den Menschen, die ihn betrogen haben. An manchen
Tagen soll Dobocz seine Frau in der Felsenwohnung
bei Polansko besuchen, die dorthin gleichfalls von der
eifersüchtigen Bäuerin verzaubert sind. Dann sollen
die Bergbewohner dort Musik und Gesang gehört und
Licht in der Nacht und viele Männer und Frauen und
unter ihnen den schönen Dobocz gesehen haben.2
Eine ähnliche Entwickelung hat die Mythe auch im
Persischen, dort glaubt man daß der göttliche Sam
nicht todt sei, sondern bloß schlafe, und zur Zeit der
Todtenauferstehung erwachen und wiederkommen
werde, um die Geschöpfe Ahrimans zu vertilgen und
das Reich des Çaosiosch wiederherzustellen.3
Fußnoten
1 A. Mickiewicz dei canti popol. illirici. pg. 55.
2 Mitgetheilt von Fr. Langenhahn.
3 Zeitschrift für die deutsche morgenl. Gesellschaft.
III, 247.
6. Der Berg Blanik.
Nordöstlich vom Markte Launiowitz im Taborer
Kreise erhebt sich der große Blanik, der durch seine
Sagen im ganzen Lande berühmt ist. Westlich in einiger
Entfernung fließt das Flüßchen Blanitz. Auf dem
Berge sind noch Wälle sichtbar, die blos aus zusammengehäuften
Steinen bestehen. Sie sollen während
der Husitenkriege errichtet worden sein. Wenn der
Blanik bei heiterem Wetter mit Wolken umhüllt ist,
so bedeutet das Regen. Im Innern dieses Berges sind
ungeheuere Säle, deren Wände durchaus von Bergkristall
gebildet sind. In diesen Sälen schläft König
Wenzel mit der auserlesenen Schaar seiner Ritter. Jedesmal
um Mitternacht öffnet sich der Berg und der
heilige König reitet mit seinen Rittern heraus auf die
Ebene und hält Kampfübungen mit ihnen. Ihre Pferde
stehen immer gesattelt an den Krippen. Einst aber
wird Böhmen in große Not kommen. Von allen Seiten
werden die Feinde ins Land einbrechen und plündernd
und mordend durch dasselbe ziehen. Die Hauptstadt
wird der Erde gleich gemacht, so daß man schwer den
Ort finden wird, an dem sie gestanden ist, und durch
das Schwert der Feinde wird die Zahl der Bewohner
täglich schwinden und nur so viel übrig bleiben, als
unter der Blaue eines Fuhrmannswagens Schutz fin-
den werden. Wenn aber der Fuhrmann an der Stelle
vorbeifährt, wo jetzt der Altstädter Ring liegt, so wird
er mit der Peitsche knallen und traurig ausrufen: Hier
stand einst die schöne große Stadt Prag.
Wenn es aber den Böhmen so schlecht ergangen
ist, dann werden die dürren Bäume, die jetzt am Ufer
der Blanitz stehen, wieder ausschlagen und Blüthen
treiben. Und der Berg wird sich öffnen und König
Wenzel, auf einem Schimmel reitend und die Reichsfahne
in der Hand, wird mit der heiligen Schaar hervorkommen
und den Feinden eine blutige Schlacht
liefern. Der Teich, der jetzt ausgetrocknet am Fuße
des Blanik liegt, wird sich mit dem Blute der Erschlagenen
füllen. Die Ritter des Königs Wenzel aber werden
die Feinde über die Gränzen des Landes jagen
und dann eingehen zum ewigen Frieden. Die noch lebenden
Böhmen werden sich sammeln und eine neue
Zeit wird hereinbrechen, und das Land glücklich sein.
Aus dem Berge Blanik sickert eine Quelle, deren
Farbe und Geruch dem der Mistjauche ähnlich ist. Sie
rührt von den Pferden her, die im Berge gesattelt an
den Felsenwänden stehen. Zu Balbin's Zeiten1 stand
unweit des Berges ein großer Wald, der stets vom
Gipfel herab verdorrte. Wir wollen nun die einzelnen
Sagen von diesem Berge erzählen.
Es war in einer mondhellen Frühlingsnacht, als die
Bürger von Jung-Wošitz um Mitternacht durch ein
wunderbares Getöse aus dem Schlafe geweckt wurden.
