H. C. Schwarz - Hardcore

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Ergänzt von sehr persönlich gehaltenen Tagebucheinträgen wird die Geschichte eines Pornoregisseurs erzählt, der eine existenzielle Krise durchlebt, die schließlich in einem Selbstmordversuch gipfelt. Da er in seinem labilen Zustand eine Gefahr für sich und andere darstellt, landet er in der psychiatrischen Notaufnahme.
Im Zuge des sich an seine Zwangseinweisung anschließenden Entgiftungsprogramms kommen die lange verdrängten Erinnerungen an den sexuellen Missbrauch hoch, dem er als Kind ausgesetzt war. Noch während seines Aufenthalts in der Anstalt lernt er im Rahmen einer Gruppentherapie eine Frau kennen, die einer ähnlichen traumatischen Erfahrung ausgesetzt war. Sie verlieben sich ineinander und fliehen aus der psychiatrischen Klinik, um inmitten eines großen, naturbelassenen Waldes in einem alten Forsthaus gemeinsam einen Neuanfang zu wagen.
Bei dem Text «HARDCORE – Tagebuch eines missbrauchten Mannes» handelt es sich nicht nur um eine Liebesgeschichte der besonderen Art, sondern auch um den authentischen Bericht über den Weg eines Paares hin zu einer geheilten, liebevollen Sexualität. Er erzählt von der Sehnsucht eines Mannes nach innerem Frieden und von seinem Prozess der Aussöhnung mit dem Weiblichen, das in jedem Mann zuhause ist.

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Frauenhasser unter sich. Tja, so ein Feind vereint. Auch, wenn dieser Zustand der Harmonie nur sehr vorübergehend und extrem fadenscheinig war, wie sich kurz darauf zeigte.

Ich fühlte mich mal wieder vollkommen fehl am Platz. Allein unter Menschenfressern. Was zur Hölle, hatte ich hier bloß verloren? Meinen Selbstrespekt?

Mein Verhältnis zum weiblichen Teil der Erdbevölkerung war zwar ausgesprochen ambivalent, von einem Ausnahmezustand wie Hass aber meilenweit entfernt. Ich bezeichnete ihn eher als gleichzeitige Anziehung und Abstoßung auf verschiedensten Ebenen, als ein vielschichtiges Wirrwarr zwiespältiger Emotionen. Doch trotz meines Beziehungschaos konnte ich mir ein Leben ohne Frauen auf diesem Planeten nicht vorstellen, wollte es mir nicht vorstellen. Mein Dasein allein mit dem männlichen Geschlecht auf dem Planeten Erde zu fristen, glich in meinen Augen einem Urteil von horriblem Ausmaß. Lebenslänglich interniert mit Milliarden von Männern in einem Hochsicherheitsknast...

„Was, verflucht noch mal, gibt es hier eigentlich zu grinsen?“

Die Mienen der Versammelten gefroren schlagartig. Die Heiterkeit war ihnen von einer Sekunde auf die andere aus den Gesichtern gewischt.

„Wenn wir uns rechtlich nicht hundertprozentig absichern, kommen wir in des Teufels Küche, ist euch das bewusst?“

Alles zurück auf Anfang, das Stechen der eisigen Augen traf auf beklommenes Schweigen. Dieses Mal war auch ich wie erstarrt. Ich hatte es kommen sehen, auch wenn ich die Entwicklung, die die Dinge in letzter Zeit nahmen, bisher nicht wahrhaben wollte. Mich schockierte daher nicht so sehr die unheimliche Strahlkraft des bösen Blicks, dagegen war ich allmählich immun. Was mich echt beunruhigte, war das neue Projekt.

Auch, wenn ich mal wieder folgsam meine Klappe hielt, die Gedanken waren und blieben frei.

1.19 Mein Tagebuch / 8

Die Pornoszene

driftet in Richtung Rape-Culture. Und das scheint mir nur die Spitze des Eisbergs zu sein. Mich erschreckt eine Entwicklung, in deren Verlauf Vergewaltigungen zunehmend gesellschaftsfähig werden. Missbrauch hat offensichtlich einen hohen Unterhaltungswert und garantiert optimale Einschaltquoten. Selbst in den sogenannten gutbürgerlichen Printmedien ist es ein probates Gestaltungsmittel, die krassesten Nachrichten über misshandelte Frauen völlig schamlos mit irgendwelchen softerotischen Tittenbildchen zu garnieren. Layout ohne Grenzen.

Früher habe ich über solche Eyecatcher blindlings hinweg gelesen. Sie waren Teil meiner Vorstellung von Normalität.

Heute kotzen sie mich sprichwörtlich an. Sie wollen mir suggerieren, dass sexuelle Belästigungen und Übergriffe einfach nur eine Frage des Geschmacks und erotische Spielarten wären, eine Variation dessen, wie Menschen es miteinander treiben. Die Toleranzgrenzen der breiten Öffentlichkeit verschieben sich. Man gibt es nicht zu, hat aber insgeheim Verständnis für die Ausraster triebgesteuerter Mitmänner. Da hat ein Herr der Schöpfung Lust verspürt, mit einer Frau seiner Wahl gegen ihren Willen Sex zu haben, sie mit Gewalt zu ihrem Glück zu zwingen.

Man kann unmöglich von einem Mann erwarten, dass er sich immer im Griff hat, oder? So etwas kann jedem mal passieren. Das darf man nicht so eng sehen. Ist doch schließlich nur ein Kavaliersdelikt.

