Judith und Urs Parolo - Hilf Dir selbst

Viele Beziehungen bilden echte Partnerschaften, aber viele Paare leben in einer Hörigkeit, in einer einseitigen Abhängigkeit. Diese Abhängigkeit kann in sehr vielen Formen in Erscheinung treten.

Was ist nun eine echte Partnerschaft im Unterschied zu einer Beziehung, in welcher eine Hörigkeit entstanden ist? Eine echte Partnerschaft zeichnet sich primär dadurch aus, dass beide Partner in ihrer Beziehung gleichberechtigt sind. Sie bilden eine Einheit und treten als Ganzes nach aussen hin auf. Dies heisst aber nicht, dass nun keiner der Partner mehr einen Schritt alleine machen darf - im Gegenteil. In einer echten Partnerschaft ist es möglich, dass jedes seinen eigenen Weg geht, ohne aber den andern auszuschliessen. Es ist auch möglich, dass jede Person ihren Freiraum hat, aber immer mit dem Hintergrund der Partnerschaft. Eine echte Partnerschaft zeichnet sich auch dadurch aus, dass beide Partner sich auf den andern verlassen können, dass sie wissen, mit dem Herzen, dass sie gut aufgehoben sind. Beide Partner sind offen und ehrlich zueinander, es gibt keine Geheimnisse voreinander. Man schätzt sich gegenseitig und weiss, was man an seinem Partner hat.

Wenn aber in einer Beziehung das Element Hörigkeit mitspielt, sieht es ganz anders aus. Hörigkeit hat immer mit Macht, und zwar der persönlichen Macht zu tun. Diese wird ausgespielt, um den anderen zu beherrschen, um ihn dienen zu lassen.

Bereits hier seht Ihr, dass eine Partnerschaft zwei Personen auf gleicher Ebene sieht. Eine Beziehung, in welcher ein Partner in Hörigkeit lebt, weist ein mehr oder weniger grosses Gefälle zu dieser Person auf.

Hörigkeit kennt sehr viele Formen, die meisten davon treten nicht offen zu Tage, sie sind versteckt. Wir möchten Euch einige Formen aufzeigen, damit Ihr auch in Eurer Beziehung nach solchen Formen Ausschau halten könnt.

Eine der meist verbreitetsten Formen der Hörigkeit ist die sexuelle Abhängigkeit. Hier geht es darum, dass ein Partner seine Sexualität benutzt, um den Partner zu beherrschen. Diese wird als regelrechte Waffe eingesetzt; die Sexualität wird völlig degradiert zu einer animalischen Triebbefriedigung. Das ganze wird nach dem Spiel gespielt: "Wenn Du nicht das tust, was ich will, dann entziehe ich mich Dir!"

Eine andere Form der Abhängigkeit ist die Stellung in der Arbeit. Hier versucht ein Partner den andern davon zu überzeugen, dass er die viel wichtigere Aufgabe hat. Das führt dazu, dass die ganze Beziehung nur auf der Macht: "wichtige Arbeit" aufgebaut ist und diese sich so auf das ganze Leben in der Beziehung ausweitet. Alles wird nun an dieser Messlatte gemessen und zum Schluss gerät ein Partner in die Abhängigkeit.

Eine weitere Form ist die offene Gewalt. Hier versucht ein Partner den andern durch das Androhen oder das Ausüben von offener, körperlicher oder psychischer Gewalt, derart einzuschüchtern, dass dieser alles tut, um einen Gewaltausbruch zu verhindern.

Manchmal wird einem Partner auch dauernd eingeredet, dass er nichts sei und nichts könne. Dies führt dann dazu, dass diese Person schliesslich alles genauso annimmt und gegenüber ihrem Partner dankbar ist, dass sie in seinem Schatten leben darf. Hier entsteht dann ein Verhältnis wie zwischen Herr und Hund.

Nun stellen sich wahrscheinlich einige von Euch die Frage, warum sich das denn so viele Menschen überhaupt gefallen lassen. Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, weil hinter einer Hörigkeit in den allermeisten Fällen karmische Verknüpfungen stehen. Einfach ausgedrückt lässt sich sagen, dass eine derartige Abhängigkeit meistens eine verpasste Chance ist, eine "alte Sache" aufzulösen. Das Gegenteil ist nämlich eingetreten, diese "alte Sache" wird noch mehr zementiert, und zwar dadurch, dass sie nochmals, vielleicht sogar in verstärkter Form, gelebt wird.

