Straßen, Straßen über alle Maßen voll, dann leer, dann wieder voll, so bestimmt es die Norm mit dem Soll.
Hochgesteckt sind die Latten zum Messen weit über den Matten, die plattgedrückt und angerissen die Böden bedecken mit eingerissenen Gewissen.
Doch Normen ändern sich mit der Zeit, da geht’s auch rauf und runter. Nachttägliche Wechsel sind gar nicht weit, da ballern sich die Fronten munter.
Träume schäumen blasig davon, dazu kommt noch der dunkle Ton mit dem Teufelsvibrato irrsinniger List, im Gesinge und Gesäusel, was nicht ist.
Heftig streiten Rabulistik und Artistik, unschuldige Menschen hat es erwischt. Was sagst du zum Nenner der Kritik, wenn es über den Köpfen wieder dröhnt und zischt?
Leer geworden sind Riesenräume.
Worte blättern aus verdorrten Sätzen unter Fensterbänken und dächernen Rinnen. Längst beraubt der Kulturen und ihren Schätzen dringt der Salpeter durch die Wand nach innen.
Wiesen mit gestutztem Heidekraut säumen Flur und schmalen Weg. Aus dem Dorf wird eine Stadt gebaut, dass sich das Leben von einst enger bewegt.
Stricke ziehen kreuz und quer, sie waren mal fest und gespannt. Nun füllen sich Träume, denn leer ists geworden, und alles hat sich verrannt.
Gedanken stürmen, fliehen hin und zurück, sie haben sich vom Tage gelöst und drücken sich durch enge Spalten im Stück. Nun flammt’s in den Wimpern lichterloh.
Leer geworden sind Riesenräume, in denen es große Kulturen und Sprachen gab.
Verdunkelt ist dort die Sichtinsel fürs Leben.
Beim Waten durchs Watt kommen zurück die Gespräche in die Erinnerung mit den Höhen der Jugend und der Liebe.
Beim Betrachten der Landschaft im Moor beginnen die Gedanken zu straucheln, nicht weil die Füße immer tiefer gehn, sondern weil es im Mund und um die Augen trockener wird.
Zerfetzte Hemden und Wunden an nackten Brüsten. Wie soll das noch weitergehen? Denn ohne Wasser wird das Blut zu dick.
Die Sprache wandert mit von der Kindheit bis zum letzten Marsch. Schwer wiegen die Ketten, die auf die Lade zu heben waren.
Nie hatten Ketten Heiteres von sich gegeben, wenn sie an Toren und Fesseln hingen. Verdunkelt ist dort die Sichtinsel fürs Leben.
Oft werden Schlösser ausgewechselt.
Einer hilft sich damit, dass er selbst mit sich spricht. Zwei helfen sich, dass sie den dritten in die Mitte nehmen.
Der Andere kann den Einen nicht sehen, wenn er weit weg ist, und kann ihn dann auch nicht hören, wenn der Eine einen Fluch nach dem andern steigen lässt.
Die Bühne geht weit über die Windung hinaus, auf der mal der Eine, mal der Andere zu stehen kommt. Worum es sich wirklich im Bühnenstück handelt, das muss jeder für sich selbst herausfinden.
Das dauert oft Jahre und Jahrzehnte, doch dann ist es zu spät. Neue Haken mit neuen Schnüren sind im Handel, so schnell rasen Dinge davon im großen Wandel.
Deshalb sind die Türen nur angelehnt, denn oft werden Schlösser ausgewechselt, dass die alten Schlüssel nicht mehr passen.
Weil die Fingerspitzengesänge kein Ende nehmen.
Die Zeilen am Ufer, ich durchlief, durchschrieb und durchsiebte sie. Dann durchschwamm ich sie, eine nach der anderen bei Tag und bei Nacht.
In den Fingerspitzen klopfte es kalt mit der Sehnsucht, der mehrjährigen, im Wechsel. In jeder Fingerbeere sammelte sich eine andere Philharmonie mit Klängen von Grieg oder Wagner oder Brahms.
Es war das Durchlebende mit den Daseinswalküren, den irdischen und fremdplanetaren.
Dann begann es zu trommeln, und die Trompeten schmetterten den Heldentod. Als es dann leiser wurde und schließlich ganz still, huschten millionen Tote in einem Tempo vorüber, dass der Sand bergeweise in die Augen spritzte und die Lippen das Süßbittere des Unbezifferbaren schmeckten.
