Silber und ließ ihn drei Meilen vorausreiten. Als er
längst aus der Spurweite des Riesen war, ließ Jack
den Riesen aus dem Gewölbe heraus, und sein Onkel
fragte ihn, was er ihm dafür geben sollte, dass er das
Schloss vor der Zerstörung bewahrt hatte.
»Ich verlange nichts,« sagte Jack, »als den alten
Rock, die Kappe, das alte rostige Schwert und die
Pantoffeln, die sich zu Häupten deines Bettes befinden.
«
»Du sollst sie haben,« erwiderte der Riese. »Behalte
sie zur Erinnerung an mich, sie werden dir von außerordentlichem
Nutzen sein. Der Rock wird dich unsichtbar
machen, die Mütze wird dir Allwissenheit
verleihen, das Schwert schneidet entzwei, was immer
du auch damit berührst, und die Schuhe verleihen ungewöhnliche
Schnelligkeit. Sie können dir nützlich
sein, vom Herzen gern geb' ich sie dir.«
Jack nahm sie und dankte seinem Onkel. Dann
holte er rasch seinen Herrn ein, und bald erreichten
sie das Haus der Jungfrau, welche der Prinz suchte.
Als sie sah, dass der Prinz ein Freier war, bereitete sie
ein glänzendes Mahl für ihn. Am Schlusse desselben
wischte sie sich die Lippen mit einem Taschentuch ab
und sagte: »Morgen früh müsst Ihr mir dieses Taschentuch
zeigen, sonst kostet's Euch den Hals.« Bei
diesen Worten steckte sie das Taschentuch in ihren
Busen.
Kummervollen Herzens gieng der Prinz zu Bette,
aber Jacks Kappe der Allwissenheit lehrte ihn, wie er
in den Besitz des Taschentuches gelangen konnte. Um
Mitternacht berief die Jungfrau ihren vertrauten Geist,
dass er sie zu Lucifer trage. Aber Jack zog den Rock
an, der ihn unsichtbar machte, und fuhr in die Siebenmeilenschuhe,
und so kam er mit ihr zugleich an. Als
sie das Haus des Bösen betrat, gab sie dem alten Lucifer
das Taschentuch, das that er auf ein Sims. Aber
Jack nahm es von dort und brachte es seinem Herrn,
und der zeigte es am folgenden Tage der Jungfrau,
und so entgieng er dem Tode.
An diesem Tage küsste sie den Prinzen und sagte
ihm, morgen früh müsse er ihr die Lippen zeigen, die
sie den Abend zuvor geküsst, sonst verliere er seinen
Kopf.
»Gewiss werd' ich das, wenn Ihr keine anderen
Lippen küsst, als die meinigen,« erwiderte er.
»Das ist ganz gleich,« sagte sie, »könnt' Ihr's nicht,
dann ist Euch der Tod gewiss!«
Um Mitternacht gieng sie wie nachts zuvor zu Lucifer
und war böse auf ihn, dass er sich das Taschen-
tuch hatte entwenden lassen. »Nun aber,« sagte sie,
»wird es dem Königssohn schon schwerer werden,
denn ich werde dich küssen, und er muss mir deine
Lippen zeigen.«
Gesagt, gethan. Aber Jack, der daneben stand, hieb
dem Teufel den Kopf ab und brachte ihn unter seinem
unsichtbaren Rock seinem Herrn, der ihn am nächsten
Morgen in Gegenwart der Jungfrau bei den Hörnern
hervorzog.
Da war der böse Zauber gebrochen, und sie erstrahlte
in ihrer ganzen Schönheit. Am folgenden
Morgen heirateten sie und begaben sich bald darauf
an den Hof König Arthurs, wo Jack für seine Heldenthaten
zum Ritter der Tafelrunde geschlagen wurde.
