gekommen dich zu verklagen.« Darauf antwortete der
Junge: »Ich mag hier nicht bleiben, ich will fort.
Wenns dir recht ist, gib mir ein Pferd und Geld, ich
mag nicht hier bleiben, ich will fort und mich mit irgendeinem
Ringkämpfer messen.« Der Zar aber sagte:
»Sprich nicht davon, daß du fort willst, und schlag
kein Vieh mehr tot«; damit ließ er ihn wieder in die
Schule gehen. Die Schulkinder aber riefen ihm nach:
»Namenlos, Namenlos«, weil er keinen Namen hatte.
Als sie dann aus der Schule kamen, ging der Junge zu
seiner Mutter und sagte: »Ich habe keinen Namen; ich
will fort von hier.« Die Mutter antwortete: »Wenn du
gerne einen Namen willst, so wollen wir dir einen
geben«, und sagte zum Zaren: »Das Kind will einen
Namen haben. Den Apfel, den du gegessen hast, hat
mir ein Alter gegeben und mir gesagt: wenn du mich
zum Gevatter nimmst, schenke ich dir ein Kind.« Darauf
sagte der Zar: »Mag sein, aber wo sollen wir ihn
finden?« – »Er geht jeden Tag an unserm Hause vor-
bei?« – Darauf sagte der Zar: »Halt ihn an, wenn er
vorbeikommt.« Am Abend schoß man mit Kanonen,
da der Zarensohn einen Namen bekommen sollte, und
der Zar hatte Gäste dazu eingeladen. Die Zarin aber
hielt den Alten an, und am nächsten Morgen waren
alle Zimmer voll Leute, auch der Alte war dort und
sagte zum Zaren: »Mach ein Zimmer ganz leer!« Das
geschah, der Alte ging in das Zimmer und sagte:
»Bringt mir das Kind, wie es die Mutter geboren hat.«
Da brachten sie ihm das Kind ganz nackt, er aber
kleidete es in goldne Gewänder, stach ihm ein spitzes
Messer ins rechte Bein und gab ihm den Namen
»Messerprinz«. Als die Leute ihn so in Gold gekleidet
sahen, gerieten sie ganz außer sich, und der Alte
selbst auch; der aber ging davon.
Der Zar schickte nun seinen Sohn wieder in die
Schule; der aber prügelte sich mit den Kindern; sie
klagten es dem Zaren, und er verbot es ihm. Aber es
war einmal von Gott so in den Jungen gelegt, er konnte
es nicht aushalten und sagte zu seinem Vater: »Ich
kann hier nicht stillsitzen, gebt mir ein Pferd und
einen Quersack voll Geld, ich will fort.« Da gab ihm
der Zar, was er wünschte. Der Junge zog fort und kam
an ein Gebirge. Da begegnete ihm einer, der vom Gebirge
herabkam und, während er so ging, mit dem Fuß
ausholte und die Buchen umstürzte. Messerprinz
sagte zu ihm: »Wer bist du?« – »Ich bin ein Mensch,
und du?« – »Ich bin auch ein Mensch; und du, wohin
gehst du?« – Der antwortete: »Ich gehe zu einem Zarensohn,
der Messerprinz heißt, und will mit ihm ringen.
« Messerprinz sagte darauf: »Komm, versuch es
erst einmal mit mir!« Der andre sagte ja, und sie rangen
drei Tage und drei Nächte, aber keiner kam zu
Fall. Da sagte Messerprinz: »Komm, laß uns Brüderschaft
machen!« Der andere war einverstanden, und
Messerprinz fragte ihn: »Was für eine Heldenkraft
hast du?« Der antwortete: »Ich weiß alles, was es auf
der Welt gibt; und was hast du für eine?« – »Ich habe
im rechten Bein ein Messer; wenn mir das ein andrer
herauszieht, muß ich sterben; wenn ich es aber selbst
herausziehe, sterbe ich nicht; wenn ich das Messer
schleudere, kann mir nichts widerstehen.« Da schlossen
die beiden Brüderschaft.
Sie gingen nun weiter und kamen wieder an einen
Berg; da sahen sie einen herabkommen und fragten
ihn: »Was bist du?« – »Ich bin ein Mensch,« antwortete
der, »und was seid ihr?« – »Wir sind auch Menschen.
