„Ja, dieser Vorgang ist uns bekannt“, bestätigte man mir. „Hier liegt noch eine weitere Anfrage einer Frau Wally Moser aus Schwä bisch Hall, auch wegen eines Darlehens der BANCORP DE GA RANTIA.“
„Woher haben Sie denn meinen Namen und meine Telefonnum mer?“ fragte ich.
„Diese Daten wurden uns von einer Agentur namens PRO FI NANZ GMBH, Rennbahn 60 in Eisenach, angegeben. Der Ge schäftsführer heißt ULF PALM. Aus den Darlehensunterlagen der Kunden Moser und Seebold geht hervor, dass Sie Herr Bauch, als der deutsche Repräsentant der kreditgebenden BANCORP DE GARANTIA in Houston/ Texas angegeben sind. Für uns ist das Ganze etwas sonderbar. Wir kennen weder die Bank, noch die Agentur in Eisenach.“
„Für mich ist die Sache noch sonderbarer“, erwiderte ich. „Ich frage mich, wie meine persönlichen Daten auf diese Unterlagen kommen? Ich habe weder etwas mit diesen Firmen noch generell etwas mit diesem Gewerbe zu tun. Können Sie mir denn diese Unterlagen zusenden, damit ich die Sache überprüfen kann?“
„Natürlich, das machen wir. Die Unterlagen gehen heute noch raus.“
Ich bedankte mich und beendete das Gespräch.
Ein paar Tage später trafen die Unterlagen ein. Ich musste mir erst mal einen Durchblick verschaffen:
Da waren Darlehensverträge einer BANCORP DE GARANTIA, ausgestellt auf die Namen Seebold und Moser. Dann gab es Verträ ge einer Firma BORROUGHS & MC DUNN aus San Francisco, die Sicherheiten von 30 % der Kreditsumme für die Darlehens nehmer stellte. Als Honorar verlangte diese wiederum 11 % des Wertes der Sicherheiten. Das Honorar hatten die Kunden vorab an den Sicherungsgeber zu zahlen. Andernfalls gab es keine Si cherheiten und ergo auch keine DarlehensAuszahlung.
Vermittelt hatte das Ganze eine Firma PRO FINANZ GMBH. Doch auf den Unterlagen war mein Name nirgends zu sehen. Dennoch waren da diese permanenten Anrufe und die Informati onen aus Holland.
Ich beschloss, nach Eisenach zu fahren und unangemeldet bei PRO FINANZ der Sache nachzugehen. Ich musste herausfinden, was hier los war.
Ganz Eisenach schien eine einzige Baustelle zu sein. Mehrmals landete ich in irgendwelchen Sackgassen, bis ich endlich die Renn bahn 60 fand. Neben dem zweistöckigen Haus waren Parkplätze. Am Eingang des Gebäudes wies ein Firmenschild mit PRO FI NANZ GMBH daraufhin, dass ich hier richtig war.
Das Büro befand sich im 1. Stock. Dort empfing mich eine Se kretärin. Ohne meinen Namen zu nennen, bat ich, den Geschäfts führer sprechen zu wollen. Sie erwiderte, dass Herr PALM erst in der nächsten Woche wieder im Haus sei. Unverrichteter Dinge musste ich wieder gehen.
In der folgenden Woche erkundigte ich mich mehrmals telefo nisch nach dem Geschäftsführer ULF PALM, bis ich die Bestäti gung bekam, wann er im Büro sein würde.
Den Weg nach Eisenach kannte ich ja nun. Der Sekretärin er zählte ich, ich würde mich für ein Darlehen interessieren. Ein paar Minuten später saß ich einem Mann gegenüber, der sich als ULF PALM vorstellte.
Ich schätzte ihn auf circa 30 Jahre, schlanke Figur, circa 1,80 m groß. Er hatte dunkles bis schwarzes Haar.
„Ich möchte mich gern mal bei Ihnen über die Möglichkeiten von Darlehen und Finanzierungen erkundigen“, begann ich das Gespräch.
Ich hatte mich immer noch nicht vorgestellt oder meinen Na men gesagt. Und das schien meinen Gegenüber auch gar nicht zu interessieren.
„Da bin ich der falsche Ansprechpartner für Sie“, antwortete PALM, „den Bereich Finanzierungen und Darlehen bearbeitet mein Partner. Aber der ist für einige Zeit in der Schweiz, um ein neues Geschäftsfeld aufzubauen. Geben Sie mir doch Ihre Telefonnum mer, dann kann er sich bei Ihnen melden.“
„Wie heißt denn Ihr Partner, der die Finanzierungen macht?“ fragte ich.