Nachdem Jack so alle seine Unternehmungen geglückt
waren, beschloss er, nicht müßig auf seinen
Lorbeeren auszuruhen, sondern alles, was in seiner
Kraft stand, zur Ehre seines Königs und seines Vaterlandes
zu thun. Und so bat er den König Arthur, ihn
mit einem Pferde und dem nöthigen Gelde auszurüsten,
damit er sich auf die Suche nach neuen, seltsamen
Abenteuern begeben könne. »Denn, Majestät,«
sagte er zum Könige, »es gibt noch viele Riesen in
den entfernten Theilen von Wales, die zum unaussprechlichen
Schaden Eurer Unterthanen ihr Wesen
treiben. Wenn es also Euerer Majestät gefällt, mich
darin zu unterstützen, so zweifle ich nicht daran, dass
es mir in kurzer Zeit gelingen wird, sie mit Stumpf
und Stiel auszurotten und so das ganze Königreich
von den Riesen und Ungeheuern zu befreien.«
Als der König von Jacks edlem Vorhaben hörte,
rüstete er ihn mit allem Nöthigen aus, und Jack machte
sich auf den Weg. Er nahm die Kappe der Allwissenheit,
das Schwert der Schnelligkeit, die Siebenmeilenschuhe
und den unsichtbaren Rock mit, damit er
sein gefährliches Vorhaben leichter ausführen könne.
Jack kam über hohe, wunderbare Berge, und als er
am dritten Tage einen großen Wald betrat, drang ihm
furchtbares Kreischen und Schreien entgegen.
Er ließ seine Blicke umherschweifen und gewahrte
mit Schrecken einen ungeheuren Riesen, der eine
schöne Frau und einen Ritter so gemächlich an ihrem
Haare hinter sich herzog, wie man ein Paar Handschuhe
trägt. Bei diesem Anblick vergoß Jack Thränen
des Mitleids. Er sprang vom Pferde, zog seinen
unsichtbaren Rock an und hieb mit einem Schwung
seines scharfen Schwertes dem Riesen beide Beine
unter dem Knie ab, so dass bei seinem Fall die Bäume
zitterten. Darauf dankten der höfliche Ritter und seine
holde Dame ihm herzlich und luden ihn in ihr Haus
ein, damit er sich nach der furchtbaren Anstrengung
erfrische und für seinen großen Dienst eine reiche Belohnung
erhalte. Aber Jack schwur, nicht eher zu
ruhen, als bis er die Höhle des Riesen gefunden. Als
der Ritter dies hörte, versetzte er sehr betrübt: »Edler
Fremdling, es wäre zu viel, sich noch einmal in Gefahr
zu begeben. Das Ungeheuer wohnt zusammen
mit einem noch wilderen und scheußlicheren Bruder
in einer Höhle in dem Berge dort drüben. Es wäre
herzbrechend für mich und meine Dame, wenn Ihr
dorthin gienget und den Tod fändet. Ich bitt' Euch
also, kommt mit uns und steht von weiterer Verfolgung
ab.«
»Nein,« erwiderte Jack, »und wären ihrer zwanzig,
so sollte keiner meinem Zorn entgehen. Aber wenn
ich mein Vorhaben ausgeführt habe, dann will ich
kommen und Euch meine Aufwartung machen.«
Jack war kaum ein und eine halbe Meile weiter geritten,
als er der von dem Ritter erwähnten Höhle ansichtig
wurde. Vor derselben saß auf einem Holzblock
der Riese, an der Seite hatte er eine knorrige Eisenkeule;
Jack vermuthete, daß er die Rückkehr seines
grausamen Bruders und dessen Beute erwartete. Seine
Glotzaugen waren wie feurige Flammen, seine Zunge
grimmig und scheußlich, seine Backen wie zwei
große Speckseiten, die Borsten an seinem Kinn wie
Eisenruthen und die Locken, die auf seine fleischigen
Schultern niederfielen, wie Schlangen oder zischende
Nattern. Jack sprang vom Pferde, zog seinen unsichtbaren
Rock an, näherte sich dem Riesen und sagte
leise: »Ah, bist du da? Es wird nicht lange dauern, so
werde ich dich fest beim Bart zausen.«
Da der Riese ihn nicht sehen konnte, so kam Jack
ganz nahe heran und versetzte ihm mit seinem
Schwert einen Hieb auf den Kopf, verfehlte aber sein
Ziel und schnitt ihm die Nase ab. Da begann das Ungeheuer
zu brüllen, dass es wie das Rollen des Donners
klang, und schwang seine Eisenkeule wie ein
Wahnsinniger.
Aber Jack rannte nach hinten und trieb sein
Schwert bis zum Heft dem Riesen in den Rücken,
dass er todt niedersank. Darauf hieb ihm Jack den
Kopf ab und sandte diesen sammt dem Kopf seines
Bruders durch einen Fuhrmann, den er zu diesem
Zwecke mietete, an König Arthur.
Nun beschloss Jack, in der Höhle des Riesen nach
Schätzen zu suchen. Durch viele Windungen und
Krümmungen kam er endlich in ein großes Zimmer,
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