Instinktiv drückte Nomi den Schleudersitz.
Ihr wurde schwarz vor Augen.
Mitoffenem Mund
starrte Hajo über die Anhöhe. Ein Bild der Verwüstung breitete sich vor ihm aus. Verstreut auf einer Fläche von vielleicht drei bis fünf Hektar, lagen brennende und rauchende Flugzeugteile. Was ihn aber noch mehr beunruhigte, war die Tatsache, als er bei genauerem Hinschauen feststellte, dass es gar keine Flugzeugteile waren, die da herumlagen.
„Mein Gott ein UFO!“, schrie Hajo auf.
„Heilige Scheiße, was mache ich nur?“ Er versuchte ruhig zu bleiben und stieg vorsichtig über die Kuppe. Als erstes sondierte Hajo die Lage. Es waren fünf große und etliche kleine Wrackteile, die teilweise brannten bzw. rauchten. Hajo sah keine Menschen oder Aliens, oder irgendwelche andere Besatzungsmitglieder der besonderen Art. „Vielleicht wurde dieses Ding, das zusammengefügt wie eine Scheibe aussah, von Robotern gesteuert“, überlegte er. Ein kalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter. „Das mit dem ruhigen und entspannten Wochenende hat sich hiermit erledigt“, stammelte er vor sich hin, als er sich vorsichtig zu den Wrackteilen herantastete. „Wenn schon Roboter, dann wenigstens so ein R2D2 aus Star Wars.“ Wie in Trance kam er etwas näher an das größte Teil heran. Es hatte etwas Cockpitähnliches! Dunkler Rauch stieg empor! Das, was man noch als Inneres bezeichnen konnte, war völlig ausgebrannt. Jetzt stand Hajo, von der Statur her ein Mann, stark wie ein Baum, da und zitterte am ganzen Körper.
In dem Wrackteil befand sich eine verkohlte Leiche. Sie sah aus wie ein Mensch und nicht wie ein Alien in Insektenform.
Hajo wurde schlecht, sehr schlecht! Er hoffte innständig, dass dies alles nur ein Traum war.
Dem war nicht so. Er wachte nicht auf, sondern kotzte sich die Seele aus dem Leib.
Doch ein leises Wimmern ließ ihn aufhorchen. Suchend schweiften seine Blicke umher. Keine Menschenseele war zu sehen. „Bin ich schon total verrückt? Das gibt’s doch nicht“, ging es ihm durch den Kopf.
„Hallo! Hallo, ist hier jemand? Verdammt, antworten Sie doch!“ Hajo durchforstete das Gebiet bei den übrigen Wrackteilen und hielt Ausschau nach Überlebenden. Seine Gedanken überschlugen sich und seine anfängliche Angst wurde von purer Neugier abgelöst.
Keine Ahnung was er eigentlich suchte. Hajo hoffte, dass das, was er vorhin gehört hatte ein Lebenszeichen war und nicht nur aus seinem Kopf kam. Es war unfassbar! Er, Hajo van den Bosch, Fan von Erich von Däniken, stand vor einem abgestürzten Ufo. Einer fliegenden Untertasse.
Plötzlich wurden die Bilder in seinem Kopf klarer und sein Verstand ratterte auf Hochtouren. Wenn das ein Ufo war, und das war es mit Sicherheit, dann war er in Gefahr! In großer Gefahr! Vom Radar war diese fliegende Untertasse bestimmt nicht unbemerkt geblieben.
Die Regierung hatte mit Bestimmtheit bereits ein Einsatzkommando losgeschickt, um danach zu suchen, um diesen Ufo-Absturz, sowie die Existenz von Außerirdischen weiterhin verleugnen zu können. Nein! Niemand durfte jemals von diesem Ereignis hier erfahren! Die Regierung setzte alles daran, dass dieses Spektakel hier nicht an die Öffentlichkeit kam und somit war Hajo innerhalb weniger Augenblicke zu einem nationalen Sicherheitsrisiko geworden.
Ihm wurde wieder speiübel. „Verdammt! Ich muss meine Kotze verschwinden lassen und dann ab durch die Mitte. Kein Hajo da, bedeutet kein Sicherheitsrisiko. Aber nicht ohne Fotos.“
Er holte sein Handy aus der Hosentasche und filmte die Ufo-Teile. Seinen Auswurf bedeckte er mit Erde, die durch den seit Monaten ausbleibenden Regen staubtrocken war.
Gerade als er seinen Rucksack aufnehmen wollte, hörte er wieder etwas.
„Ist jemand hier?“, schrie er laut „Hallo! Ist da jemand?“
„Hier bin ich. Helfen Sie mir bitte!“
Diese Stimme war weiblich und sie kam nicht aus Hajos Kopf. Er blickte über seine linke Schulter, in die Richtung, aus der die leise Stimme kam. Hinter einem Busch kroch langsam eine Person hervor. Hajo lief hinüber zu der Frau, wie er jetzt erkannte. „Kann ich Ihnen helfen?“ Mehr fiel ihm nicht ein.
