»...klauen manchmal!«, ergänzte Stefan, als Dieter Schiffer verstummte.
Schiffer nickte. »Ja.«
Betty hatte inzwischen an der Wand einem Schaltkasten entdeckt. »Wird hier die Alarmanlage ein- und ausgeschaltet?«
»Ja, genau.« Schiffer öffnete den Kasten und stutzte. »Sie ist abgeschaltet worden«, stellte er fest und schüttelte fassungslos den Kopf. »Aber dazu muss man den Nummerncode kennen! Außer mir wissen nur Ludmilla und Kuno die richtigen Zahlen.«
Für Stefan war damit zumindest schon eins klar: »Einer der beiden hat also heute Nachmittag die Alarmanlage ausgeschaltet und beim Hinausgehen das John-Lennon-Autogramm mitgenommen und seinen Erpresserbrief hingelegt. Dass er den ausgedruckten Brief schon mitgebracht hatte, spricht dafür, dass der Diebstahl geplant war.«
Betty nagte an ihrer Unterlippe. Das hatte sie sich von Stefan abgeschaut. Sie fragte: »Aber wieso verlangt der Dieb denn von Herrn Schiffer tausend Euro für das Autogramm. Wieso versucht er denn nicht, das Autogramm einfach zu verkaufen. Es gibt sich überall Autogrammbörsen, und sogar im Internet.«
»Das gestohlene Autogramm ist doch genau zu identifizieren!«, sagte Stefan. »Es steht FOR MY FRIEND DIETER SCHIFFER über der Unterschrift.«
»Genau«, sagte Dieter Schiffer. »Und weil es zu den anderen Autogrammen von Paul, George und Ringo hier gehört, kann der Dieb fest damit rechnen, dass ich auch alles dafür geben würde, um es zurückzubekommen.«
Betty sah Stefan an. »Und was nun?«, fragte sie. »Zwei Verdächtige scheinen wir ja zu haben.«
Stefan brauchte nicht lange zu überlegen. Er drückte Dieter Schiffer sein Handy in die Hand. »Rufen Sie Ihre geschiedene Frau und Ihren Bruder an und bitten Sie sie, vorbeizukommen!«, sagte er. »Aber erwähnen Sie auf gar keinen Fall die Autogramme und dass eins davon gestohlen ist!«
Dieter Schiffer zögerte einen Moment. Dann wählte er eine Nummer. »Ludmilla? Könntest du vorbeikommen? Wir können uns noch einmal über das Geld unterhalten, das du von mir bekommst.«
Nachdem er aufgelegt hatte, wählte er erneut. »Kuno? Komm doch noch einmal vorbei. Vielleicht kann ich dir doch etwas Geld leihen!«
Er gab Stefan das Handy zurück. »Ich hoffe, ihr wisst, was ihr tut!«, meinte er. Sein Blick fiel auf die drei restlichen Autogramme der Beatles. »Die räume ich am besten weg, damit mir nicht noch eines gestohlen wird!«
»Genau!«, sagte Stefan und schaute zu, wie Schiffer die drei Autogramme in einen Stahlschrank einschloss.
»Einer von Ihnen beiden hat hier heute Nachmittag eins der wertvollen Beatles-Autogramme gestohlen!«, sagte Stefan eine Stunde später zu Ludmilla Schiffer und zu Dieters Bruder Kuno. »In einem Brief verlangt der Dieb tausend Euro für die Rückgabe.«
Ludmilla Schiffer sah sich in dem Ausstellungsraum um. Ihr Blick streifte den leeren Tisch, auf dem die Beatles-Autogramme gestanden hatten.
»Und was habt ihr beide damit zu tun?«, wollte sie von Stefan und Betty wissen.
»Wir versuchen den Diebstahl aufzuklären!«, sagte Betty. Dieter Schiffer lehnte neben der Tür und sah sich alles schweigend an. Sein Bruder Kuno wanderte etwas nervös zwischen den Tischen mit den Autogrammen der Beach Boys, der Bee Gees und der Backstreet Boys auf und ab. »Kinder als Detektive!«, schnaufte er in Dieters Richtung. »Du spinnst ja!«
Ludmilla meinte spitz: »Wenn es um eines seiner Autogramme geht, wird Dieter sich ja wohl nicht lumpen lassen und bezahlen. Aber als Erpresserin wäre ich nicht so blöd, Briefe zu hinterlassen. Telefonisch ist das viel einfacher - ich hätte angerufen und meine Forderung gestellt. Oder eine Textnachricht geschickt!«
Kuno riss sich von einem T-Shirt los, auf dem sich Carlos Santana mit einem Autogramm verewigt hatte. »Also wenn ich an der Stelle des Erpressers wäre«, sagte er, »würde ich die tausend Euro nehmen und das geklaute Autogramm trotzdem weiterverkaufen. So ein echter John Lennon bringt in Sammlerkreisen bestimmt seine zwei- bist dreitausend Euro!
