»Max ist nämlich hochbegabt!«, sagte Betty. »Ein richtiges kleines Genie!«
»Ja, das sind die Aufgaben aus der Klausur!«, stellte der Direktor fest.
»Der Junge, von dem ich sie habe«, meinte Max, »hat gesagt, dass irgendwer diese Fotokopien im Mathe-Leistungskurs verteilt hat.«
Direktor Klausthal zeigte auf den offenen Tresor. »Doktor Schneider, der Mathematiklehrer des Leistungskurses, hat mir gestern Abend gegen 18.15 Uhr ein Blatt mit den Aufgaben gebracht, um sie mit mir abzustimmen. Ich habe einige Korrekturen auf dem Blatt gemacht und es dann siebzehnmal kopiert - für jeden Schüler aus den Mathe-Leistungskurs ein Blatt. Die siebzehn Kopien habe ich zusammen mit Herrn Schneiders Original in den Tresor geschlossen. Und als ich heute Morgen ins Büro kam, war der Tresor immer noch verschlossen. Als ich die Klausuren für Herrn Schneider herausgab, zählte ich die Blätter nach und da waren es nur noch 16 Kopien und Herrn Schneiders Original. Also muss jemand heute Nacht hier gewesen sein. Er hat den Tresor geöffnet und ein Exemplar der Matheklausur gestohlen.« Klausthal tippte auf Maxens Zettel. »Das hier ist eine Fotokopie des Blattes, und es sind auch meine Korrekturen darauf.«
»Damit wäre schon einmal klar, dass wirklich jemand ein Blatt aus dem Tresor gestohlen haben muss!«, sagte Stefan.
Betty hatte sich im Büro umgesehen. »Seltsam, dass es weder hier am Tresor noch an den Türen irgendwelche Einbruchsspuren gibt!«, meinte sie. »Das kann doch nur heißen, dass der Täter einen Schlüssel zum Sekretariat hier haben muss. Außerdem muss er die Zahlenkombination gekannt haben, um den Tresor zu öffnen!«
Direktor Klausthal überdachte das alles erst einmal genau und nickte dann: »Korrekt! Für das Sekretariat haben außer mir nur noch Klaus Kellermeier, der Oberstufensprecher und meine Sekretärin, Frau Schwertlein, einen Schlüssel!«
»Wo ist denn Frau Schwertlein eigentlich?«, fragte Betty. »Sie sitzt doch sonst hier immer im Vorzimmer.«
»Sie hat gestern einen Unfall gehabt!«, meinte Klausthal. »Ihre Mutter rief noch gegen viertel nach fünf an, um sie krank zu melden. Die arme Frau Schwertlein ist gestern von einem Wagen angefahren worden und liegt seitdem mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus.«
Max war in Gedanken schon ganz woanders. »Klaus Kellermeier?« Er runzelte die Stirn. »Der ist doch in Doktor Schneiders Mathe-Leistungskurs?«
»Ja«, sagte Klausthal. »Als Oberstufensprecher muss er manchmal Durchsagen über unsere Lautsprecheranlage machen, und das Mikrofon ist hier im Sekretariat. Deshalb habe ich ihm vor kurzem einen Schlüssel für das Büro gegeben. Die Ziffernkombination des Safes habe ich nur Frau Schwertlein anvertraut. Aber ich kann nicht ausschließen, dass Klaus Kellermeier sie nicht auch einmal herausbekommen hat, als er gerade hier war, um eine Durchsage zu machen und ich dabei gerade den Tresor geöffnet habe.«
Stefan, Betty und Max steckten die Köpfe zusammen. »Fingerabdrücke!«, schlug Max vor. »Wir müssen von der Tastatur, am Tresor Fingerabdrücke nehmen.«
Stefan schüttelte den Kopf. »Der Direktor hat den Safe doch zuletzt heute Morgen geöffnet. Also würden wir nur seine Abdrücke finden.«
»Außerdem benutzt man bei seinem Einbruch Handschuhe!«, belehrte Betty Max. »Alte Einbrecher-Regel.«
Stefan wandte sich an Direktor Klausthal: »Wann haben Sie und Doktor Schneider gestern genau das Sekretariat verlassen? Wann ist Frau Schwertlein gegangen? Und war Klaus Kellermeier gestern hier?«
»Kellermeier war gestern gegen sechzehn Uhr hier«, sagte Klausthal. »Da telefonierte ich gerade mit Doktor Schneider. Er sagte mir, dass er noch vorbeikommen würde, um mir die Aufgaben zu bringen. Wenn Kellermeier das gehört hat...«
»...kann er sich vorgenommen haben, nachts einzubrechen!«, folgerte Betty.