Und du, wohin gehst du?« – Der sagte: »Ich
gehe und will mit Messerprinz ringen.« – »Komm,
versuch es erst einmal mit mir!« Da rangen sie drei
Tage und drei Nächte, und keiner kam zu Fall. Darauf
sagte Messerprinz zu ihm: »Komm, laß uns drei Brüderschaft
schließen!« Der war einverstanden, und
Messerprinz fragte ihn: »Was für eine Heldenkraft
hast du?« Er antwortete: »Ich kann mitten durchs
Meer einen Weg bahnen; und was für eine hast
du?« – »Ich habe im rechten Bein ein Messer; zieht
mir das ein andrer heraus, so muß ich sterben; wenn
ich es aber selbst herausziehe, sterbe ich nicht, und
wenn ich es schleudere, kann nichts mir widerstehen.«
Da schlossen die drei Brüderschaft.
Der eine, der alles auf der Welt wußte, sagte zu
dem Prinzen: »An dem und dem Ort ist ein Feuer;
darüber versuchen Helden zu springen, aber keiner
kommt hinüber; wer hinüberspringt, der bekommt des
Zaren Tochter.« Messerprinz antwortete: »Kommt,
laß uns dahin gehen!« Dort fragte er die Springer: »Ist
es auch uns erlaubt, zu springen?« Sie antworteten:
»Ja wohl, warum nicht? Wer kann, darf springen.« Da
sprang Messerprinz über das Feuer, und sie gaben
ihm die Zarentochter. Er aber sagte: »Sie soll mir eine
Schwester sein in dieser und in jener Welt; wenn ihr
mir sie für meinen älteren Bruder da geben wollt, will
ich sie nehmen; sonst mag sie hier bleiben.« Man gab
sie ihm, Messerprinz aber richtete diesem seinem
Bruder ein Haus zur Wohnung ein, gab ihm eins von
seinen Haaren und sagte: »Wenn Blut aus diesem
Haar fließt, wisse, daß ich tot bin.«
Darauf gingen er und der jüngere Bruder weiter
und sahen an einer Stelle, wie Leute versuchten, über
einen Fluß zu springen; und wer hinüberkäme, der
solle die Tochter des Zaren bekommen. Da nahm
Messerprinz einen Esel, lud ihn auf die Schulter und
sprang über den Fluß. Sie wollten ihm nun die Zarentochter
geben; er aber sagte: »Sie soll mir eine Schwester
sein in dieser und jener Welt; wenn ihr sie mir für
meinen Bruder geben wollt, will ich sie nehmen.« Das
taten sie; er richtete diesem Bruder ein Wohnhaus ein
wie dem andern, gab ihm auch ein Haar und zog weiter.
An einer Stelle teilte sich der Weg; dort war ein
Stein mit einer Inschrift. Messerprinz las sie: »Wer
diesen Weg geht, kehrt zurück, wer den da, kehrt
nicht zurück.« Da sagte er: »Ah! Daran wird man erkennen,
daß ich ein tapfrer Held bin; ich will den
Weg gehen, wo man nicht zurückkommt.« Das tat er,
und unterwegs traf er auf drei Lamien, schleuderte
seine Keule und erschlug sie alle drei. Beim Weitergehen
traf er noch weitere sechs; da dachte er: »Wenn
ich mit der Keule werfe, treffe ich sie vielleicht nicht;
ich will lieber mit dem Messer werfen.« Aber dann
meinte er doch: »Nein, ich will nicht mit dem Messer
werfen, sondern lieber mit der Keule.« Das tat er und
erschlug alle sechs. Als er weiter ging, traf er wieder
eine Lamia. Die war so hoch wie drei Minarete zusammen;
da sprach er bei sich: »Werfe ich so, daß ich
ihre Füße treffe, so fällt sie auf mich und erschlägt
mich«; darum warf er so, daß er sie am Kopfe traf; sie
fiel, und er ging hin und machte ihr mit dem Messer
den Garaus. An demselben Ort war ein Palast mit
fünfzig Zimmern; darin befand sich ein Mädchen; er
stieg zu den Zimmern hinauf, fand neunundvierzig
offen und eins verschlossen; an dieses stieß er mit
dem Fuße und öffnete es; darin fand er das Mädchen.
Sie war zugedeckt; er deckte sie auf und sagte: »Steh
auf!« Sie aber rief: »Lauf fort, die Lamia wird dich
auffressen.« Er erwiderte: »Ich habe die Lamia erschlagen.
« – »Nein, wie sollst du die Lamia erschlagen
können?« – »Steh auf, dann kannst du's sehen!«
Und als sie dahin gingen, sah sie, daß die Lamia
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