1 ...7 8 9 11 12 13 ...33 Für einige Sekunden drängte sich gedämpftes quietschen von Schuhsohlen in den Vordergrund.
»Doktor Pieter McSpleen hier. … was wollen Sie von Heiler MaccMinn?«, er hörte sich angespannt an. »Einen Moment! …«, zu dem Moment , schaute McSpleen auf die Wehenkurve. Ihm blieben bis zur nächsten Wehe vier Minuten. Gemächlichen Schrittes verließ er die Geburtszelle.
»So jetzt können wir reden, aber fassen Sie sich kurz, ich muss vor der nächsten Wehe wieder bei der Gebärenden sein.«
Delune räusperte sich. »Doktor!, ich brauche MaccMinn sofort als Captain auf der Brücke.«
Die Forderung entlockte McSpleen ein gekünsteltes Lachen. Gleichlaufend stoppte das gedämpfte Quietschen. Er stand vorm Getränkeautomaten, der steht an der Wand zwischen zwei Geburtszellen. Der Getränke Wunsch folgte.
»Negativ Captain. Der Maccister entbindet eine echte Gebärende«, klappernde Glasflaschen übertönten McSpleen's Antwort. Es plätscherte. »In frühestens dreißig Minuten kann er bei ihnen auf der Brücke sein.«
»Haben Sie mich nicht verstanden«, Delune sprang vom Sessel auf, »Ich brauche ihn sofort. Das ist ein Befehl«, schrie er ins Nichts.
McSpleen entnahm geräuschvoll die zwei Mineralwasser Flaschen. »Zuerst kommen das zarte Leben und die Mutter dran«, er sprach es im behäbigen Tempo, »Sobald die beiden versorgt sind, geht der Maccister duschen. Einen Happen essen will er sicher auch. Dann kommen Sie dran.«
Das Sprechtempo brachte Delune zur Weißglut. »Das ist Befehlsverweigerung Doktor!«
Der gereizte Tonfall entlockte McSpleen ein Glucksen. »Wir sind dem Leben verpflichtet, alles andere kann warten. Ende!«
* * *
Visitor alpha U P.
Pogna cor–Depot.
(Eine halbe Stunde nach Delune's Hilfe ersuchen.)
Im Umkleideraum betrachtete sich Captain Lennard Minn von allen Seiten im Ankleidespiegel. Die Kampfkleidung ist exakt auf seine kernige Statur zugeschnitten. Ein anerkennender Pfiff lobte das Ebenbild.
Es ist eine Ewigkeit her, dass er die Kleidung eines Shumerer Freiheitskämpfers am Leib trug.
Die vom feindlichen U P C sagen dazu: Pikten, der Name bezieht sich auf die Bemalung der Kämpfer.
In Minn's Augen glänzten Stolz und Faszination. Die welligen bis zu den kräftigen Schultern reichenden, kupferrot leuchtenden Haare sind denen eines Feuermagiers ebenbürtig. Sie lagen auf einer hellgrau gesprenkelten Kukulle – Übergewand. Vom Schnitt her ähnelt es einem voluminösen und in vielen Falten gelegten Mantel. Trotz des massigen Volumens ist sie ultraleicht, und die körpernahen und anschmiegsamen Ärmel lassen den Träger jede erforderliche Bewegungsfreiheit.
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(Zur vollständigen Ausstattung eines Shumerer Freiheitskämpfers gehört unter anderem auch eine bodenlange, faltige und weit ausladende graue Kukulle mit wuchtiger Kapuze.
Die bunt gemixte ledrige Substantiv ist in Wahrheit: lebendige Nochos Materie. Sie bieten vor jedem Wetter Schutz. Und schmeißt man "das Leder" über ein bodennahes Seil, wird sie zum Unterstand für vier Personen.
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Im Kampfeinsatz trägt der Freiheitskämpfer – Pikte – unter der Kukulle ein "Hemd" das bis zur Mitte der Oberschenkel reicht und ein Belted Plaid.
Das nach gewebten Leinen aussehende Hemd besteht aus unzähligen Elos, das sind Kleinstlebewesen, die haben im Zusammenschluss ebendieses Aussehen.
Um die Hüften wogt ein Belted Plaid – umgangssprachlich "Kilt" genannt. Die Falten sind fixiert, an der Innenseite sind Bänder zum Ziehen eingearbeitet. Ein Gürtel auf der Außenseite gibt zusätzlich Halt. Die oberen Enden, sie hängen übern Po, werden rückseitig – links- und rechtsseitig – hinter den Stoff gesteckt. Der eine Zipfel vom gemittelten Stoff-Hinterteil wird über die Schulter gezogen. Der andere Zipfel wird zuerst nach vorn, dann zur gegenüberliegenden Schulter gezogen. Die beiden Zipfel werden vorn übereinandergelegt und mit einer Spange oder Schnur fixiert.
