Carola van Daxx
Mister Left
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Carola van Daxx Mister Left Dieses ebook wurde erstellt bei
PROLOG
Gleich hinter den Thymian-Oliven
Das geheime Innenleben
Da hilft kein Salz!
Herzchen, alles Herzchen
Dienstag, 12. Juli 2016
Haarige Angelegenheiten
Das Drama der frisierten Frau
Wie eiskalt ist dies Händchen
Nägel mit Köpfen
Glückskekse
Hans-Georg
Oma Lydia
Decker, the Checker!
Jetzt knallt‘s
21. September 2016
Gesprächsbedarf
Mein lieber Scholly!
Für Oma keine Kekse mehr
Just married
Interview mit Hindernissen
Kein Aprilscherz und nicht mal zum Lachen
The Way to the next Whisky Bar
Wien, Wien – nur Du allein!
EPILOG
Über die Autorin
Impressum neobooks
Angeblich war das Spiel schon über 6000 Jahre alt – und, was heutzutage wirklich verrückt klingt: Die Chinesen sollen es ausnahmsweise mal nicht kopiert haben. Doch es ist mehr als nur ein Zeitvertreib, es ist ein Spiel mit der Selbsterkenntnis. Sogar berühmte Psychologen sollen den „Magischen Kubus“ einsetzen, dann und wann. Überall auf der Welt wird es gespielt, ob im Freundeskreis oder einfach in der Kneipe um die Ecke. Man kann darüber lachen, diskutieren, das Ergebnis ignorieren, lächerlich finden oder ungläubig staunen. Gesprächsstoff gibt es immer! Und Einsichten, soweit man dafür offen ist. Manche Leute begleitet es ein Leben lang, andere halten sich streng an die Anweisung, von wem auch immer sie einst gekommen sein mag, das Spiel nur ein einziges Mal zu spielen.
Sarah betrachtete dieses ungeschriebene Gebot allerdings als absolut veraltet. Aus einer Zeit kommend, wo die wahre Liebe nur einem Menschen galt. Mangels Lebenserwartung und passender Gelegenheiten…
Sie hat es oft gespielt, als Teenager, als Twen und dann und wann später, wenn sie neugierig war, wie es um sie und ihr Liebesleben denn steht. Das Gemälde setzt sich zusammen aus Wüste, Kubus, Leiter, Pferd, Blumen und Sturm. Dem Spieler wird hierbei völlig freie Hand gelassen, was die Anordnung, die Materialien, die Szene an sich angeht. Verliebte sehen oft einen stolzen, geschmückten Araberhengst, der stattlich und dicht neben dem Kubus im Bild erscheint. So erging es Sarah immer wieder, wenn sie auf Wolke Sieben schwebte. Der prachtvoll geschmückte Schimmel! Stolz und majestätisch.
Unglückliche sehen in Zeiten der Krise tatsächlich oft nur noch einen klapprigen, alten Gaul mit herunterhängendem Kopf und ebensolcher Unterlippe. Manche Spieler entdecken gar ein hilfloses Pony bei sich, klein und unscheinbar. Bei anderen läuft ein Pferd direkt in den aufkommenden Sturm oder wird komplett von aufgewirbeltem Sand verdeckt.
Als Sarah den Magischen Kubus nach vielen Jahren wieder einmal für sich selbst spielte und das alles sagende Bild in ihrem Kopf entstand, da stand tatsächlich nur noch ein morscher Sägbock am Rand! Klein, abgewrackt, ohne Bedeutung. Niemanden interessierte dieses pferdeähnliche Gebilde noch, am wenigsten sie selbst. Die junge Frau war darüber mehr als erschrocken, denn das Zauberspiel hatte sie durch glückliche und katastrophale Beziehungen begleitet – und ihr immer wieder verblüffende Erkenntnisse geliefert. Es war wirklich wie verhext, das Gemälde spiegelte immer haargenau die Situation, in der sie sich befand. Und nun war ihr Traummann nur noch ein armseliges Holzgebilde im Abseits?
Die Jahre vergingen und lange hatte sie nicht mehr daran gedacht, das gute alte Spiel zu bemühen. Aber eines Tages, als sie in ihren sogenannten „besten Jahren“, die Vierzig schon fest im Blick, auf einmal überhaupt kein Pferd mehr sehen konnte, war ihr klar: Die Sache mit der Liebe hatte sich erledigt.
Ein für alle Mal…
Gleich hinter den Thymian-Oliven
„Ich hab‘ keine Lust, da hinzugehen – Null Bock! Und dann auch noch an einem Freitagabend!“, schimpfte Sarah und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Gerade so, als wollte sie mit Blicken töten.