1.20 Folterknecht

Ich seufzte

unterdrückt, nippte an meinem Kaffee und versuchte den Tatsachen ins Gesicht zu sehen.

Jetzt sollte ich im wahrsten Sinne des Wortes Hardcore abliefern. Die erwarteten tatsächlich von mir, dass ich Snuff-Filme nachstellte, in denen vor laufender Kamera live gekillt wurde.

Ich sollte liefern. Nach meiner Meinung fragte mich niemand. Und was käme als nächstes? Folterungen und Hinrichtungen vor laufender Kamera, in denen Vergewaltigungen nur ein unbedeutender Nebenschauplatz waren? Faketorturefuckdeath?

„Hat denn wenigstens jemand eine gute Idee für den Titel? Macht euch darüber mal Gedanken. Und redet mit der Grafikabteilung über das Cover. Bis nächste Woche will ich mindestens drei gute Entwürfe. Das muss einmalig werden, ein echter Hammer.“

Und Abgang Pornopate.

Das war das Startsignal. Alle plapperten wild durcheinander und organisierten Nachschub an Kaffee, Tee und Keksen. Überlebende, die erleichtert auf ihr neues Leben anstießen.

1.21 Mein Tagebuch / 9

Was ist der Motor

hinter den Kulissen der Pornoindustrie, die treibende Kraft? Wie tickt der durchschnittliche Kunde? Angebot und Nachfrage, ein profitables Produkt mit einem wachsenden Markt? Geht es wirklich darum, ganz banal um ein lukratives Geschäft?

Ich bin inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass im Rahmen der Pornographie vor allem ein perfides Konzept der Demütigung, der Erniedrigung gehandelt wird. Porno ist eine Frontlinie im Krieg der Geschlechter, in der Sex als Mittel zum Zweck und der Schwanz als das Machtinstrument der Wahl eingesetzt werden. Die männlichen Pornodarsteller fungieren in diesen eindimensionalen Rollenspielen als Stellvertreter, leben vor der Kamera die Rachefantasien der User aus.

Sie wollen es allen Frauen heimzahlen, dass Mutti sie nicht genug geliebt und zu heiß gebadet hat. Hier finden die Herren der Schöpfung nun endlich einen Minimalkonsens und einen Weg, ihr Konkurrenzdenken zu überwinden. Eine Art Melting Pot, der jede Menge gute Gründe beinhaltet, eine oder auch alle Frauen abgrundtief zu hassen:

1. Meine Mutter war eine Heilige. Wie sie mich immer mit stummen Vorwürfen und schmalen Lippen dirigiert hat. Wie sie in alles reingeredet hat und immer wusste, was für mich richtig und falsch ist. Wie sie mich zu Heimlichkeiten gezwungen hat mit ihrem vorbildlichen Getue und ihrem cleanen Wesen. Sie war perfekt und ich ein schmutziger, ungezogener, kleiner Bengel, der zu gehorchen hatte. Das hat sie hart wie ein Schraubstock mit sanfter Stimme durchgesetzt.

Noch heute werde ich wütend, wenn mir eine Frau Vorschriften macht. Ich brauche meine Freiräume und genieße meine Heimlichkeiten. Ich bin gerne heimlich ein böser, schmutziger Junge, der den Frauen weh tut. Und ich kann es mir nur schwer eingestehen, aber tief in mir drin, dort, wo meine Wut ist, will ich alle diese heiligen Frauen in den Dreck ziehen und sie an das Kreuz nageln.

2. Meine Mutter war eine Hure. Die Männer waren ihr immer wichtiger als ich. Sie hatte Sex mit ihnen, während ich, als kleiner Junge, neben ihr im Bett lag und so tat, als ob ich schlief. Es gab viele, verschiedene Männer in unserem Leben, sie kamen und gingen. Sie machten auf Vaterfigur, bis ihnen das zu anstrengend wurde. Zum Abschied haben die Männer viele hässliche Dinge zu meiner Mutter gesagt, sie gedemütigt und beschimpft. Ich wollte sie immer beschützen. Aber das konnte ich nicht, ich war ja noch viel zu klein.

Heute weiß ich, dass diese Männer recht hatten. Meine Mutter ist eine Schlampe und ich verabscheue sie für ihre Lust, ihren Hunger nach Nähe und Liebe, ihren haltlosen Lebenswandel. In jeder Frau sehe ich heute diese Hurenmutter. Ich kann ihnen niemals vertrauen und hasse sie dafür.

3. Eine Frau hat mir ein Kind angehängt und ich musste sie heiraten, obwohl ich noch zu jung und eigentlich noch gar nicht bereit dazu war. Ich wollte noch so viel erleben. Nun fühle ich mich dazu verpflichtet, eine Familie zu ernähren, die ich nicht haben will und sehe zu, wie mein wahres Leben an mir vorbeizieht.

4. Meine Frau ist gleich am Anfang unserer Beziehung fremdgegangen und hat mir ein Kuckuckskind angehängt. Anstatt mich von ihr zu trennen, fühlte ich mich wider besseren Wissens dazu verpflichtet, sie zu heiraten. Nun werde ich sie nicht mehr los, während sie mich zum Dank betrügt, hinter meinem Rücken mit Hinz und Kunz vögelt. Ich weiß ganz genau, dass sie ein verlogenes Luder ist, kann es aber leider nicht beweisen.

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