Carola van Daxx
Der Van Gogh vom Keltenberg
(XXL Leseprobe)
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Inhaltsverzeichnis
Titel Carola van Daxx Der Van Gogh vom Keltenberg (XXL Leseprobe) Dieses ebook wurde erstellt bei
„2012: Sturmfreie Bude“
„Alstereis und Valentin“
„Wie Hein will“
„Heimgang mal anders“
„Alsgradaus, Mädels!“
„Crossover“
„Der Mann ohne Namen“
„Der Sandwegbäcker“
„Nockherberg Reloaded“
„Krach im Treppenhaus”
„Hein kocht“
„Hamburg, Ahoi!“
„Durchatmen statt Grüner Soße“
„Ziemlich dicke Eier“
„Äbbelwoianstich“
„Schwarzer Freitag“
„Angrillen“
„Alles neu, macht der Mai“
„Muttertag!“
„Frühsommerliche Frustrationen”
„Auf, auf, in die Berge!“
„Zoff und Tor!“
„Schweinchen und Streusel“
„Und hell erklingen die Sirenen“
Impressum neobooks
Lina Siebenborn lag nicht ordnungsgemäß im Bett – sondern quer. „Ei, ei, ei, der letzte Wein war bestimmt zu warm…“ Vor ein paar Jahren noch, das musste sie zugeben, wäre sie nach einem feuchtfröhlichen Abend eindeutig fitter gewesen…
Ihr richtiger Name war eigentlich Angelina. Aber irgendwann wollte sie nicht mehr „die Angie“ für jedermann sein. Deshalb war sie vor ein paar Jahren auf eine andere Kurzform umgestiegen: Lina! Doch in Frankfurt hat das niemanden so wirklich interessiert…
Die Sonne schien an diesem Februarmorgen ebenso wenig in Form zu sein wie Lina selbst. Ins Schlafzimmer ihrer Altbauwohnung kam jedenfalls nur trübes Licht. Naja, wenigstens hatte kein Wecker geklingelt. Es war ja Sonntag. Der einzige Lichtblick! Sie kniff die Augen trotzdem wieder zusammen. „Viel zu grell für Nachteulen. Und so ein halbleeres Doppelbett ist auch nicht mein Ding. Verdammt, wo ist hier eigentlich oben und unten?“ Ihre Stimme klang schwer nach versoffenem Rockstar…
Was war noch gleich gestern Abend gewesen? Ach, ja das erste jährliche Gipfeltreffen mit den Flaggenmädels beim Italiener. Genauer gesagt: Pizzeria UNO, Ecke Berger Straße, Bornheim, Frankfurt am Main, Hessen, Deutschland, Planet Erde. Vollzählig erschienen waren: Susi, Marie-Anne, Ines und Lina. Volltrunken gegangen sind: Susi, Marie-Anne, Ines und Lina. Püh! Ihr Kopf!
Das Brummkonzert lief mittlerweile auf Hochtouren. Angeblich sollten soziale Kontakte doch der Gesundheit zuträglich sein, stand kürzlich erst im Apothekenmagazin. Von dröhnenden Nebenwirkungen war da aber keine Rede gewesen... Na, das war wohl ein Quantum Prost zuviel.
Lina robbte sich in Position und lag nun endlich richtig herum. Gemäß der allgemein gültigen Bettordnung: Kopf oben, Füße unten, pro Bett nur ein Mensch… Genüsslich zog sie sich die Decke wieder über den Kopf, döste prompt ein und landete genau da, wo Traum und Wirklichkeit sich manchmal die Hand reichen. Und dann flog sie in rasantem Tempo über die Frankfurter Skyline, zwischen Wolkenkratzern hindurch bis hin zur Alten Oper. Huiiiiiii!!!
Ein kleiner Schlenker zur Fressgass‘, und dann sah sie eine fast menschenleere Zeil unter sich. Sowas bekam man in Frankfurt sonst nie zu sehen! „Endlich mal ganz in Ruhe shoppen. Yippieh!“ Einkaufstouren auf der überfüllten Meile waren ihr ein Graus, und auf die üblichen Schnäppchenjäger mit Tunnelblick, die die Zeil normalerweise bevölkerten, konnte sie gerne verzichten. Auf einmal befand sie sich direkt über dem Main, wo sie mit einer unglaublichen Leichtigkeit zwischen Frachtschiffen, Touristendampfern und Ruderbooten umher schwebte. „Herrlich, so eine frische Brise! Genau das Richtige, wenn man einen Kater hat.“ Lina schaute unter sich und sah, dass sie tatsächlich auf einem Besen unterwegs war. In goldenen Lettern stand da: Superfeger 2012 Automatik . Hey, das war richtig großes Kino. Nur viel, viel besser! Sie hätte ewig so weiterfliegen können… Also gab sie nochmal richtig Gas und steuerte todesmutig Offenbach an.
