Katharina Johanson - Lebenswege

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Dies ist eine Familiengeschichte. Es ist meine Familiengeschichte. Darüber hinaus ist die Familiengeschichte auch die Geschichte unserer unmittelbaren Nachbarn, denn der Mensch ist ein gemeinschaftliches Wesen. Insgesamt umfasst die Geschichte fast zweihundert Jahre. Zunächst wird die Loslösung von mittelalterlicher und religiöser Befangenheit gezeigt. Spätere Lebenswege illustrieren die schöpferische Freiheit der Akteure. Und letzten Endes werden meine Leute und ihre Nachbarn wieder in die engen Schranken einer von Ausbeutung determinierten Welt gezwungen.

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Katharina Johanson

Lebenswege

Roman einer Familie

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Inhaltsverzeichnis

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VORBEMERKUNG VORBEMERKUNG Dies ist eine Familiengeschichte. Es ist meine Familiengeschichte. Darüber hinaus ist die Familiengeschichte auch die Geschichte unserer unmittelbaren Nachbarn, denn der Mensch ist ein gemeinschaftliches Wesen. Insgesamt umfasst die Geschichte fast zweihundert Jahre. Zunächst wird die Loslösung von mittelalterlicher und religiöser Befangenheit gezeigt. Spätere Lebenswege illustrieren die schöpferische Freiheit der Akteure. Und letzten Endes werden meine Leute und ihre Nachbarn wieder in die engen Schranken einer von Ausbeutung determinierten Welt gezwungen. Als ich im Familienarchiv zu lesen, in Geschichtsbüchern zu forschen und schließlich begeistert zu schreiben begann, konnte ich noch nicht sehen, dass ein relativ umfangreiches historisches Zeugnis zustande kommen würde. Zunächst schrieb ich sozusagen für den Hausgebrauch der mir nahe stehenden Menschen. Dann entschloss ich mich, dieses historische Zeugnis der Öffentlichkeit vorzulegen. Für eine etwaige Veröffentlichung musste ich von meinen Verwandten gewisse Rechte einholen. Da stellte sich heraus, dass die innerfamiliären Konflikte in meiner Familie noch längst nicht gelöst sind, es also nicht möglich war, alle noch lebenden Familienmitglieder an einen Tisch zu bekommen. Wenn ich das hohe Ziel, ein historisches Zeugnis abzulegen, erreichen wollte, musste ich Namen und Orte soweit unkenntlich machen, dass Ähnlichkeiten mit wirklichen Personen rein zufällig sind. Damit wurde aus meiner Familiengeschichte eine anonyme Familiengeschichte, die aber nun an Wert gewinnt, weil sie ein allgemeingültiges Abbild der Wirklichkeit ist.

KAPITEL I

KAPITEL II

KAPITEL III

KAPITEL IV

KAPITEL V

KAPITEL VI

KAPITEL VII

KAPITELVIII

KAPITEL IX

KAPITEL X

KAPITEL XI

KAPITEL XII

Impressum neobooks

VORBEMERKUNG

Dies ist eine Familiengeschichte. Es ist meine Familiengeschichte. Darüber hinaus ist die Familiengeschichte auch die Geschichte unserer unmittelbaren Nachbarn, denn der Mensch ist ein gemeinschaftliches Wesen. Insgesamt umfasst die Geschichte fast zweihundert Jahre. Zunächst wird die Loslösung von mittelalterlicher und religiöser Befangenheit gezeigt. Spätere Lebenswege illustrieren die schöpferische Freiheit der Akteure. Und letzten Endes werden meine Leute und ihre Nachbarn wieder in die engen Schranken einer von Ausbeutung determinierten Welt gezwungen.

Als ich im Familienarchiv zu lesen, in Geschichtsbüchern zu forschen und schließlich begeistert zu schreiben begann, konnte ich noch nicht sehen, dass ein relativ umfangreiches historisches Zeugnis zustande kommen würde. Zunächst schrieb ich sozusagen für den Hausgebrauch der mir nahe stehenden Menschen. Dann entschloss ich mich, dieses historische Zeugnis der Öffentlichkeit vorzulegen. Für eine etwaige Veröffentlichung musste ich von meinen Verwandten gewisse Rechte einholen. Da stellte sich heraus, dass die innerfamiliären Konflikte in meiner Familie noch längst nicht gelöst sind, es also nicht möglich war, alle noch lebenden Familienmitglieder an einen Tisch zu bekommen.

Wenn ich das hohe Ziel, ein historisches Zeugnis abzulegen, erreichen wollte, musste ich Namen und Orte soweit unkenntlich machen, dass Ähnlichkeiten mit wirklichen Personen rein zufällig sind. Damit wurde aus meiner Familiengeschichte eine anonyme Familiengeschichte, die aber nun an Wert gewinnt, weil sie ein allgemeingültiges Abbild der Wirklichkeit ist.

