Milow hatte für die Party mal wieder einen total abgefahrenen Ort gewählt. Mitten in der Pampa hatte er diesmal eine alte Lagerhalle ausgewählt. Notstromaggregate würden für den Strom der Musikanlage und die Kühlgeräte der Getränke sorgen.
Wie immer wurde die Party heimlich abgehalten und nur einige der hippsten Leute aus Angle City waren eingeladen. Natürlich kamen meist mehr als eingeladen, denn letztendlich sprach es sich dann doch herum, wo mal wieder eine berüchtigte Milow-Fete stattfand.
Allerdings wurde immer penibel darauf geachtet, dass die Polizei keinen Wind davon bekam, denn die waren genauso hinter diesen Partys her, wie Leute dort eine Einladung haben wollten.
Die beiden stiegen aus und die Atmosphäre holte sie direkt ab. Die Dämmerung setzte gerade ein und tauchte die Halle in diffuses Licht. Die Tür wurde geöffnet und Milow und Dylon traten zu den Frauen.
„Hi, schön, dass ihr früher kommen konntet. Wie findet ihr die Location?“, fragte Milow auch sogleich nach, wobei er die ganze Zeit Sarah angesehen hatte. Melody musste sich ein Grinsen verkneifen, denn letztendlich interessierte er sich die ganze Zeit schon für Sarah, nur sie bekam es nicht mit.
Sie hingegen spürte die Blicke von Dylon auf sich, und als sie ihn anschaute, strahlte er über das Gesicht. Unter anderen Umständen, in einem anderen Leben, da wäre sicher aus ihnen beiden ein Paar geworden. Aber hier und jetzt musste sie Dylon immer wieder einen Korb geben.
„Du hast dich mal wieder selbst übertroffen“, lobte Sarah und hakte sich bei Milow unter. „Wo sollen wir helfen?“
Melody ging neben Dylon in die Halle und staunte nicht schlecht. Die beiden hatten hier schon ganze Arbeit geleistet. „Wow, wart ihr das ganz allein?“
Dylon zwinkerte. „Klar, Milow würde keinen anderen mithelfen lassen. Wir sind die ganze Woche schon dabei, alles vorzubereiten. Lichtanlage hängt, Musikanlage steht und jetzt heißt es nur noch die Theke befüllen. Da könnten wir eure Hilfe gebrauchen. Hinter der Halle steht der Transporter mit den Getränken. Wir tragen die Kisten rein und ihr verteilt alles in die Kühlschränke.“
„Kein Problem, das werden wir noch hinbekommen." Melody zwinkerte zurück und machte sich mit Sarah zusammen auf den Weg hinter die lange Theke.
Heute würden sie hier sogar bedienen. Normalerweise durften das auch nur ausgewählte Personen machen und diesmal war die Wahl auf Sarah und sie gefallen. Eigentlich hatte Milow Sarah gefragt und die wollte nicht allein helfen, somit hing Melody mit drin.
„Rennst du eigentlich mit geschlossenen Augen durch die Gegend?“, fragte Melody, als sie anfingen, die ersten Flaschen zu verstauen.
Sarah hielt beim Einräumen inne und schaute sie verständnislos an. „Hä, wie meinst du das denn?“
„Hast du immer noch nicht mitbekommen, wie dich Milow anschaut?“
„Echt?“ Sarah wurde das erste Mal, seit Melody sie kannte, flammend rot.
„Ja, echt.“ Melody schmunzelte, als die Röte noch zunahm, als Milow und Dylon die nächsten Kästen brachten.
Anscheinend entging das auch Milow nicht, der sie aufmerksam musterte. „Alles in Ordnung, Sarah?“
„Äh … ja, ja.“
Dylon warf Melody einen Blick zu und grinste wissend. „Ach Mel, könntest du mal mit rauskommen, ich wollte dir noch etwas zeigen.“
Melody verstand sofort und drückte ihre Flaschen zum Wegräumen direkt Milow in die Hände.
Vor der Tür kicherten die beiden wie Teenager. „Meine Güte, das war mit den beiden nicht auszuhalten“, gluckste Melody.
„Milow liegt mir schon seit Wochen in den Ohren, wie er am besten an Sarah herankommt. Man könnte meinen, er wäre 14 und nicht schon 24.“
„Sarah verhält sich da aber auch nicht besser.“ Melody setzte sich auf eine der Kisten und schaute in den immer dunkler werdenden Himmel.
„Magst du auch eine? Ist leider noch etwas warm.“ Dylon hielt ihr eine Coke hin.