Vorsicht! Die Fingerspitzengesänge nehmen kein Ende.
Denn die Bäche müssen laufen.
Zugefrorene Bäche, wo sich die Eisdecke in den Frühling erstreckt mit den Sprossen und Erwartungsblüten darunter.
Kein Wunder, dass sich die Augen winkeln unter den winterlich gebliebenen Schatten, denn stumm bleibt zurück der Ersatz verlorener Worte und zerbrochener Freuden.
Diese Bäche haben die Grenze überschritten, dass da auch kein Weinen mehr hilft. Denn weit hat der Frost das Auge ergriffen, dass der Tränensee in der Vereisung ruht.
Wer möchte da der Eisbrecher sein oder was anderes, was das Eis zum Schmelzen bringt. Die Jahreszeit nimmt ihren Lauf, doch ist die Frage: Wie sieht es mit den Erwartungsblüten aus?
Denn die Bäche müssen laufen, dass es mit dem Leben weitergeht. Dazu streckt der Frühling neue Knospen aus.
Wogen, die dich bis zu den Hüften verkürzten.
Das war dann auch dein Ende, frei jeglichen Einspruchs. Der Schatten war von dir genommen, als dich das Licht davontrug.
Du flohst aus dem Suchfeld der Jugend, die dir so wohlgesonnen war. Doch lauerten an den Ecken die Dämmereffekte, die unsere Augen blendeten.
Bei dir waren es dann die Stümpfe, die nicht in diese Gesellschaft passten. Ich nahm deine Briefe und las sie Blatt für Blatt, sie waren so voll der großen Hoffnung.
Dass es im Leben anders kam mit dem gestriemten Rücken und den Totstellreflexen, das war blutig nicht vorauszusehen.
Dann gab es noch das Buch mit den Wasserflecken und dem Namen, der nicht mehr lesbar war. Es waren wogende Schattenhänge, Wogen, die dich bis zu den Hüften verkürzten.
Warte, o warte du Schöne!
Du Wunderbare, Mund und Sprache geben her, was aus tiefster Schöpfungsstille kommt. Über die Schwelle fluten in den Tag die kosmischen Klänge im Scherzando, dann Andante, dann Allegro, dass über den Bässen die Violinen vibrieren.
Tränen sammeln sich in den Kammern der Erinnerung und Sehnsucht. Schluchzend steigt Melancholie die Treppen hinauf mit Blick auf die Blumen in den Fensterbänken und durch die geputzten Scheiben in den alten Baum.
Hoch und lang sind die Gänge im Klanggebäude, dann teilen sich die Gänge, und die Entscheidung fällt schwer, welchem Gang zu folgen ist, wenn aus allen die Schöpfungstöne in der wunderbarsten Weise entgegenkommen.
Blicke beginnen sich zu trüben im steigenden Tränenmeer. Dann kommt doch der Ozean in die Versuchung eines noch stärkeren Tsunamis: Warte, o warte du Schöne mit Mund und Sprache, ich folge dir nach!
Es kommt zum Sausen zwischen den Ohren.
Noch hängt der Sturm unter den Lidern, der von drinnen nach draußen jagt. Tornadohoch rollen die Wellen, sie rollen durch zitternde Glieder.
Noch werfen Wortkanten eckige Schatten beim Stehenbleiben vorm Zaun der zerfledderten Latten.
Vergangenes kommt hoch mit festgezogenen Erlebnisknoten und Wunden zwischen den Zehen.
Dann plötzlich heben sich die Blicke und lösen die Stürme von den Strängen unter den Lidern. Eine Stille tritt ein, die beängstigender ist als der reißende Orkan.
Nun verheddern sich die Blicke. Es kommt zum Sausen zwischen den Ohren, Richtungen schwirren durcheinander, dass ein Zustand entsteht, der sowohl Untergang als auch die Erschaffung der Welt genannt werden kann.
Mit den Düften und den Wiesen
Aus den Zeilen schwingt heraus das Leben, aus ihnen wächst heraus der alte Baum vorm alten Haus.
Aus den Zeilen auch singst du die alten Lieder zum Frühling und zum Herbst, zu den Fest- und Freudentagen.
Wohin haben sich die Jahre nur verlaufen, die besten waren unter ihnen. Es waren frohe Zeiten mit rotem Mohn über riesige Weiten der Felder bei hochstehendem Roggen und Weizen, dem Frieden, dass es keinen Hunger geben wird.
Читать дальше