Solche Hörigkeiten müssen nicht so offen zu Tage treten wie in den oben genannten Beispielen. Nein - aber in vielen Beziehungen haben sich in Teilbereichen solche Abhängigkeiten eingeschlichen. Diese gilt es zu entdecken und zu bekämpfen. Ihr werdet Euch fragen, wie Ihr das tun sollt. Der Weg dazu ist einfach, die Hilfsmittel habt Ihr alle in Euren Händen - Ihr müsst es nur tun. Das Zauberwort - wir verwenden diesen Begriff nicht sehr gerne, aber hier ist er wirklich angebracht - heisst in diesem und in andern Fällen: die Beziehung pflegen!

Jede Beziehung muss gepflegt werden. Es wäre vermessen zu glauben, dass das Feuer der Liebe in einer Beziehung immer brennt, auch wenn es nicht mehr genährt wird. Die anfängliche Verliebtheit geht leider oft allzuschnell verloren, sie lässt sich ersticken von Terminen und anderen "sehr wichtigen Sachen". Die Pflege der Beziehung gerät immer mehr ans Ende der Prioritätenliste und plötzlich stellt Ihr erstaunt fest, dass es gar nichts mehr zu pflegen gibt, weil sich Eure Beziehung aufgelöst hat und zu einer Zweckgemeinschaft geworden ist.

Wir möchten Euch nun einige praktische Tipps geben, wie Ihr Eure Beziehung pflegen könnt, wie Ihr das Feuer der Verliebtheit immer wieder hell auflodern lassen könnt. Im folgenden sprechen wir nur noch von Partner, meinen aber hierbei sowohl Partnerin als auch Partner.

Nehmt Euch immer wieder Zeit füreinander und lasst Euch nicht von Terminen, Verpflichtungen für andere "auffressen", sondern gönnt Euch immer wieder, wenn möglich alle Tage, einige Augenblicke, die nur Euch gehören. Dies ist sehr wichtig, denn so wird die Verbindung zwischen Euch dauernd neu aufgebaut, mit andern Worten, sie wird gepflegt.

Versinkt nicht im Alltagstrott und lasst Eurer Beziehung nicht freien Lauf. Sonst treibt sie in die Richtung, die von aussen her eingegeben wird.

Spürt immer wieder, was Ihr an Eurem Partner habt; freut Euch mit Ihm und lasst Ihn auch an Eurer Freude teilhaben.

Setzt Euch immer wieder zusammen und sprecht miteinander, lasst nicht zu, dass Ihr Euch vormacht, Ihr wisset genau, wie Euer Partner auf eine Situation reagiert, und daher bräuchtet Ihr ja gar nicht mehr zu fragen. Sprecht miteinander und vertraut einander.

Nehmt Euch immer wieder Zeit, miteinander etwas Besonderes zu unternehmen. Organisiert Euch so, dass es möglich ist, hin und wieder einmal, am Abend, ganz gemütlich zu zweit bei Kerzenlicht Euer Lieblingsmenu zu essen. Lasst hier auch "alte Erinnerungen" aufkommen.

Lasst nicht immer die Vernunft abwägen, ob Ihr dieses oder jenes tun sollt. Unternehmt einmal etwas zusammen, was nicht unbedingt vernünftig ist - aber sehr viel Freude und Spass bereitet. Dies hilft mit, die Flamme der Verliebtheit hell auflodern zu lassen.

Es ist sehr wichtig, dass Ihr ein bis zwei Mal pro Jahr einige Tage nur für Euch habt - ohne Kinder und ohne verwandtschaftliche, geschäftliche.... Verpflichtungen. Diese längere Zeitspanne zu zweit hilft Euch, wieder zu erkennen, welch wertvollen Menschen Ihr an Eurer Seite habt. Viele werden sagen, das geht gar nicht, wir können das nicht organisieren. Dies ist aber eine Ausrede, denn es ist immer möglich, sich diese gemeinsame Zeit zu verschaffen. Wenn ein anderer, sogenannt dringender Grund (Geschäft, Verwandtschaft...) vorliegt, dann geht es nämlich auch. Versinkt hier nicht im Alltagstrott - es braucht Euren Willen und ein wenig Einfallsreichtum, dann ist die oft zu spürende "Bequemlichkeit" zu überwinden.

Werdet in Eurer Beziehung nicht bequem. Weil etwas so ist, wie es ist, muss es lange nicht auch immer so bleiben. Verändert auch in Eurer Beziehung oder bei Euch selbst immer wieder gewisse Dinge. Dies macht das Leben zu zweit interessant und hilft mit, eine gewisse Spannung zu erhalten.

Habt Vertrauen zueinander und sagt und zeigt dies auch. Es tut immer gut, seinem Partner ganz offensichtlich zu zeigen oder zu sagen, dass man sich freut - auch nach zwanzig Jahren - mit ihm zusammen zu sein. Vielleicht können hier auch Blumen mithelfen, dies immer wieder zu sagen (Nicht nur an besonderen Festen, sondern einfach so).