"Durch Entwicklung in hunderten von Jahren." erklärte Kela. "Auch diese Stadt ist schon sehr alt. Sie wurde von unseren Vorfahren gebaut. Viele von ihnen hielten sich nur noch in den Gebäuden auf und entwickelten sich weiter, so dass sie mehr Sauerstoff brauchten. Wie ihr Menschen."
"Wie sind denn die hierhergekommen?" wollte Benny wissen.
"Ihre Vorfahren sind größtenteils wie ihr vor dem Ertrinken gerettet worden." sagte Kela. "Die anderen kamen freiwillig zu uns. Und alle sind glücklich. Sie wollen nicht mehr weg von hier."
"Aha." entfuhr es Benny. "Was ist denn so Besonderes in eurer Stadt?"
"Wir verfügen nicht über eine Wirtschaft wie ihr." erklärte Kela. "Natürlich haben wir viele Wesen, die arbeiten, aber sie bekommen keinen Lohn, wie das bei euch der Fall ist. Viele arbeiten in Schichten, aber das kümmert sie nicht. Tatsache ist, dass wir keine Art Zahlungsmittel benutzen. Auch unsere Stadt wird weiter ausgebaut, weil wir immer mehr werden."
"Wie hat sich eure Rasse denn entwickelt?" fragte Niki.
"Es hat viele tausend Jahre gedauert, bevor aus den seelenlosen Pflanzen intelligentes Leben wurde." berichtete Kela. "Wir haben uns aus einer Pflanzenart entwickelt, die euch unbekannt ist, denn sie wächst ohne jede Sonne sehr tief am Boden. Im Lauf der Jahrtausende hat sich daraus intelligentes Leben entwickelt. Das Ergebnis sind wir."
"Ihr seid eigentlich ganz lustig." meinte Niki.
"Findest du?" gab Kela zurück.
"Aber ja." sagte der Junge. "Ich hab schon mit ein paar Kindern von euch gespielt."
Kela musste lachen, denn sie hatte Niki ja zugeschaut, als er mit einigen Pflanzenkindern gespielt hatte. Benny hatte ihr ja erzählt, dass der Kleine mühelos alle Herzen erobern konnte.
Benny erinnerte sich wieder an das Abenteuer mit den Hitmons. Schon damals hatte der Junge alle Herzen erobert, bis er entführt wurde und sämtliche Hitmons sich zusammentaten, um ihn zu befreien.
Jetzt standen die beiden da und Niki fragte:
"Wann kommt denn der Mann zu uns?"
"Du meinst Kolak?" sagte sein Vater. "So ungefähr in einer Stunde. Solange können wir uns in der Stadt umschauen."
"Au fein, das machen wir." freute sich Niki.
Benny schien damit nicht sehr einverstanden zu sein. Er hatte Angst, dass die Herrscher ihn und seinen Sohn hier für immer festhalten würden.
Benny schaute sich um. Er sah das gewohnte Bild im Schwimmbad, in dem viele Menschen und Pflanzenwesen tummelten und schwammen.
"Weiter hinten ist unser Partyraum." erklärte Kela. "Dort wird fast immer gefeiert. Kommt mit."
Langsam folgten Benny und sein Sohn der Pflanzenfrau. Dabei bestaunten sie noch die Umgebung. Lange dauerte es nicht, als sie am Partyraum angekommen waren. Dort hörten sie etwas ungewöhnliche Musik. Benny hörte das und fragte:
"Habt ihr auch richtige Musik da?"
"Das ist es leider, nein." sagte Kela. "Was uns fehlt, ist Musik, die ihr auch hört. Das würde hier bestimmt besser ankommen. Aber wir wissen nicht, wie wir an sowas rankommen sollen."
"Warum kauft ihr nicht ein paar CD´s oben?" fragte Benny.
"Das würde nichts nützen." antwortete Kela. "Weil wir keine Geräte zum Abspielen haben. Und wir wissen auch nicht, wie wir sowas bekommen."
"Das gibt´s alles bei uns oben." erklärte Benny.
"Wir haben aber kein Geld." erinnerte Kela. "Wir wissen nicht, wie wir das machen sollen."
"Na, vielleicht fällt mir etwas ein." meinte der Promoter. "Was meinst du, Niki?"
Sein Sohn, der bisher geschwiegen hatte, sagte:
"Gehen wir einfach rein. Dann wissen wir mehr."
Kaum hatten die drei den Raum betreten, sahen sie auch schon, woher die Musik kam. Sie wurde live von einer Kapelle gespielt. Aber Benny und Nike war diese Musik völlig unbekannt.
"Was wir bräuchten, ist bessere Musik." erklärte Kela. "Aber woher sollen wir das bekommen ohne Geld."
"Gute Frage." brummte Benny. "Aber gehen wir wieder zurück. Kolak wird bald am vereinbarten Treffpunkt ankommen."
