Martina Decker
Auch Schmetterlinge können sterben
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Titel Martina Decker Auch Schmetterlinge können sterben Dieses ebook wurde erstellt bei
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Über die Autorin:
Impressum neobooks
Mochte ja sein, dass in Hollywood oder sonst wo morgens um sieben die Welt noch in Ordnung war. Bei Julia war sie es nicht! Romans Klienten aus Spanien waren überraschend früher angereist und hatten alle Pläne für das Wochenende zunichtegemacht.
»Wäre ja auch wirklich zu schön gewesen!« Zornig schob Julia den Stuhl nach hinten und griff nach ihrer Tasse mit dem Kräutertee. Der Versuch, noch irgendetwas zu retten und einen annehmbaren Kompromiss zu erreichen, war mal wieder gescheitert. Die Prioritäten auf Romans Seite waren mehr als deutlich: erst der Job, dann sie. Sie hatte es so satt!
»Wann hast du eigentlich vergessen, dass es noch andere Dinge im Leben gibt, die Freude machen? Urlaub, Tanzen, Kino?«
»Ich habe gar nichts vergessen!«
»Seit du zum Staranwalt avancierst und die Kanzlei nur noch wichtige und super wichtige Klienten hat, wird unsere gemeinsame Zeit immer weniger. Eigentlich kommst du doch nur noch zum Schlafen nach Hause«, wetterte Julia.
»Du übertreibst.«
»Ach ja? Seit Tagen gehst du früh um sieben aus dem Haus und kommst nicht vor elf Uhr abends zurück. Vorgestern war es fast eins. Auf Sonjas Geburtstagsfeier war ich alleine, unseren Kinoabend hast du von deiner Sekretärin absagen lassen. Mal ehrlich, kannst du dich noch erinnern, wann wir das letzte Mal zusammen gegessen haben? Von Ausgehen will ich gar nicht erst reden.«
Roman dachte kurz nach. »Letzte Woche, beim Italiener. Du hattest Antipasti und dann Spaghetti Carbonara. Zum Dessert eine Panna Cotta.«
»Das war ein Geschäftsessen! Und das weißt du verdammt noch mal auch sehr gut! Das hatte nichts, aber auch rein gar nichts, mit uns zu tun.«
»Du bist kleinlich. Andere Frauen wären …«
»Bin ich andere Frauen?« Julias Augen blitzten böse.
»Nein, natürlich nicht.« Er atmete hörbar ein. »Hör' zu: Es tut mir wirklich leid, dass wir nicht zu diesem Klassentreffen fahren können. Aber das wird ja nicht das letzte gewesen sein. Beim nächsten Mal klappt es ganz bestimmt!«
»Ich will aber nicht auf das nächste Mal warten. Wir haben bereits zugesagt. Das Hotelzimmer ist gebucht, meine Rede geschrieben. Kannst du dir auch nur annähernd vorstellen, wie viel Zeit ich schon investiert habe?“
„Noch mal: Es tut mir leid.“
So kam sie nicht weiter. Julia schob ihren Zorn beiseite und schlug einen bittenden Ton an. »Kann sich nicht einer von deinen Kollegen um die Spanier kümmern? Nur dieses eine Mal?«
»Ich habe mich doch nicht seit Wochen in die Materie eingearbeitet, um dann wegen eines Klassentreffens jemand anderes die Verhandlungen führen zu lassen. Wenn es dir so wichtig ist, musst du eben alleine fahren.«
»Wenn es mir so wichtig ist …?« Julia schnappte nach Luft. »Was willst du jetzt hören, mein lieber Roman? Nein, so wichtig ist es mir natürlich nicht, Liebling! Ich bleibe dann auch lieber hier und begleite dich zu diesem langweiligen, aber immens wichtigen Firmenessen mit den Spaniern? So, wie ich es schon seit Jahren mache? Weil dein Job und deine Klienten immer vorgehen?«
»Verdammt noch mal!« Roman schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte. »Ich will gar nichts hören! Ich will jetzt in Ruhe meine Zeitung lesen. Mach' doch, was du willst. Das machst du doch sowieso am liebsten.«
Sekundenlang starrten sie sich an.
»Dann wäre das ja auch geklärt«, presste Julia schließlich hervor. Ein paar Tränen kullerten ihr über die Wange. Das hatte sie sich anders vorgestellt! Sie wollte doch gar nicht alleine auf das Klassentreffen gehen. Sie wollte Roman an ihrer Seite haben.