KAPITEL I

Es war der 12. Februar des Jahres 1840 auf Schloss Schönhof im tief verschneiten, wunderschönen Böhmischen Wald. Auf Schönhof, was zum Wiener Hof gehörte, hatten sich damals die Herren und Damen Chudenitz breit gemacht und führten das genauso nutzlose wie anmaßende Leben feudalabsolutistischer Monarchen. Zu dem Schloss aus Haupt- und Nebengebäuden, Repräsentationsbauten, Lustgarten, Stallungen für die Pferde, Übungsgelände für Reit- und Kampfspiele gehörten an die sechshundert Mann Bedienstete. Diese Domestiken waren dem Schlossherrn bedingungslos unter getan. Die Chudenitz hielten ihre Leute in tiefster Sklaverei und Unwissenheit. Jedes auf Schönhof geborene Kind ererbte von seinen Eltern genau diese Lebensumstände und wurde innerhalb kürzester Frist in den schier nie enden wollenden Lauf von schwerer Arbeit und völliger Rechtlosigkeit hinein gepresst. Von einer Schule auf Schönhof wissen die Geschichtsbücher nichts. Allerdings führte sich der Schlossherr dem damaligen Zug der Zeit entsprechend recht aufgeklärt auf. Er verhieß seinen Untertanen völlige Glaubensfreiheit. Da mischten sich also Juden unter Christen. Und es schafften Deutsche, Tschechen und Slowaken in dem weiten Rund der herrlichen Anlagen und in den Gebäuden. Dem Chudenitz konnte es egal sein, wessen Geistes Kind einer war, wenn der nur treu diente, denn es sprang für den Herrn auch ein Nutzen aus der Glaubensfreiheit heraus. Zum Beispiel feiert ein Christ am Sonntag. Ein Jude lobt seinen Gott am Sonnabend. Damit hatte der Chudenitz an jedem Tag der Woche immer genug Leute im Dienst. Der ständig schwelende Glaubenszwist unter den Untertanen hielt den Chudenitz den Rücken frei. Ein uneinig Volk regiert sich leicht.

Nun war der 12. Februar des Jahres 1840 gekommen und ein Kindchen, ein kleiner Junge, dem man den Namen Leopold gab, war der Domestiken-Familie Stein geboren worden. Der Rabbiner kam auf den Hof, denn der Junge musste innerhalb der ersten zehn Lebenstage beschnitten werden. Die Steins waren getaufte Juden. Für sie war die Zugehörigkeit zur jüdischen Gemeinde ein Muss. Immer und immer wieder hatte ihnen der Rabbiner, der ihnen geistigen Beistand gewährte, auseinandergesetzt, wie wichtig es war, zu ihrem Gott zu halten und innerhalb der jüdischen Gemeinde zu bestehen. Wie den Juden vor nunmehr fast zweitausend Jahren der Salomonische Tempel überm Kopf angezündet worden war, wie sie vertrieben und verfolgt wurden, wie sich über ihnen stets aufs Neue der Hass der Andersgläubigen in Pogromen entlud, das alles schilderte der Rabbiner in dunklen Farben, so dass den Steins der innere Zusammenhalt ihrer, wenn auch weit verstreuten aber doch immer präsenten Gemeindemitglieder als einzige Lebensgarantie erschien. Nichts wussten sie von dem raffenden, fressenden, alles aussaugenden, parasitären Priesterstand der Juden. Diese Priester wiederum hielten um ihrer selbst willen an den verstaubten Ritualen fest. Denn jeder Gläubige der europaweit an die Hunderttausende zählenden Juden war zugleich auch zahlendes Mitglied. Und wenn es nur ganz kleine Münzen waren, da kam dann doch einiges zusammen. Der Klerus drückte seine Anhänger in tiefe Abhängigkeit. Diese Abhängigkeit wurde über die von Ort zu Ort wandernden Rabbiner verfestigt, wie der eine auch auf Schönhof regelmäßig erschien. Dieser Rabbiner war der niedrigste und am elendsten bezahlte Mann der jüdischen Gemeinde. Während er die bitterböse Verfolgungsgeschichte der Juden vor den Steins erneut ausbreitete und damit die Angst und den Schrecken in den Köpfen dieser einfachen Menschen verfestigte, wurde den Steins das konservierte, archaische rituelle Mäntelchen derart zur Fessel, dass diese Leute vor anderen als sonderbar erschienen. Manche dachten auch, die Steins sind ja nicht ganz dicht. Die Christen auf Schönhof erlebten die Steins als weltfremd. Das Judentum war den andersgläubigen Leuten nicht fasslich. Für die einen konnten Juden Wundertäter sein, für die anderen waren die jüdischen Nachbarn die Reinkarnation des Bösen schlechthin.

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