu tun, und damit, dass bestimmte Partikel, die, immer wenn sie mit Materie zusammentreffen, für das Entstehen von Schwerkraft und Zeit verantwortlich sind. Dazu kommt, dass sie mit dieser unterschiedlich dichten Materie in unterschiedlicher Weise in Wechselwirkung treten, was dann unterschiedliche Schwerkraft und Zeit in dieser Region bedeutet. Diese Unterschiede ziehen sich wie ein Netz durch unsere Milchstraße und man kann sie gut zum Reisen benutzen. Eben ist man noch in einem Teil der Milchstraße, schwupps, schnellt man hinüber in eine andere Ecke. Und wenn man diese Raumfalten geschickt nutzt und kombiniert, dann kann man auch 90.000 Lichtjahre auf einen Katzen-Sprung verkürzen.
Dennis ist da besser drin in der Thematik. Er wollte Raumfahrtingenieur werden, eigentlich, bevor er kurz nach dem Abi Ashley kennen und lieben gelernt hat. Jetzt ist er in ihrer Welt und betreibt die erste Pizzeria auf der anderen Seite der Galaxis. Doch eigentlich ist er Politiker, wie Pa. Das hört er aber nicht so gern. Lieber sieht er sich als gesellschaftlichen Brückenbauer.
Und dann ist er noch der erste, der eine funktionierende E-Mail-Strecke quer durch die Galaxis errichtet hat. Auch eine Art Brücke; und irre praktisch. So können wir gut in Kontakt bleiben. Das war an unserem ersten Weihnachten noch ganz anders.
Ich schleiche die Treppe hinauf und schaue vorsichtig in Jills Zimmer. Alles ruhig. Sie schläft tief und fest. Sie hat das Shi’an-Tier in ihren Armen. Eine Art Plüsch-Katze aus der anderen Welt, die ihr Ashley vor ein paar Jahren in einer Raumkapsel geschickt hat. Ist natürlich kein Plüsch, sondern organisches Material, wie alles in Ashley und Chiòcciolas Welt. Und sieht irre lebendig aus!
Leise schleiche ich wieder nach unten und setze mich ins Wohnzimmer. Ich würde so gern mit Chiòcciola, Ma, Pa, oder Dennis und Ashley auf meinen Erfolg anstoßen. Auf unseren Erfolg! Denn kurz vor dem Abi-Ball sah es nicht so aus, als ob sich alles so gut zusammenfügen würde. Jill ist eine tolle Tochter geworden, Chiòcciola ergänzt mich bei ihrer Erziehung hervorragend und trotz unseres beruflichen Engagements gelingt es uns bislang sehr gut, beides unter einen Hut zu bringen. Und wenn nicht, dann ist Ma da und springt ein, obwohl sie am Anfang ziemlich deutlich gemacht hat, dass sie dieses nun unter Garantie nicht zu tun beabsichtige. Ach ja, Naike hilft natürlich ebenso, wann immer es ihre Schulaufgaben zulassen. Sie hatte an Jill von Anfang an einen Narren gefressen!
Chiòcciola hatte heute Morgen gesagt, dass sie nach der Konferenz der ‘al Maghrib’-Delegation, der Nord-West-Afrikanischen Länder, noch mit ihnen zu Abend essen wird und erst spät kommt. Ich habe natürlich gehofft, sie wäre bereits da. Schade! Und dann sehe ich den Brief, den wohl Ma auf den Wohnzimmertisch gelegt hat. Ich nehme und öffne ihn - und kann mir das Lachen kaum verkneifen.
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