Aus dem Felsenthale des Blanik erscholl Trommelschall
und Waffengeklirr und deutlich vernahm
man das Getrappel von Pferdehufen. Die Bürger griffen
bestürzt zu den Waffen und eilten hinaus, um dem
Feinde zu begegnen. Wie sehr erstaunten sie aber, als
sie draußen auf dem Anger eine Schaar herrlich geschmückter
Ritter erblickten, welche sich beim Mondenlicht
in ritterlichen Spielen übten. Ihre Bewegungen
waren so leicht und schnell, daß das Auge ihnen
kaum folgen konnte. Endlich erscholl eine Pauke und
augenblicklich ordneten sich die Reiter und verschwanden
im Berge, der sich krachend hinter ihnen
schloß.
Als sich die Kunde von dieser wunderbaren Begebenheit
verbreitete, setzten die Bürger einen Preis für
denjenigen aus, der es wagen würde, die Schluchten
des Blanik zu untersuchen und Nachricht von den gespenstigen
Reitern zu bringen. Drei Jahre vergingen,
bis endlich ein kühner Mann, Zdenko von Zasmuk
das Abenteuer bestehen wollte. Als Zdenko zum
Berge Blanik kam, stand dieser offen und Zdenko ritt
auf seinem Pferde in die Höhle hinein, deren Wände
krachend hinter ihm zusammenschlugen. Wie er weiter
ritt, kam er zu einem großen domartigen Gewölbe,
das völlig erleuchtet war. Hier schliefen auf steiner-
nen Bänken die Ritter des Berges, die jetzt in schöne
Greise mit langen weißen Bärten verwandelt waren.
Abseits standen ihre schneeweißen Pferde an Säulen
angebunden und völlig gesattelt. In diesem Augenblicke
stieß Zdenko zufällig an einen Speer, dessen
Fall weit im Saale wiederhallte. Von dem Geräusche
erweckt richteten sich die Krieger empor und fragten,
ob es schon Zeit sei. Zdenko aber trat näher zu ihnen
und sagte ihnen, weshalb er gekommen sei; wenn sie
seiner zu ihrer Erlösung bedürften, so sei er bereit
dazu. Da erhob sich der prächtigste Ritter, welcher
der Anführer schien, und sprach: »Ich bin Ulrich von
Rosenberg und dies sind meine Genossen, die mit mir
im Kampfe gegen Žižka bei Vertheidigung der Burg
Litic rühmlich gefallen sind. Allein Gott hat uns nicht
gestattet in sein Paradies einzugehen, sondern uns
diesen Ort zum Aufenthalt angewiesen, bis Böhmen
in seiner größten Noth sein wird. Dann werden wir
hervorbrechen und dem Lande Glück und Frieden
bringen. Das verkündige dem Volke!« Nach diesen
Worten sank der Ritter wieder in tiefen Schlaf zurück
und mit ihm die andern. Zdenko aber kam wohlbehalten
aus dem Berge.
Noch immer harrt das Volk der Wiederkehr der
Ritter. Wenn aber ihre Zeit gekommen sein wird, so
wird sie Žižkas Trommel wecken und zu gleicher Zeit
wird Přemissls Haselbaum anfangen zu blühen und
wenn es auch Winter wäre.
Ein Hirte weidete einst seine Schafe am Fuße des
Blanikberges. Mit jedem Tage vermißte er ein Schaf
aus seiner Heerde; da beschloß er, die verlorenen
Schafe aufzusuchen. Er kam auch wirklich zu einer
Höle, die in den Berg führte und als er hineintrat,
hörte er das Blöcken eines Schafes, das sich eben
wieder hineinverirrt hatte, aber er konnte es nicht finden.
Schon wollte er unverrichteter Dinge zurückkehren,
da schloß sich vor ihm der Berg mit großem Krachen.
Wie er nun ganz bestürzt dastand und in der
Finsterniß nicht weiter konnte, da kam ein Zwerg zu
ihm, der führte ihn in einen großen Saal. Dort sah er
den König Wenzel mit seinen Rittern im tiefsten
Schlafe. Als er aber eintrat, erwachte der König und
gab ihm den Befehl, im Berge zu bleiben und die Rüstungen
zu putzen. Der Hirte befolgte den Befehl und
blieb in dem Berge. Eines Tages nun kam der Ritter
zu ihm und sagte, er könne nun gehen. Zugleich übergab
er ihm einen Sack, und sagte, darin wäre sein
Lohn. Der Hirte eilte freudig aus dem Berge. Wie er
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