„Außerdem stehen wir alle unter Druck. März macht mir seit zwei Wochen die Hölle heiß. Sie ahnen gar nicht, wie nervig er ist.“
James iPhone meldete sich: Eine neue E-Mail war angekommen.
„Was meinen Sie, liebe Frau Kruse, wer das wohl ist?“ James hielt sein iPhone in die Höhe. „Wer schickt mir hier E-Mails, obwohl ich nur ein paar Schritte entfernt bin und wir uns ohnehin gleich sehen? Was glauben sie, Frau Kruse?“ Jetzt war es James, der streng guckte. Und das konnte er besonders gut, indem er eine seiner Augenbrauen hochzog. Franka kannte diesen Blick. Er war es auch gewesen, der James seinen Spitznamen „Spocky“ eingebracht hatte. Und damit sie sich nicht verplapperte, nannte sie ihn nun eben einfach immer nur noch „Mister“.
„März?“ fragte sie mit gespielter Unschuldsmiene. James zog seine Augenbraue noch etwas höher, bis es fast etwas weh tat.
„Ja, eiskalter März!“
Sie waren an der Tür zu seinem Büro angelangt. „Chef vom Dienst“ verkündete in großen Lettern ein Messingschild.
„Sonst noch was, Fräulein KRISE?“, James betonte in gespieltem Ernst jede Silbe.
„Nein, das wär‘s für‘s erste. Den Rest sehen wir ja wohl dann nachher von Ihnen. Nicht wahr?“, gab Franka schmunzelnd zurück.
„Sehr richtig. Den Rest sehen wir dann nachher. Danke erst mal“, James ließ seine Augenbraue wieder sinken und lächelte.
„Ach übrigens, wo haben Sie denn heute Ihre Bella gelassen, Mister?“, wechselte Franka nun das Thema.
„Gelassen?“, James schaute verdutzt an sich hinunter. „Ich äh... ich äh... Wo ist der Hund? Wo ist... Bella?“ James durchfuhr es heiß und kalt. Bella war weg! Franka hatte seine Panik-Attacke gar nicht richtig mit bekommen – sie war bereits auf dem Weg zu ihrem Vorzimmer und zuckte bloß mit den Achseln: „Vergessen Sie nicht: Der Chef will Sie sehen – und zwar sofort“.
Übung 2: Die Innere Konferenz
Stehen Sie vor einer schwierigen Entscheidung? Dann treffen Sie sich doch einfach mal mit sich selbst.
ZEIT: 30 Minuten
LEVEL: Hoch
ZIEL: Schwierige Entscheidungen treffen
DOWNLOAD PDF: http://bit.ly/Innere_Konferenz
Uff, nun steht James aber vor einer richtig schwierigen Entscheidung: Soll er an diesem wichtigen Tag im Verlag bleiben und seinen Hund im Stich lassen? Oder soll er sich auf die Suche nach Bella begeben und alle seine Kollegen gerade heute hängen lassen?
Wenn wir vor schwierigen Entscheidungen stehen, überlegen wir oft hin und her – und vertagen dann das Ganze. Manchmal sogar auf den Sankt Nimmerleinstag, obwohl das schlimme Folgen haben kann. Es gibt aber einen Trick, wie man sich die Sache einfacher machen kann: Hören Sie doch mal, welche unterschiedlichen Redner es in Ihrem Kopf gibt – und laden Sie sie zu einer Konferenz ein.
WIR SIND MEHR ALS EINE STIMME
Entscheidungen fallen uns oft deshalb so schwer, weil wir in uns unterschiedliche Stimmen, Gefühle und Bedürfnisse haben, die sich zum Teil auch noch widersprechen: Wir wollen den neuen Job, aber wir trauen uns nicht, in der Firma anzurufen. Wir möchten diese tolle Frau kennen lernen, aber wir haben Angst verletzt zu werden. Ihnen fallen bestimmt eigene Beispiele ein.
Wie bei einer echten Gruppe von Menschen gibt es unter den Stimmen in uns die Stilleren, die Schwierigkeiten haben, gehört zu werden. Und es gibt die Lauten, die wir meist deutlich vernehmen. Doch wenn wir nicht allen diesen Stimmen Gehör schenken und manche unterdrücken, kostet uns dies viel Kraft.
SO BERUFEN SIE EINE INNERE KONFERENZ EIN
Um alle Stimmen zu Wort kommen zu lassen, können Sie eine Innere Konferenz einberufen. Dazu wählen Sie zunächst das Thema der Konferenz – ein Problem oder eine Entscheidung, die Ihnen schwerfällt.
