Alle glaubten nämlich, dass der Pfarrer dies thun
würde, und niemand wollte ihm das Wort aus dem
Munde nehmen, der war aber leider mit dem
Schweinskopf und dem Gemüse beschäftigt. Nach
einer kleinen Pause gieng die Lustbarkeit weiter, und
niemand dachte daran, den frommen Wunsch zu sprechen.
Herr und Knecht hatten von ihrer Höhe den
Umstand wohl bemerkt.
»Ha!« rief das Männlein aus und streckte in seiner
Freude ein Bein vor sich hin; seine Augen leuchteten,
und er zog die Augenbrauen in die Höhe. »Ha!« wiederholte
er, und dabei grinste er nach der Braut hin
und dann zu Billy hinüber. »Nun ist sie zur Hälfte
mein! Wenn sie noch zweimal niest, dann gehört sie
mir, trotz Priester, Messbuch und Darby Riley!«
Wieder nieste die holde Bridget, aber so leise, und
sie erröthete dabei so sehr, dass niemand außer dem
Kobold es bemerkte oder zu bemerken schien, und
niemand dachte daran, »Helf' Gott!« zu sagen.
Billy betrachtete das arme Mädchen die ganze Zeit
über mit schmerzlichen Blicken. Er musste immerfort
daran denken, wie schrecklich es sei, daß ein schönes
Mädchen von neunzehn Jahren mit großen, blauen
Augen, Grübchenwangen und blendender Hautfarbe,
strahlend von Gesundheit und Glück, die Frau eines
hässlichen, kleinen Kerlchens werden sollte, dem zu
tausend Jahren nur ein Tag fehlte.
Als der entscheidende Augenblick kam und Bridget
zum drittenmal nieste, da brüllte Billy aus Leibeskräften:
»Helf' Gott!«
Aber kaum waren diese Worte heraus, da sprang
das Männlein von dem Balken, auf dem es gehockt
hatte, sein Gesicht glühte vor Wuth und Enttäuschung,
und mit schriller, kreischender Stimme, die
wie ein geborstener Dudelsack klang, rief er: »Du bist
aus meinen Diensten entlassen, Billy Mac Daniel –
hier, das ist dein Lohn!«
Mit diesen Worten versetzte er Billy einen wüthenden
Stoß in den Rücken, und der unglückliche Knecht
fiel mitten auf den festlichen Tisch.
Wenn Billy erstaunt war, wie viel mehr waren es
erst die Gäste, in deren Mitte er so mir nichts dir
nichts hineingerathen war!
Aber als sie seine Geschichte hörten, da legte Pater
Rooney Gabel und Messer hin und traute das junge
Paar auf der Stelle. Billy Mac Daniel tanzte die Rika
und trank fleißig; ein guter Tropfen war ihm doch
noch lieber als der schönste Tanz.
Die kluge Kate.
Es war einmal ein König und eine Königin. Der
König hatte aus erster Ehe eine Tochter, Anne, und
die Königin eine namens Kate, aber Anne war viel
schöner, als die Tochter der Königin, doch liebten die
Beiden einander wie wirkliche Schwestern. Die Königin
war eifersüchtig darauf, dass die Tochter des Königs
schöner war, als ihre eigene, und sann darüber
nach, wie sie ihre Schönheit verderben könnte. Sie berieth
sich mit der Hühnerfrau, und die sagte, sie möge
ihr das Mädchen am folgenden Morgen schicken, aber
bevor sie etwas gegessen hätte.
Früh am folgenden Morgen sagte die Königin zu
Anne: »Geh', liebes Kind, zur Hühnerfrau und bringe
mir einige Eier.«
Anne gieng, aber als sie durch die Küche kam, sah
sie eine Brotkruste liegen, die nahm sie mit und knusperte
unterwegs daran.
Als sie zur Hühnerfrau kam, bat sie sie um Eier,
wie ihr geheißen ward; die Hühnerfrau sagte ihr:
»Hebe den Deckel von jenem Topfe auf und schau'
hinein.« Das Mädchen that es, aber es ereignete sich
nichts.
»Geh' nach Hause zu Deiner Mutter und sag' ihr,
sie möge die Thür zur Speisekammer besser schlie-
ßen,« sagte die Hühnerfrau.