„Wenn Dein Boss Dich da angemeldet hat, musst Du nun mal hin. Da beißt die Maus keinen Faden ab!“
Tinka, ihre Kollegin, war da ganz realistisch. Sie wusste, wie Herr Fadenmeyer reagieren konnte, wenn jemand seine Anordnungen verweigerte. Er dudelte kein Wenn und kein Aber. Befehl war Befehl! Und zwar von ganz oben. Also von ihm…
„Ja, ich weiß, der Alte kann keine Widerrede vertragen. Aber nur, weil Frau Hashemi krank geworden ist, muss ICH jetzt zu dieser blöden Abendveranstaltung. Eine Art Knigge–Kurs für Büromäuse, das braucht doch kein Mensch! Hört sich an wie Tipps vom Reiseveranstalter… Wie Sie im Ausland eine gute Figur machen – oder so ähnlich.“
„Sarah, Herzchen, Du machst doch immer eine gute Figur. Weil Du eine hast!“, versuchte Tinka ihre allerliebste Lieblingskollegin etwas heiterer zu stimmen. Und biss dabei in eine Riesentafel Schokolade wie in eine Scheibe Brot. Es knackte unappetitlich, aber das klingt nur für denjenigen so, der gerade nichts isst. Tinka war im Grunde genommen neidisch auf Sarahs Superfigur – aber zu undiszipliniert, um etwas an ihren Überpfunden zu ändern. Das nervte sie selbst am allermeisten.
„Ich hab’s schon kapiert. Da muss ich jetzt durch! Dabei hatte ich mich schon so auf einen schönen Talkshow-Abend gefreut. Friday Night: Das heißt Füße hochlegen, BH aus, Jogginghose an, Weizenbier auf – und dann noch eine schöne Tüte Chips. Doch stattdessen…“
„Gehst Du halt zu diesem Vortrag!“, vollendete Tinka den angefangenen Satz und haute weiter in die Tasten, schmatzenderweise.
Es war bald Feierabend, aber einiges musste unbedingt noch raus. Wie immer, wenn sich die Woche dem Ende näherte, kam auf einmal dieses und jenes auf den Tisch, was nun plötzlich „dringend“ war und keinesfalls bis Montag warten konnte.
„Ich packe jetzt so langsam mal zusammen und mach‘ mich auf den Weg. Noch schnell nach Hause duschen, umziehen, dann ab ins Taxi. Heute fahre ich keinen Meter mehr, schon gar nicht mit der U-Bahn. Und die „Flexi-Flavia“, das Unternehmen für maßgeschneiderte Maschinenträume, zahlt ja alles. Ist ja auch das Mindeste!“
Sarah fuhr ihren PC herunter, räumte schnell und routiniert den Schreibtisch auf und nahm ihre überdimensionale Handtasche, die eher ein Koffer war. Und vermutlich auch so schwer. Was da genau drin war, wusste sie selbst schon nicht mehr. Vermutlich lagen irgendwo verklebte Bonbons auf dem Grund, vermischt mit ein paar vertrockneten Tabakkrümelchen. Genaueres über das Innenleben einer solchen Monster-Damenhandtasche wollte sicher niemand wissen. Schon lange hatte sich Sarah vorgenommen, das Ding mal gründlich auszumisten, aber es war bei dem guten Vorsatz geblieben.
„Ciao Bella Tinka! Ich bin dann mal weg! Auf Knigge-Kurs… Und Dir ein wunderschönes, freies Wochenende!“, rief sie und warf sich die leichte Jacke über, die man Anfang Juli noch gut gebrauchen konnte. Es war irgendwie nicht richtig Sommer geworden in diesem Jahr. Schaltjahr ist Kaltjahr, erinnerte sich Sarah an die Bauernweisheit. Und die müssen es ja wissen…
„Also, dann, Süße, halt Dich tapfer. Vielleicht wird es ja ganz interessant. Und wer weiß, vielleicht sind ja ein paar attraktive Typen dabei. Man kann nie wissen!“
Noch im Weggehen murmelte Sarah vor sich hin: „Das würde mir gerade noch fehlen, einer von diesen gelackten Anzugträgern. Jedes kleine Licht ein Manager…“ Tinka konnte die Worte jedoch nicht mehr hören. Und Sarah dachte insgeheim: Ich hab‘ die Nase so dermaßen voll, mir könnten sie glatt George Clooney persönlich auf den Bauch binden. Ich würde ihn glatt runterstrampeln. KEIN BEDARF!!!
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