Klausthal nickte und fuhr fort: »Frau Schwertlein machte um siebzehn Uhr Feierabend. Kurz nach ihr kam Doktor Schneider, wir saßen zusammen, besprachen die Klausur und ich kopierte sie. Dann habe ich zusammen mit Doktor Schneider gegen siebzehn Uhr dreißig Uhr das Büro verlassen.«
Max kratzte sich am Kopf. »Was ist eigentlich mit der Alarmanlage?«, fragte er.
»Stimmt!«, sagte Klausthal. »Die Alarmanlage der Schule wird ja immer um neunzehn Uhr vom Hausmeister eingeschaltet, wenn die Putzkolonnen gehen. Danach kann keiner mehr unbemerkt ins Schulgebäude eindringen.«
»Das bedeutet also, dass der Dieb zwischen siebzehn Uhr dreißig und neunzehn Uhr den Tresor geöffnet haben muss«, kombinierte Stefan.
»Warum sollte eigentlich Frau Schwertlein die Klausuraufgaben stehlen?«, fragte Betty auf einmal.
»Wenn sie Geld brauchte, könnte sie sie an die Oberstufenschüler verkaufen!«, meinte Max etwas herablassend. »Aber außerdem ist sowieso schon klar, dass von den beiden Verdächtigen nur Klaus Kellermeier in Frage kommt. Frau Schwertlein kann den Diebstahl gar nicht begangen haben!«
»Oh ja!« Betty ging ein Licht auf. »Stimmt!«
Was war Betty und Max aufgefallen?
Lösung:
Der Einbrecher musste, wie die DREI DETEKTIVE ja schon festgestellt hatten, zwischen siebzehn Uhr dreißig und neunzehn Uhr im Büro des Direktors gewesen sein. Als Täter kamen nur Frau Schwertlein und Kellermeier in Frage, weil nur sie einen Schlüssel zum Sekretariat hatten. Frau Schwertlein hatte aber um siebzehn Uhr fünfzehn Uhr ihren Unfall und war danach im Krankenhaus - also konnte sie den Einbruch und den Diebstahl gar nicht begangen haben.
05. Die Spur führt zum Flughafen
Max überschlug kurz, wie viel Geld er dabei hatte. Dann überschlug er es noch einmal. Es half nichts - seine knapp fünfzig Euro reichten nicht, um den alten Computer zu kaufen, der vor ihm in dem Blechregal von BRENDELS ELEKTRONIKSHOP stand. In dem Laden in der Nähe des Flughafens gab es Unmengen gebrauchter Computer wie den, für den sich Max gerade interessierte. Weiter hinten standen Kisten und Kartons mit fabrikneuen Systemkomponenten, Monitoren und Druckern. Am Schreibtisch neben der Eingangstür saß Mario Brendel, Inhaber von BRENDELS ELEKTRONIKSHOP, ein hagerer Typ von Mitte dreißig in einem verwaschenen RIHANNA-Shirt. Die langen Haare hatte er sich zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Max konnte nicht sagen, dass er Mario Brendel mochte - aber bei Brendel gab es nun einmal Computer zu unvergleichlich günstigen Preisen.
Max wanderte weiter an den Regalen entlang. Nach einer ganzen Reihe neuer Flachbildschirmen kam er zu einem Stapel großer Kisten. Teile für eine Großrechenanlage, schätzte er und fragte sich, wem Mario Brendel wohl solche Teile verkaufte. »Lieferung vom 12. Juli«, stand da. »Absender Maxwell Corp., San Francisco - Empfänger Rothenburg Electronics«.
Plötzlich flog die Ladentür auf. »Polizei!«
Max fuhr herum und spähte durch die Regale. Ein halbes Dutzend Polizisten drängelte herein und verteilte sich im Lager. Mario Brendel war hinter seinem Schreibtisch in die Höhe geschossen, aber der Kommissar, der hinter den Uniformierten hereinkam, drückte ihn auf seinen Stuhl zurück und präsentierte ihm ein Formular. »Das ist der Durchsuchungsbeschluss für Ihren Laden, Herr Brendel. Sie stehen im Verdacht, hier Hehlergeschäfte mit gestohlenen Computerteilen zu betreiben.«
»Unsinn!«, empörte sich Brendel. »Alles Unsinn. Verleumdung!«
Eine schwere Hand legte sich plötzlich auf Maxens Schulter. Der Polizist, der ihn aufgestöbert hatte, sagte: »Was suchst du denn hier, Kleiner?«
Gleich darauf stand Max vor dem Kommissar. Der grinste, als er Max sah. Auch Max grinste erleichtert. Es war Herr Hansen, Stefans Vater. »Du bist doch hier nicht etwa als Detektiv unterwegs?«, wollte er wissen. »Ich habe euer Firmenschild am Gartentor gesehen!«
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