„Danke.“ Wenn doch alles anders wäre, dann wäre jetzt auch für sie der perfekte Zeitpunkt gekommen, um auf Dylons Annäherungsversuche einzugehen.
Er setzte sich neben sie und ihre Arme berührten sich. Verdammt, sie musste es jetzt klarstellen.
„Hör zu, Dylon. Ich bin allerdings auch nicht blind. Du gefällst mir unheimlich gut und ich gehe davon aus, dass das auf Gegenseitigkeit beruht?“
„Da hast du vollkommen Recht, Melody. Ich bin schon lange …“
„Stopp. Bevor du weitersprichst, muss ich dir etwas sagen. Ich mag dich, sehr sogar und unter anderen Umständen … nun ja, es ist aber nun mal so, wie es ist. Es gibt da einen anderen Mann. Auch wenn es sich sehr altmodisch anhört, so bin ich ihm versprochen und dieser Anspruch wird nie erlöschen. Auch wenn ich einen Aufschub bekommen habe, so werde ich letztendlich irgendwann seine Frau werden.“ Dass es dafür aber vielleicht hunderte oder tausende von Jahren dauern könnte, konnte sie natürlich nicht erzählen.
„Mist. Das wusste ich nicht. Ich hätte nie gedacht, dass es so etwas heute noch gibt. Und das lässt sich nicht ändern? Ich meine, man ist doch mit jemandem aus Liebe zusammen, heiratet, gründet eine Familie. Aber man wird doch nicht mehr versprochen.“ Dylon war wirklich fassungslos, das merkte Melody.
„Das ist auch kein klassisches Versprechen, weil es die Eltern ausgemacht haben. Hier hängt viel mehr dran, was ich leider nicht erzählen darf. Tut mir wirklich leid, Dylon. Aber ich möchte fair sein und dir sagen, woran du bei mir bist.“
„Danke für deine Ehrlichkeit.“ Er nahm ihre Hand und so saßen sie noch einige Zeit, blickten stumm in den Himmel und tranken ihre Coke.
„Hey, nicht so faul ihr beiden, die ersten Gäste werden bald kommen“, wurden sie von Milow hochgescheucht.
„Sklaventreiber“, murrte Dylon leise und packte sich die nächste Kiste zum Reintragen. „Lass stehen, die tragen wir schon“, wollte er Melody aufhalten, die nach einer der Kisten griff.
„Ich bin nicht aus Zucker“, erwiderte sie und hob die Kiste an. Dass sie für sie ein Federgewicht war, zeigte sie allerdings nicht, sondern spielte perfekt die sich abschleppende Frau.
Die Party war im vollen Gange und Sarah und Melody hatten alle Hände voll zu tun. Die Stimmung war bombastisch und Milow legte heiße und fetzige Musik auf. Dylon war für die Technik zuständig, kam aber irgendwann an die Theke, um mitzuhelfen.
Dieses Mal schien die Party sich in ganz Angle City rumgesprochen zu haben.
„Heilige Scheiße, heute ist hier ja die Hölle los.“ Dylon musste gegen die laute Musik anbrüllen.
Die zwei Frauen hoben den Daumen und Melody hatte ihre Haare mittlerweile mit einem Band am Hinterkopf fixiert. In der Halle stand die Luft und irgendwann klebte einem alles nur noch am Leib.
Während der neueste Mix lief, tanzten die drei hinter der Theke zwischen der Ausgabe hin und her. An sich machte es natürlich Spaß, denn Melody musste nicht im Gedränge in der Halle stehen. Das mochte sie gar nicht.
Es zwar schon weit nach Mitternacht, als Bewegung in die Menschen kam und immer mehr Stimmen laut wurden. „Bullen!“
Damit waren nicht die Tiere gemeint und mit schnellen Blicken verständigten sich die drei hinter der Theke und auch Milow ließ die Musik verstummen und gab durch das Mikro bekannt: „Verschwindet, wir sind aufgeflogen.“
Die Leute verschwanden zügig aus der Halle und Milow war schon dabei, mit Hilfe von Dylon die Musikanlage ins Auto zu verfrachten.
„Lasst alles andere stehen, das packen schon die Cops ein“, grinste Milow breit. „Fahrt uns hinterher, wir kennen einen Weg, wo wir nicht auf ungewollten Besuch treffen werden.“
Sarah und Melody rannten nach vorne zum Jeep. Sie fuhren einmal um die Halle herum, wo schon die beiden Männer warteten, und setzten sich hinter deren Auto.
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