Anne gieng nach Hause und bestellte der Königin,
was ihr die Hühnerfrau aufgetragen hatte. Daraus
ersah die Königin, dass das Mädchen, bevor es zur
Hühnerfrau kam, etwas gegessen haben müsse; sie
gab also am folgenden Morgen acht und schickte sie
fort, ohne daß sie einen Bissen genossen hatte. Aber
die Prinzessin sah unterwegs einige Landleute Erbsen
abpflücken, und da sie sehr freundlich war, sprach sie
zu den Leuten und nahm eine Hand voll Erbsen, die
sie unterwegs aß.
Als sie zur Hühnerfrau kam, sagte diese: »Hebe
den Deckel von jenem Topf auf und schau' hinein.«
Wieder hob Anne den Deckel auf, aber es ereignete
sich nichts.
Da wurde die Hühnerfrau sehr böse und sagte:
»Sag' Deiner Mutter, ohne Feuer siedet kein Topf.«
Anne ging heim und sagte es der Königin.
Am folgenden Tage begleitete die Königin das
Mädchen zur Hühnerfrau. Als Anne diesmal den Dekkel
vom Topf abhob, fiel ihr hübscher Kopf ab, und
statt dessen saß der Kopf eines Schafes auf ihren
Schultern. Die Königin war nun zufrieden und gieng
nach Hause.
Ihre Tochter Kate aber nahm ein feines Linnentuch
und hüllte den Kopf ihrer Schwester darein, dann ergriff
sie ihre Hand, und sie giengen zusammen fort,
um ihr Glück zu suchen. Sie wanderten weiter und
immer weiter, bis sie zu einem Schlosse kamen. Kate
klopfte an und bat um ein Nachtlager für sich und
eine kranke Schwester. Sie traten ein und sahen, dass
sie sich in einem königlichen Schlosse befanden. Der
König hatte zwei Söhne, von denen der eine todtkrank
war, aber Keiner wusste, was ihm fehlte.
Seltsam war, dass, wer immer eine Nacht bei ihm
wachte, für immer verschwand. So bot denn der
König jedem, der bei ihm aufbleiben wollte, eine
Metze Silber an. Kate war ein sehr tapferes Mädchen,
sie erbot sich also, bei ihm zu wachen.
Bis Mitternacht gieng alles gut. Als die Uhr zwölf
schlug, da stand der kranke Prinz auf, kleidete sich an
und schlüpfte die Treppe hinunter. Kate folgte ihm,
aber er schien sie nicht zu bemerken. Er gieng in den
Stall, sattelte sein Pferd, rief seinen Jagdhund und
sprang in den Sattel; Kate saß hinter ihm auf. So ritten
die Beiden durch den grünen Wald, und Kate
pflückte im Vorbeireiten Nüsse von den Bäumen und
that sie in ihre Schürze. Sie ritten immer weiter, bis
sie zu einem grünen Hügel kamen. Da zog der Prinz
die Zügel an und sagte: »Thu' dich auf, thu' dich auf,
grüner Hügel, und laß den jungen Prinzen ein und
sein Pferd und seinen Hund.« Da fügte Kate hinzu:
»Und das Mädchen hinter ihm.«
Sofort that sich der grüne Hügel auf, und sie gin-
gen hinein. Der Prinz trat in eine hellbeleuchtete,
prächtige Halle ein, da umringten ihn viele Elfen und
führten ihn zum Tanze. Kate hatte sich unbemerkt
hinter der Thür versteckt. Da sah sie wie der Prinz
tanzte und immerfort tanzte und tanzte, bis er nicht
mehr weiter konnte und auf ein Ruhebett niedersank.
Dann fächelten ihn die Elfen, bis er sich wieder erheben
und weitertanzen konnte. Endlich krähte der
Hahn, da beeilte sich der Prinz, wieder aufzusitzen,
Kate sprang hinter ihm auf das Pferd, und sie ritten
heim.
Als die Morgensonne aufstieg, fand man Kate beim
Kaminfeuer sitzen, wo sie ihre Nüsse knackte. Sie
sagte, der Prinz hätte eine gute Nacht gehabt, sie
würde aber nur dann auch die folgende Nacht bei ihm
aufbleiben, wenn sie dafür eine Metze Gold erhielte.
Die zweite Nacht verging wie die erste. Um Mitternacht
erhob sich der Prinz und ritt zu dem grünen
Hügel zum Feenball, und Kate begleitete ihn und
pflückte Nüsse, als sie durch den Wald ritten. Diesmal
bewachte sie den Prinzen nicht, denn sie wußte,
er würde tanzen und immerfort tanzen. Sie sah ein Elfenkind
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