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Ein gefalteter "Kilt", besteht aus acht Meter Nochos Materie. Die Tragelänge (vom unteren Rand) reicht im getragenen Zustand bei den Shumerer Kilt stets eine Handbreit unters Knie.
Es sei noch erwähnt: Der zuvor beschriebene Belted Plaid ist eine Erfindung der Ur-Shumerer vom Freien Nord Preton. Gedanklich befinden wir uns in der dritten Terraforming der Erde. Das entspricht, umgerechnet in dieses Zeitsystem, 9 Millionen Jahre vor dem irdischen Jahr Null.
Ebenso lange gibt es den normalen Shumerer Kilt für Fest und Alltag. Das Material ist hierbei gewebter Wollstoff. Sie haben die Farben des Shumerer Clans Plus deren Wappen.
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Echte Pikten, wie Captain Minn, haben im Gesicht und den Händen dunkelblaue Zeichen und Symbole für Frieden aufgemalt. Zudem sind auf der Kampfkleidung, in der jeweiligen Landessprache, mit weißen Schriftzügen die Koordinaten aufgebracht, wo die verängstigten U P C Sklaven medizinische Hilfe sowie Essen bekommen.)
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Ein Gedankenfaden genügte und die Kukulle schwebte zu Minn.
Unter der Kukulle trägt er einen dunkelgrauen Standard Overall der echten Brückencrew.
Über den Lippen lag ein Summen. Er wechselte die Tonfolge und stieg barfüßig in die bereitstehenden "Stiefel" – die Edos. Die Geschwätzigen lederartigen Lebewesen umspannen seine Füße und Waden wie Stiefelschafte. Die Fußsohlen, sie hafteten jetzt an den Edos', bestanden aus denselben Steinen wie die Klingen der Rundschwerter. Sobald sie Minn's Hautwärme fühlten, entsprang denen ein aufgewecktes Schwatzen. Für Außenstehende hört es sich allerdings wie unstimmige rostige Glöckchen an.
Minn ist mental mit dem nach schwarzen Lederstiefeln aussehenden verschmolzen. Zur Kommunikation benutzt er jene krächzenden, schräg klingenden summ Töne.
Für einen lauen Moment hielt Minn die Zeit um sich herum an und schwatzte mit ihnen. Hernach nahm er das Pogna cor – Rundschwert – aus der Wandhalterung. Was er in den Händen hielt, war nicht das künstliche klobige Ding, das er zu Übungszwecken benutzt. Oh nein! Das hier war ein Echtes! Die Kampfkünstler, zu denen zählt anscheinend auch Captain Minn, bezeichnen das Pogna cor als Herz des Kampfes.
Wie das lebendige Prachtstück eines Valpas Swa – eines Kampfkunstmeisters in seinem Besitz – eines Freiheitskämpfers gelangt ist, kann er nicht sagen.
Fakt ist: Für den anstehenden Brücken Einsatz, hatte er einen Plan geschmiedet, bei dem er es Krachen lassen will. Im Vorfeld wollte er aus dem Depot ein Übungs-Pogna cor leihen.
Der zuständige Offizier jedoch teilte ihm mit, das sein Pogna cor im Tresorraum eingelagert ist.
Minn bezweifelte es. Allerdings ein routinemäßig vor der Eingangschleuse gemachter Scan bestätigte die Aussage vom Offizier.
Mit unsicheren Füßen schritt Minn durch den Zweiten Scanner, in Gedanken hörte er schon den Eindringlingsalarm. …
Zu seiner Überraschung ertönte das Einlass Jingle und er bekam den Verwahrungsort genannt.
In Kammer 8 standen 5 Reihen mit je 10 Safes mit der Größe von geräumigen Kleiderschränken. Vor der Nummer 12 blieb er stehen. Neben seinen kompletten Kampfkleidungen verharrte an der tiefgekühlten mittel Wand, unter einer dicken Schneeschicht, das Übungsteil. Dachte er, bis sich der Schnee unter den Händen bewegte. Er hielt es für Einbildung und griff zu, die davon ausgehende mentale Kraft war überwältigend, ihm nahm es fast den Atem.
Die freigesetzte Energie verdampfte augenblicklich den zum Kälteschlaf aufgebrachten Schnee. Vor ihm hing tatsächlich ein echtes Pogna cor, es war ein Prachtstück. Dass, wie er an der sphärischen Signatur fühlte, zu ihm gehört.
Er begutachtete es: Am Handschutz sowie an der Klinge sind diverse Kampfspuren. Und das, obwohl die Rundklinge aus unzerstörbarem Stein besteht. Dem auch nur einen Kratzer zu verpassen bedurfte es Psi-Kräfte, die man nur mit solchen abwehren kann.
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