Mit diesen Orientierungspunkten kontrastiert eine artenreiche, teils wild anmutende Staudenpflanzung – Ergebnis der Experimentierlust des Pflanzenliebhabers und daher in stetem Wandel begriffen. Stück für Stück bepflanzte Jörg Lonsdorf in Handarbeit die Bereiche rechts und links des Weges – nach dem Prinzip „right plant, right place“ – ein Motto, das der englischen Gartenlady Beth Chatto zugeschrieben wird. „Also habe ich die von der Wirkung und vom Standort her passenden Pflanzen ausgewählt und bin dabei meinem Spiel- und Experimentiertrieb gefolgt, immer mit einem die Ästhetik prüfenden Blick“, berichtet der Gartenplaner.
Doch wie aufwändig ist die Pflege eines solchen Staudenreichs? Zeitmangel ist doch eine weitverbreitete Krankheit in unserer Gesellschaft und Pflege fordert nun mal das wertvollste von uns, was wir haben: Zeit. Jörg Lonsdorf hat sich von der Vorstellung verabschiedet, dass der Garten jedes Jahr gleich aussehen muss, er lässt Dynamik zu, greift an anderer Stelle aber wieder gezielt ein. „Manche Ecke, die man früher Staudenbeet genannt hätte, vermittelt inzwischen eher den Eindruck einer Wiese. Es fällt mir der Ausspruch eines Gartenarchitekten ein, der mich schon im Alter von zehn Jahren beeindruckt hat: ‚Kultiviert verwildert.‘ Ja, das mag ich! Struktur trifft auf Chaos und Lebensfreude. Nun bin ich 51 und endlich da angekommen, nachdem ich als junger Gärtner immer alles perfekt gepflegt haben wollte“, sagt Jörg Lonsdorf. Wie es wohl weitergehen wird mit seinem lebendigen, dynamischen Garten? Eins ist sicher – nichts bleibt, wie es ist.
Bonn, Nordrhein-Westfalen
730 m 2
(ohne Haus) bzw.
830 m 2
(mit Haus)
Jörg Lonsdorf - Die Gartenenthusiasten
Jörg Lonsdorf - Die Gartenenthusiasten
Sabrina Rothe
„Mit der Zeit ist der Garten wilder geworden, doch das Grundkonzept mit den optischen Ruhepolen erlaubt dies, ohne dass reines Chaos entsteht.“
PLAN
1Wohnhaus
2Rasenweg
3Schattensitzplatz
4Pflegewege durch die Bepflanzung
5Bank am Endpunkt der Sichtachse
Cordula Hamann – Gärten und mehr
Nachhaltigkeit im Garten leben
Von der Terrasse und dem Wintergarten blickt man direkt auf den Teich mit seiner artenreichen Uferbepflanzung.
Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sind keine Erfindungen der jüngsten Zeit – das Thema war schon vor 30 Jahren aktuell. Damals gab es bereits Vertreter der „grünen Zunft“, die erlebnisreiche Gärten gestalteten und dabei gleichzeitig ökologisch sinnvolle Ideen umsetzten.
Dieser Garten ist ein herausragendes Beispiel für ruhige und ökologisch wertvolle Erlebnisräume. Haus und Garten verzahnen sich hier zu einer besonderen Einheit. Während sich der Innenraum über den Wintergarten transparent zum Garten öffnet, ergänzt der Teichgarten mit einer raumweitenden Wirkung. Die Wasserfläche öffnet den engen Raum, spiegelt den Himmel zwischen den schattengebenden Gehölzen und macht den wasserreichen Garten klimatisch wertvoll und tierökologisch erlebnisreich. In diesem staudenreichen und mit klaren Blattkontrasten gestalteten Garten findet man ländliches Lebensgefühl mitten in der Stadt. In angemessener Weise wurde der ursprüngliche Gehölzbestand eingebunden, regionale Materialien verwendet und die Nachhaltigkeit über Regenwasserversickerung in Pflasterfugen und Dachbegrünung abgerundet. Insgesamt ist hier ein charakteristisches Gartenbild entstanden, das spannende Raumgliederungen zwischen Abstand und Nähe schafft, Sichtbezüge und „Umwege“ bietet, abwechslungsreich ist und zudem noch eine entspannte Ruhe ausstrahlt. Dieser besondere Garten gehört zu Recht zu den Gärten des Jahres 2022. Ganz herzlichen Glückwunsch!
Prof. Dr. Swantje Duthweiler
Da Haus und Grundstück direkt unterhalb des Weser-Deiches liegen, bot sich das Thema „Wasser“ mit seiner typischen Vegetation an.
Nachhaltige Ideen – und das bereits vor 30 Jahren: der Teich ist ausschließlich mit Lehm abgedichtet, das Dach der Garage begrünt
Um den Teich herum sorgen Blattschmuckstauden wie Hosta in Arten und Sorten für stimmungsvolle Gartenbilder. Dazwischen leuchten die gelben Blüten der Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus) auf.
Im Wintergarten gab es einst ein Kuriosum – eine Wasserfläche, die aber für die Holzfenster zu feucht wurde.
Die Hauptpfl asterung besteht vor allem aus regionalen Materialien wie Klinker und alten Feldsteinen.
Cordula Hamann ist eine von ihnen – und in dem Garten hier mitten in Bremen ist heute (fast) noch alles so, wie sie es damals plante und anlegte. „Der Garten entstand im Jahr 1990 zusammen mit dem Haus. Hier wurden viele nachhaltige Ideen realisiert, die immer noch Bestand haben und die Richtigkeit der Planungsideen zeigen. Die Grundstruktur ist unverändert, hinzugekommen sind lediglich neue Staudenflächen“, berichtet Cordula Hamann. Seit 1984 ist sie als Landschaftsgärtnerin tätig, und schon damals arbeitete sie nach ökologischen Kriterien. Dazu gehört auch, mit regionalen Materialien wie dem Klinker zu arbeiten, der hier in der Region immer noch hergestellt wird. In diesem naturnahen Garten bestehen daher Terrasse und Wege aus dem traditionsreichen Material bzw. aus alten Feldsteinen von einem Bauernhof. Versiegelte Pflasterflächen gibt es nicht, das Wasser kann im Boden versickern. Diese Konsequenz in ökologischen Belangen zieht sich durch das Grundstück, etwa mit dem begrünten Garagendach oder mit dem Verzicht auf Plastikfolie beim Teich, der alternativ mit Lehm abgedichtet wurde.
Neben den ökologischen Ansprüchen ging es Cordula Hamann auch darum, ein stimmiges Ambiente für das ungewöhnliche Haus zu schaffen – dazu gehört für sie eine intensive Staudenverwendung. Die besondere Architektur des Wohnhauses mit Reetdach und großem Glasanbau (Wintergarten) sollte im Garten eine Antwort finden.
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