Also gingen die drei wieder zurück. An einer Shuttlehaltestelle erblickten sie Kolak. Der sprach gleich los:
"Ich war gerade bei den Herrschern und habe ihnen von euch erzählt."
"Wo sind denn Ihre Kinder?" fragte Benny.
"Bei ihrer Mutter." erklärte Kolak. "Und die warten auf uns bei den Herrschern."
"Was sollen wir da?" fragte Benny.
"Es wird über euch beraten." sagte Kolak. "Und es ist wichtig, dass ihr dabei seid."
Nun schritten sie die Treppe hinab und bestaunten die ganze Umgebung. So etwas hatten sie noch nie gesehen. Obwohl die Welt aus unzähligen Räumen bestand, wirkten diese wesentlich größer, als sie waren. Immer wieder bekamen sie zahllose Pflanzen aller Arten zu sehen. Auch viele Menschen und Pflanzenwesen hielten sich in allen Räumen auf.
"Woher kommt eigentlich das ganze Licht?" fragte Benny.
"Es ist nichts weiter als eine algenartige Formation, die ihre eigene Leuchtkraft besitzt." erklärte Kolak. "Es entwickelt keine Wärme und die Leuchtkraft ist unendlich."
"Wie kommt es eigentlich, dass ihr unsere Sprache versteht?" wollte der Promoter wissen.
"Es kamen früher immer mehr von den Menschen zu uns." sagte Kolak. "Viele blieben für immer hier und lehrten uns Ihre Sprache."
Nach einem Fußmarsch von einer halben Stunde hatten sie die Festung der Herrscher erreicht. Es befand sich offenbar im Mittelpunkt der ganzen unterirdischen Welt. Eigentlich wäre es besser gewesen, ein Shuttle zu benutzen, doch Benny und Niki wollten noch viel von der Welt sehen.
Eine große goldbeschlagene Tür öffnete sich, indem sie zur Seite hin links aufging. Die Besucher traten ein und schon standen sie vor einem großen Podest. Ein riesiges thronähnliches Gebilde stand in der Mitte, auf dem zwei eindrucksvolle Gestalten saßen. Mann und Frau, gekleidet wie ein Königspaar um die vorletzte Jahrtausendwende. Allerdings fehlten die Kronen. Der Mann stand auf und näherte sich Benny und seinem Sohn.
„Willkommen.“ sagte er mit ruhiger Stimme. „Man hat uns bereits informiert. Ich bin Mikel, Herr dieser Welt.“ Er deutete auf die Frau neben ihm.
„Meine Gemahlin Jelina.“
„Ich heiße Benny.“ stellte sich der Unternehmer vor und nahm sein Kind in die Arme.
„Mein Sohn Dominik.“ ergänzte er.
„Der Hohe Rat wird in einer Stunde speisen.“ sagte Kolak. „Vielleicht wollt ihr dabei sein. Es wird auch über euch beraten.“
„Warum denn das?“ wollte Niki wissen.
„Ihr seid aus einer anderen Welt.“ erklärte Kolak. „Wie es jetzt mit euch weitergeht, soll noch entschieden werden. Bis dahin schaut euch noch ein bisschen um.“
„Ihr sollt an diesem Mahl teilnehmen.“ bestimmte Mikel. „Schließlich wollen wir euch den Aufenthalt hier so angenehm wie möglich machen.“
Benny wurde hellhörig. Das konnte nur bedeuten, dass man sie hier gefangen nehmen wollte, aber er sagte nichts.
„Ich nehme an, das Heilige Kind möchte euch auch kennen lernen.“ meinte Kolak.
„Das Heilige Kind?“ fragte Benny verwundert.
„Es wird deshalb so genannt, weil es vor einem Jahr eine große Katastrophe verhindert hatte.“ erklärte Kolak. „Es ist ein Menschenkind namens Janina. Sie ist in unserer Welt sehr beliebt und hat viele Freunde. Es gibt wohl niemanden, dessen Herz sie nicht erobern könnte. Ich glaube fast, dass sie so ist, wie Ihr Sohn. Ich habe es doch an meinen Kindern gesehen.“
Benny lächelte.
„Seitdem wird sie von jedem Bewohner verehrt.“ fuhr Kolak fort. „Und der Hohe Rat hatte beschlossen, dass sie seitdem „Das Heilige Kind“ genannt wird.“
„Und wer ist das Heilige Kind?“ fragte Niki.
„Ich.“ ertönte eine Mädchenstimme hinter ihnen. Sofort drehten sich alle um. Benny und Niki starrten ein kleines, bildschönes Mädchen an, das etwa in Niki´s Alter sein mochte. Ihre Verwunderung war verständlich, denn abgesehen von den dunklen Haaren sah sie Mellie zum Verwechseln ähnlich, was Niki auch bestätigte.
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