„SODERLAND“, antwortete PALM.
„Wie war der Name?“ Ich tat so, als ob ich nicht verstanden hätte.
„SODERLAND“, wiederholte PALM,“DR. JENS SODER LAND.“
„Kann ich denn Herrn DR. SODERLAND telefonisch irgend wie erreichen?“
„Versuchen Sie es über unser Büro. Wir leiten Ihre Anfrage dann weiter.“
„So machen wir es“, verabschiedete ich mich.
Den Namen SODERLAND hatte ich nur zu gut in Erinne rung. War er doch derjenige, der mir 1994/95 als Mitarbeiter der angeblichen WD KÖHLER, HANNOVER, einen privaten Fi nanzier besorgen wollte und mich Idioten dabei gnadenlos abge zockt hatte.
Als PALM mir diesen Namen nannte, fuhren alle Antennen bei mir aus. Eigentlich wollte ich PALM mit den DarlehensUnterla gen und der unlauteren Nutzung meines Namens konfrontieren. Doch nun war ich froh, es nicht getan zu haben. Ich wäre sicher gleich aufgeflogen, denn soviel Zufall konnte es gar nicht geben.
Ich nahm mir die Dokumente noch mal genau vor:
PRO FINANZ vermittelte also Darlehen einer BANCORP DE GARANT IA und gleichzeitig auch die Gestellung von Sicherhei ten, falls die Kreditsuchenden diese nicht hatten. Und das war wohl in den meisten Fällen so. Die Gebühr für die Bereitstellung der Sicherheiten durch die InvestmentFirma aus San Francisco, sollte den Unterlagen nach, vorab auf ein Konto in Lichtenstein mit der Bezeichnung WTB eingezahlt werden. Erst dann würden die Sicherheiten für ein Darlehen freigegeben.
Mir war aber immer noch nicht klar, was ich, beziehungsweise meine Daten, für einen Zweck in dieser Sache erfüllen sollten. Doch das stellte sich bald heraus.
Immer wieder kamen Anrufe, wo man jemanden von der BAN CORP DE GARANTIA sprechen wollte. Einige bestanden vehe ment auf die Auszahlung ihrer Darlehen. Schließlich hätten sie die Gebühren für die Sicherheiten bereits geleistet. Manche droh ten sogar mit einer Anzeige.
So langsam ging mir ein Licht auf. Ich wurde hier für üble Ma chenschaften benutzt und ich ahnte auch schon, wer dahinter steck te.
Und noch ein Verdacht kristallisierte sich mehr und mehr heraus: Es gab nur eine Person, die Kenntnis über private und geschäft
liche Daten von mir hatte: JENS SODERLAND.
Schon damals war ich verwundert, wie primitive, des Deutschen kaum mächtige Erpresser, genaueste Informationen über meine Geschäfte, meine Kunden und wie ich mit ihnen abrechnete, ha ben konnten.
Der Zusammenhang zwischen den Erpressungen damals und den Vorgängen heute war offensichtlich. Ich konnte mir damals nie erklären, warum gerade ich, Zielscheibe von dieser Art von Verbrechen wurde, warum man gerade mich ausgesucht hatte. Jetzt wusste ich es. Hinter allem stand ein Name: JENS SODER LAND.
Doch was hatte ich in der Hand? Lediglich einen Verdacht. Mehr nicht.
Ich recherchierte nun genau und rief die, auf den Verträgen an gegebene Telefonnummer der BANCORP DE GARANTIA in Houston/USA an.
Der Anschluss stellte sich als eine Art Büroservice heraus. Dort war die angebliche Bank nicht bekannt. Eine Dame teilte mir jedoch mit, der Auftraggeber dieses Services sei ein gewisser HOL GER SCHREIER in FORT LAUDERDALE/FLORIDA mit der Anschrift 1007 NORTH FEDERAL HIGHWAY XC3. Eine Te
lefonnummer wollte die Dame mir nicht geben. Es hätten aber schon viele angerufen und nach dieser Bank gefragt.
Einen Anschluss HOLGER SCHREIER mit dieser Adresse hat te die Auslandsauskunft nicht verzeichnet. Ich probierte es nun bei der besagten InvestmentFirma BORROUGHS & MC DUNN in San Francisco. Ich landete beim Hauptanschluss eines Büroge bäudes mit über 50 Unternehmen. Aber eine Firma mit diesem Namen gab es dort nicht.
Alles war ein riesiges Windei und ein Scheingeschäft. Weder die Bank noch die InvestmentFirma existierte. Und ich sollte nun den Kopf dafür hinhalten, nachdem man abgezockt hatte.
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