Das waren seine ersten Worte zu einer Frau aus dem Weltraum! Das war als hätte Neil Armstrong, als er seinen Fuß auf die Mondoberfläche setzte, gesagt: „Scheiße! Jetzt wäre ich beinahe ausgerutscht.“ Aber das war Hajo in diesem Moment nicht bewusst, aber Worte wie, „Ich bin Hajo van den Bosch und komme in Frieden“, interessierten die Lady in diesem Moment bestimmt nicht.
„Bitte bringen sie mich weg von hier! Wenn die mich finden, bringen sie mich um! Bitte!“
Hajo sah in zwei strahlend-blaue Augen und er wusste, dass Sie Recht hatte. „Sind Sie schwer verletzt?“
„Nein! Nur ein paar Schürfwunden und einen verstauchten Knöchel.“
„Hier ist ein Schluck Wasser.“ Er öffnete seine Feldflasche und lies sie trinken, dann nahm auch er noch einen kräftigen Zug aus der Buttel. „Kann ich Sie tragen? Dann sind wir schneller! Es wird nicht mehr lange dauern und wir sind hier nicht mehr allein.“ Sie nickte! Hajo schnallte seinen Rucksack um und nahm die Fremde über seine Schultern.
„Kann‘s losgehen?“
Ohne die Antwort abzuwarten, spurtete Hajo davon. Sein ehemaliger Sportlehrer aus der Schule wäre stolz auf ihn gewesen, hätte er ihn jetzt sehen können. Hajo van den Bosch rannte ohne Pause, als hätte er eine Batterie in seinem Hintern.
Seine Gedanken kreisten immerzu um diese Fremde, dem Ufo und der Regierung, die bald am Absturzort auftauchen würde. Als er in seinem kleinen Krater ankam, brachte er seinen Gast in den Höhlenvorsprung. Vorsichtig legte er sie auf seinen Schlafsack. Sie lächelte Hajo dankbar an und machte Anstalten ein wenig zu schlafen. Behutsam deckte er seinen Besuch zu. Das Sternenkind schlief sofort ein. Es war angenehm kühl in der kleinen Höhle, im Vergleich zu der brütenden Hitze draußen. Hajo setzte sich neben die Schlafende und schnaufte erst einmal kräftig durch.
Er war völlig ausgepumpt und konnte es noch gar nicht so richtig begreifen, was passiert war. Seine leicht wirren Gedanken wurden jäh von einem lauten Donner unterbrochen. „Nein, nicht schon wieder ein Ufo!“, schreckte er hoch. Und im selben Augenblick goss es wie aus Kübeln. Es war ein Wolkenbruch und Hajo lachte laut. Das war die lang ersehnte Wasserspritze für die Natur. Dass dieser Regen auch die letzten Spuren der zwei verwischte, war ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht ins Bewusstsein gekommen. Nach zehn Minuten Dauerregen war es vorbei mit dem kühlen Nass und Hajo betrachtete erneut seine schlafende Besucherin. Sie war ca. 1,70 Meter groß und schlank, mit einer sehr sexy Figur. Das konnte er so beurteilen weil sie keinen Raumanzug anhatte, sondern eine Art zweiteiligen Neoprenanzug.
„Vielleicht wollte sie ans Meer zum Tauchen“, schmunzelte er. Dieser Taucheranzug war dunkelblau, fast schon schwarz. An den Ärmeln und den Außenseiten der Beine verliefen in Längsrichtung jeweils zwei gelbe Streifen, die dem ganzen Outfit einen modischen Touch verliehen. Am Oberteil war eine Kapuze, die sich über ihren Kopf schmiegte. Nur ihr Gesicht kam zum Vorschein. Und das, was er sah, gefiel ihm.
Etwas schlicht waren ihr Gürtel und der Armschmuck. Die Schuhe aber waren unseren Turnschuhen sehr ähnlich. Interessant fand er Ihren Rucksack. Er war mit einer Art von Metallbügeln, die aus leichtem Material bestanden, an der Trägerin befestigt. Diese Bügel schmiegten sich über die Schulter und passten sich der Körperform an. Es gab auch keine Gurte zum Festzurren. Diese Metallbügel wurden irgendwie vom Neoprenanzug gehalten, vergleichbar mit Magneten. Hajo hoffte, dass dieses Wesen aus dem Ufo nicht nur aussah wie ein Mensch, sondern auch einer war. Oder zumindest einem mit dem Menschen verwandte Rasse. Ihm war der Gedanke nahe, es könnte sich auch um eine künstliche Lebensform handeln. Aber innerlich glaubte er das nicht. Spätestens, wenn die Ufo-Lady wieder aufgewacht war, wollte Hajo seinen Wissensdurst stillen.
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