»Die Autogramme sind doch alle Dieter persönlich gewidmet, wenn ich mich richtig erinnere!«, mischte Ludmilla sich ein.
»Na und?«, zuckte Kuno mit den Schultern. »Manche Sammler kümmert es nicht, wenn so eine wertvolle Autogrammkarte aus dubiosen Quellen auftaucht!«
Betty und Stefan bemerkten, dass Dieter Schiffer etwas nervös wurde. Sie konnten es ihm auch nicht verdenken, dass er endlich wissen wollte, wer ihn bestohlen hatte. Betty zog Stefan zur Seite. »Ich glaube, ich weiß, wer der Dieb ist!«, flüsterte sie.
»Ich auch!«, sagte Stefan und wandte sich an Dieter Schiffer: »Ihr Bruder Kuno hat Sie bestohlen, das ist jetzt ganz klar!«
Wie kam Stefan dem Täter auf die Spur?
Lösung:
Kuno wusste als Einziger, dass das Autogramm von John Lennon gestohlen worden war, obwohl Stefan nur von »einem der wertvollen Beatles-Autogramme« gesprochen hatte und Dieter Schiffer vor dem Eintreffen von Ludmilla und Kuno die restlichen drei Autogramme weggeschlossen hatte.
07. Tödliche Partnerschaft
Die Firmenzentrale der Bellmann AG lag im Gewerbegebiet am Rande der Stadt, ein großes Areal mit Hallen, in denen die Computer zusammengestellt wurden, die Bellmann in seinen Geschäften sensationell preisgünstig anbot. Der uniformierte Pförtner in seinem Glashaus an der Einfahrt hob die Hand, als Stefan und Max auftauchten. »Wo wollt ihr denn hin?«
»Zu Herrn Bellmann!«, sagte Stefan. Und weil der Pförtner ungläubig die Augenbrauen hochzog, setzte er hinzu: »Wir sind eingeladen!«
Tatsächlich fand der Pförtner dann auch Stefans und Maxens Namen auf der Besucherliste. Er stellte ihnen ihre Besucherausweise aus und zeigte ihnen den Weg zum Verwaltungsgebäude: »Über den Parkplatz, um das Lager herum und dann am Ende das flache Haus.«
»Das wird ja ein richtiger Langstreckenlauf!«, seufzte Max, als sie den Parkplatz hinter sich hatten. Lieferwagen mit Bellmann-Computern verließen das Gelände. Max holte sein Smartphone heraus und tippte etwas ein. »Mal sehen, welche Informationen ich im Internet über die Firma finde!«
Stefan verkniff sich ein Stöhnen. Manchmal übertrieb Max es ein bisschen, weil er Informationen anschleppte, mit denen man überhaupt nichts anfangen konnte. »Der Fall ist doch gelöst!«, sagte er. »Mein Vater hat Tricky Müller verhaftet und wir sind jetzt nur hier, weil Herr Bellmann sich dir bedanken will.«
Max knurrte etwas, dass der Fall eigentlich gar kein Fall gewesen sei, denn schließlich seien sie Tricky Müller nur durch Zufall auf die Spur gekommen. Dabei ließ er das Display seines Handys nicht aus dem Blick. »Da haben wir es ja!«, stellte er zufrieden fest. »Bellmann AG: etwa eintausend Mitarbeiter. Geleitet wird die Firma von Horst und Bernd Bellmann. Die beiden sind Brüder.«
Am Verwaltungsgebäude wurden sie von einer adretten Assistentin begrüßt und fünf Minuten später saßen sie Horst und Bernd Bellmann in ihrem Chefbüro gegenüber. Stefan schätzte die beiden Computerhändler auf etwa fünfzig Jahre. Horst war drahtig und braun gebrannt, mit einer schmalen schwarzen Brille. Bernd wog bestimmt zwanzig Kilo mehr als sein Bruder und wirkte in seiner alten Cordjacke und den ausgebeulten Jeans ziemlich gemütlich.
»Euch verdanken wir es also, dass der Dieb endlich geschnappt wurde, der in den letzten sechs Monaten hier insgesamt dreihundert Computer aus dem Lager gestohlen hat!« Horst Bellmann lächelte, aber die Augen hinter seiner Brille blieben kühl. »Jedenfalls hat mir Kommissar Hansen gesagt, dass er einen Mann verhaftet hat, auf den ihr ihn aufmerksam gemacht habt.«
Bernd Bellmann grinste freundlich, sagte aber nichts.
»Ja, Tricky Müller!«, sprudelte Max heraus. Stefan stöhnte, denn sein Vater hatte ihm eingeschärft, dass sie den Namen für sich behalten sollten. Doch Max war gar nicht mehr zu bremsen: »Ich bin einfach misstrauisch geworden!«, berichtete er. »Das war gestern Nachmittag, als ich Tricky Müller mit seinem Lieferwagen am Stadtpark gesehen habe. Er stand auf dem Parkplatz und verkaufte nagelneue Laptops für zweihundert Euro pro Stück an Leute.«
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