„Mal sehen, was da so los ist!“
Normalerweise war die Nachbarstadt nicht unbedingt das klassische Ausflugsziel für Frankfurter – eine Freundschaft mehr wie Kölsch und Alt – aber im Traum konnte man ja manchmal die merkwürdigsten Dinge erleben…
Doch schnell war der Zauber wieder vorbei. Lina musste mal dringend für kleine Bornheimerinnen. Also nix mit den Offenbach-Adventure-Tours… Und vorbei war es auch mit einer Extra-Portion Schlaf. „Hundsgemein!“, motzte sie vor sich hin. So ganz war sie wohl noch nicht wieder in ihrem bodenständigen Leben gelandet. Müde rieb sie sich ihre Augen. Die brannten nämlich wie Feuer.
„Mist, die Wimperntusche von gestern...“ Das Abschminken war wohl auch wieder ausgefallen. Jetzt aber Wasser und Creme marsch!
Lina versuchte, die Uhrzeit zu erspähen, was ihr jedoch ohne Brille einfach nicht gelingen wollte. „Es werden einem aber auch nur noch Steine in den Weg gelegt, wenn man die vierzig erst einmal überschritten hat.“ Beim Aufstehen kamen dann komische Knackgeräusche aus der Kniegegend. „Morsche Knochen“, analysierte sie messerscharf.
„Naja, taufrisch ist echt was anderes.“ Im Geiste hörte sie ihre Oma Hermine, Gott hab‘ sie selig, zu ihr sagen: „Angelina, glaub‘ nur, die besde Beer’n sinn schonn geleese…“ Was in Oberhessen so viel heißt wie: Der Lack ist ab! Mordsmäßig motivierend. Aber eigentlich war damit alles gesagt. Omas Universalspruch passte fast in jeder Lebenslage. Weitere Weisheiten überflüssig. Kein Bedarf an TV-Philosophen oder Teilzeit-Psychiatern, die den Menschen die Welt erklären – das alles gab es ja zu Oma Hermines Zeit noch nicht. Immerhin, sie war Jahrgang 1910 – da ging man abends noch in die Dämmerstunde! Wahrscheinlich eine frühe Form von dörflicher Gruppentherapie. „Sollen die morschen Knochen halt knacken.“ Davon wollte sich Lina ihren Sonntag jedenfalls nicht verderben lassen.
Auf dem Weg Richtung Badezimmer erhaschte sie im Flurspiegel einen Blick auf ihre Silhouette. „Hoppala!!!“ Abrupt blieb sie stehen. Dann schaute sie sich ihre Rückseite noch einmal genauer an. Was vielleicht ein Fehler war… Denn dieser Hintern war absolut zu breit für eine einzelne Lina. Und das konnte ihr keinesfalls am Arsch vorbei gehen!
„Lina Siebenborn!!!“, im Geiste klang Jan Johannsen so streng wie Fräulein Rottenmeier persönlich. „In diesem schwerwiegenden Fall schlage ich vor: Ab morgen wieder strengste Diät!“ In Gedanken stimmte sie ihrem Liebsten auch gleich zu. „Jaaa, ich sehe es ein. Du hast ja so recht…“
Er war für ein paar Tage zurück in seine Heimatstadt Hamburg gefahren – turnusmäßiger Besuch bei Mutter Gisela, und ein Arzttermin stand auch wieder an. Am Samstag in aller Herrgottsfrüh‘ war er gen Norden gestartet. In seinem heißgeliebten „ollen Kombi“. Die Sache war diesmal ernst: Der entzündete Zehennagel musste wohl tatsächlich raus!!! Lina hoffte, Dr. Gutbein würde seinem Namen dabei alle Ehre machen. An diesem Nomen est omen musste doch irgendwas dran sein… Schließlich gab es kaum Lästigeres als einen wehleidigen Mann!
Und jetzt war sie Kurzzeit-Strohwitwe. Mit halbleerem Doppelbett! Aber sie sah es positiv: Manchmal konnten so ein paar Kilometer Distanz für eine Beziehung, die den Hormonrausch schon ein Weilchen hinter sich gelassen hatte, ja ein wahrer Segen sein. Ganz im Gegensatz zum Badezimmerspiegel, der wenig segensreich schien. Er brachte weitere Wahrheiten unbarmherzig ans Licht: schulterlanges blondes, aber fürchterlich dünnes Haar (das Einzige, was an Lina wirklich dünn war), dazu ein gerötetes Gesicht. Etwa Couperose? Außerdem sah sie etwas verquollen aus. Unterm Strich eher unbefriedigend in der Gesamtnote. Nicht zu vergessen: die Knitterfältchen rund um die übernächtigten Äuglein. Kein wirklich strahlender Anblick…
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