Vielleicht sogar ein bisschen mit diesem tollen Mann angeben, der ihr ganz allein gehörte. Der so verdammt gut aussah und erfolgreich war. Alleine würde sie sich unwohl fühlen und deplatziert zwischen all den Pärchen. Nein, alleine würde sie keinesfalls auf das Klassentreffen gehen. Ob sie noch mal …?
Ein Blick auf Roman genügte: Er hatte sich demonstrativ wieder in die Zeitung vertieft. Das Thema war für ihn ganz offensichtlich erledigt.
Maßlos enttäuscht verließ Julia den Raum.
***
Roman sah erst wieder auf, als die Zimmertür hinter Julia mit einem lauten Krachen ins Schloss gefallen war. Warum war sie in letzter Zeit bloß so hysterisch? »Vermutlich kriegt sie ihre Tage!«, murmelte er und setzte nach: »Gott sei Dank bin ich ein Mann.«
Mit einem Kopfschütteln legte er den Wirtschaftsteil zur Seite und warf einen Blick auf sein Handy. Der Terminassistent erinnerte ihn an das Meeting mit den Partnern aus Spanien. Es war für 9:30 Uhr angesetzt. Noch etwas mehr als eine Stunde für Rasieren, Duschen und das Memo lesen, das ihm Felizitas für diesen Termin zusammengestellt hatte. »Das wird knapp«, sagte Roman zu sich selbst und schob den Stuhl nach hinten. Im Stehen nahm er einen letzten Schluck Kaffee.
Memo und Mails würde er später durchsehen. Der Akku des Handys war ziemlich runter. Er musste ihn erst einmal laden. Nicht, dass sich das Gerät mangels Energie einfach abschaltete. Ohne war er aufgeschmissen. »Andererseits«, er grinste breit, »wäre das das beste Argument für ein neues.«
Er liebäugelte schon länger mit dem neuen 8er von Plum: 128 GB und 150g leicht. Multi-Touch-Display und LED - Hintergrundbeleuchtung, dazu eine komfortable Akku-Laufzeit und HD-Technologie, mit der Video-Konferenzen auch unterwegs die helle Freude wären.
Bisher hatte er sich Julias Veto gebeugt. »Musst du wirklich immer die neuesten Geräte haben? Dein Telefon funktioniert doch einwandfrei«, hatte sie gesagt. Schon allein der Begriff „Telefon“ ließ ihn erschaudern. »Was du Telefon nennst, sind leistungsstarke Computer im Taschenformat. Damit kann man auch telefonieren. Allerdings vermute ich, diese Funktion haben die Entwickler nur dabei gelassen, weil es immer noch Menschen wie dich gibt.
Ich habe damit alle Termine im Überblick, meine Kontakte und jederzeit Zugriff auf Unterlagen. Das Ding ist mein Office – ohne könnte ich überhaupt nicht mehr anständig arbeiten.«
»Weißt du eigentlich, wie umweltschädlich und menschenverachtend Produktion und Entsorgung sind?«
An diesem Punkt hatte er die Diskussion beendet. Natürlich war es ihm nicht egal, was da in den Minen und mit den Menschen passierte. Aber sollte er deswegen wieder trommeln? Oder Briefe schreiben? Was war denn dann mit den armen Bäumen, die zum Profit der Papierindustrie gefällt werden mussten? Jede Entwicklungsstufe hatte ihren Preis. Das war nicht zynisch, das war Tatsache – auch wenn Julia dem energisch widersprechen würde.
Von daher: »Memo an mich selbst«, diktierte Roman ins alte Handy. »Möglichst bald das 8er besorgen - weil Fortschritt nicht aufzuhalten ist und ich es mir wert bin.«
Es wäre die perfekte Belohnung für einen hoffentlich perfekten Deal mit den Spaniern.
Julia saß in ihrem Arbeitszimmer und hatte das Gesicht in die Hände gelegt. Was war bloß los mit ihr und Roman? Sie hatte den Eindruck, dass sie nur noch miteinander stritten. Ein normales Gespräch war kaum noch möglich. Und jedes Mal bügelte er sie mit einer Arroganz ab, die völlig unangebracht war. Sie war doch nicht sein Lehrmädchen oder sonst irgendein Depp. Sie war seine Frau!
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