Beschreiben Sie dann, was Sie gerne ändern oder erreichen möchten. Horchen Sie anschließend in sich hinein und listen Sie einmal alle Stimmen auf, die dazu etwas zu sagen haben. Geben Sie ihnen Namen wie „Die Ernsthafte“, „Der Spaßvogel“, „Der Mutige“ oder „Der Bedenkenträger“.
Achten Sie darauf, dass sich tatsächlich keiner der Konferenzteilnehmer „versteckt“. Nehmen Sie sich Zeit. Wenn alle inneren Stimmen versammelt sind, dann überlegen Sie sich, wie jeder der Teilnehmer die folgenden Sätze vervollständigen würde:
VERVOLLSTÄNDIGEN SIE PRO TEILNEHMER DIE SÄTZE
Ich will … , weil …
Ich muss … , weil …
Ich darf nicht … , weil …
FINDEN SIE POSITIVE ABSICHTEN
Vertrauen Sie darauf: Jede Stimme meint es gut und will nur Ihr Bestes. Sie will Sie vor Schmerz schützen oder mehr Spaß bringen. Aber die Stimmen in uns sind manchmal etwas naiv und nicht sehr geschickt in der Wahl ihrer Mittel. Sie meinen es gut, haben aber oft einen Tunnelblick – sie sehen nur einen kleinen Ausschnitt der Welt. Deshalb dürfen sie in der Konferenz die ganze Welt und die Auswirkung ihres Handelns zeigen.
Fragen Sie jede Stimme: Was willst Du? Wovor willst Du mich schützen, was willst Du für mich erreichen? Notieren Sie sich pro Stimme die entsprechende Antwort.
DIE NÄCHSTEN SCHRITTE
Überlegen Sie nun, wie jede Stimme ihre Absicht besser umsetzen kann. Könnte Ihr schüchterner Anteil – der Sie vielleicht davor bewahren will, dass Sie von Ihrem cholerischen Chef eines auf‘s Dach kriegen – Sie vielleicht dazu befähigen, ein gut vorbereitetes Vier-Augen-Gespräch zu suchen?
Sind Sie erst einmal soweit: Glückwunsch. Sie haben es fast geschafft. Manchmal wird sogar die Konferenz überflüssig, wenn die einzelnen Player erst einmal die Gelegenheit hatten, sich zu zeigen.
Wenn Sie noch einen Schritt weitergehen möchten, dann stellen Sie sich einen angenehmen Ort für ein Treffen der Teilnehmer untereinander vor. Das kann natürlich ein Konferenzraum sein – doch an einem Lagerfeuer oder auf der Almhütte kommen sie noch leichter ins Gespräch, oder? Stellen Sie sich nun alle Teilnehmer so gut es geht vor: Wie sehen sie aus, was haben sie an? Wie klingt ihre Stimme? Schließen Sie die Augen, das macht es leichter.
Hören Sie den Teilnehmern zu und erinnern Sie sich: Jeder hat eine positive Absicht. Jede Stimme darf zu Wort kommen: Was braucht sie und was bietet sie den anderen dafür an? Ganz wie von selbst wird diese Konferenz zu Ende gehen. Vielleicht ist eine perfekte Lösung gefunden, vielleicht ein erster Kompromiss. Wie auch immer das Verhandlungsergebnis ist – nehmen Sie es an und bedanken Sie sich bei jedem Mitwirkenden. Testen Sie es dann im echten Leben. Laden Sie dazu einfach die folgende Vorlage als PDF von der Bella4Business-Website unter http://bit.ly/Innere_Konferenz.
Die Innere Konferenz braucht am Anfang ein bisschen Zeit und Muße – immerhin lernen Sie dabei Ihre inneren Stimmen das erste Mal kennen. Doch die Investition lohnt sich. Mit der Zeit können Sie auch die leisen Stimmen immer besser hören. Dadurch können Sie einfacher und authentischer mit Problemen umgehen oder schwierige Entscheidungen treffen.
Kapitel 3: Druckausgleich
Manfred März saß in seinem grauen Ledersessel und starrte auf das Telefon. Es klingelte. Drei Lämpchen leuchteten auf. Drei Anrufe: Auf Leitung eins Franka Kruse. Auf der zweiten seine Frau. Und auf der dritten Leslie Mingfei Schneider, die Dolmetscherin und Koordinatorin der Delegation aus China.
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