C. S. Lewis
Aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Hohlbein und Christian Rendel
Sie öffnen eine Tür und finden eine Welt voller Magie
NARNIA ... gefangen im ewigen Winter... ein Land, das darauf wartet, befreit zu werden. Durch einen Kleiderschrank gelangen Lucy, Edmund, Susan und Peter nach Narnia, das unter der Schreckensherrschaft der Weißen Hexen steht. Als alle Hoffnung verloren scheint, bringt die Rückkehr des mächtigen Löwen Aslan die Wende...
... mehr von Narnia!
Für Lucy Barfield
Meine liebe Lucy,
diese Geschichte habe ich für dich geschrieben; doch als ich damit anfing, war mir nicht klar, dass Mädchen schneller wachsen als Bücher. Infolgedessen bist du nun schon zu alt für Märchen, und bis das Buch gedruckt und gebunden ist, wirst du noch älter sein. Eines Tages jedoch wirst du alt genug sein um wieder anzufangen Märchen zu lesen. Dann kannst du es ganz oben aus dem Regal nehmen, abstauben und mir sagen, wie du es findest. Wahrscheinlich bin ich bis dahin so taub, dass ich dich gar nicht mehr hören, und so alt, dass ich dir gar nicht mehr folgen kann, aber auch dann bin ich noch
dein dich liebender Pate
C. S. Lewis
Lucy schaut in einen Kleiderschrank
Was Lucy dort entdeckte
Edmund und der Kleiderschrank
Türkischer Honig
Zurück auf dieser Seite der Tür
Hinein in die Wälder
Ein Tag bei den Bibern
Was nach dem Essen geschah
Im Haus der Hexe
Der Bann beginnt zu brechen
Aslan naht
Peters erster Kampf
Tiefer Zauber aus der Dämmerung der Zeit
Der Triumph der Hexe
Noch tieferer Zauber von vor der Dämmerung der Zeit
Was aus den Statuen wurde
Die Jagd auf den Weißen Hirsch
Vorwort
Wie Narnia in den Kleiderschrank kam
Es muss wohl irgendwann um die Mitte der 1930er-Jahre gewesen sein. In einer Kneipe in Oxford, der berühmten alten Universitätsstadt in England, saßen zwei gute Freunde bei Pfeife und Bier zusammen und unterhielten sich über ihr Lieblingsthema – Bücher. Beide hatten seit ihrer Kindheit nichts Schöneres gekannt, als Bücher zu verschlingen, und nun hatten sie das, was sie am liebsten taten, zu ihrem Beruf gemacht. Der eine, Tollers genannt, war Professor für Angelsächsisch an der Universität, der andere, Jack, Dozent für englische Literatur.
»Weißt du was, Tollers?«, sagte Jack. »In den Geschichten heutzutage kommt zu wenig von dem vor, was uns wirklich gefällt.«
Damit meinte er, dass zu wenig fantastische Geschichten geschrieben wurden: Geschichten über Elfen und Zauberer, Helden und Ungeheuer; Geschichten, in denen »die ganze Welt und etwas anderes jenseits der Welt« sichtbar wurde. Solche Geschichten waren zu jener Zeit nicht in Mode.
Tollers nickte bedächtig und hüllte sich in den Rauch seiner Pfeife. »Da hilft nur eins: Wir werden selbst welche schreiben müssen.«
Die beiden wurden sich einig, dass sie jeder einen Zukunftsroman schreiben wollten. Jack würde sich das Thema Raumfahrt vornehmen, während Tollers von einer Zeitreise erzählen würde.
Aus der Zeitreise wurde leider nichts. Tollers, der eigentlich J. R. R. Tolkien hieß und bereits ein Kinderbuch mit dem Titel Der kleine Hobbit geschrieben hatte, konnte mit dem Thema nicht warm werden, weil die Welt der Hobbits ihn schon zu sehr in ihren Bann gezogen hatte. Stattdessen fing er an, eine Fortsetzung zum Hobbit zu schreiben. Dabei passierte ihm etwas Seltsames. Er brauchte lange, um das Buch zu schreiben, weil er ja die meiste Zeit mit seiner Arbeit als Professor verbrachte; und als das Buch schon genauso dick war wie Der kleine Hobbit , stellte er fest, dass er sich noch ziemlich am Anfang der Geschichte befand, die er erzählen wollte. Aber inzwischen war ihm diese Geschichte zu wichtig geworden um sie aufzugeben. Also schrieb er weiter, das Buch wurde länger und länger, und als Der Herr der Ringe schließlich fertig war, waren drei dicke Bände daraus geworden und Tollers war zwanzig Jahre älter.
Sein Freund Jack hieß eigentlich Clive Staples Lewis, doch diesen Namen hatte er noch nie gemocht. Deshalb hatte er schon als vierjähriger Junge beschlossen, von nun an nur noch auf »Jack« zu hören, und wenn er seine richtigen Vornamen benutzen musste, kürzte er sie mit »C. S.« ab. Jack machte das Vorhaben tatsächlich wahr und schrieb drei Zukunftsromane, die heute zu den Klassikern der Science-Fiction-Literatur gehören: Jenseits des schweigenden Sterns, Perelandra und Die böse Macht .
Auch er hatte mit seiner Arbeit an der Universität viel zu tun und war einige Jahre lang mit diesen Büchern beschäftigt. In der Zwischenzeit fing der Zweite Weltkrieg an und ging vorbei. Im Krieg wurde die englische Hauptstadt London immer wieder von Flugzeugen bombardiert, sodass jeder, der nicht unbedingt dort sein musste, Zuflucht auf dem Land suchte. Auch viele Kinder wurden von ihren Eltern aus der Stadt geschickt, damit sie vor den Bomben sicher waren. Für die Leute, die auf dem Land wohnten, war es eine Ehrensache, diese Kinder bei sich aufzunehmen.
Auch bei Jack, der ein Haus in der Nähe von Oxford hatte, fand während der Kriegsjahre eine Reihe von Kindern aus London Quartier. Da er nicht verheiratet war, war es für ihn seit seiner eigenen Kindheit das erste Mal, dass er so viel mit Kindern zu tun hatte. Trotzdem schien er recht gut mit ihnen auszukommen. Ein Mädchen, das fast zwei Jahre lang bei Jack wohnte, erinnerte sich später: »Lewis war der erste Mensch, der mir das Gefühl gab, ein intelligentes menschliches Wesen zu sein, und die ganze Zeit über, während ich dort war, förderte er mein Zutrauen zu mir selbst und zu meiner Fähigkeit, zu denken und Dinge zu verstehen.«
Vielleicht waren es diese Kinder, die Jack bald nach dem Krieg auf die Idee brachten, nun auch ein Kinderbuch zu schreiben. Er selbst sagte später darüber: »Ich bin mir nicht ganz sicher, was mir gerade in jenem Jahr meines Lebens das Gefühl gab, dass ein Märchen, und zwar ein Märchen für Kinder, genau das sei, was ich jetzt schreiben müsse – sonst würde ich platzen.« Immerhin war er inzwischen fünfzig Jahre alt, als Literaturwissenschaftler hoch geachtet und als Schriftsteller überall auf der Welt, wo man Englisch sprach, berühmt. Aber er machte sich keine Sorgen um seinen guten Ruf: »Als ich zehn war«, schrieb er einmal, »las ich Märchen heimlich und hätte mich geschämt, wenn ich dabei erwischt worden wäre. Als ich ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war, einschließlich der Furcht vor der Kindlichkeit und des Verlangens, besonders erwachsen zu erscheinen.«
Als Kind hatte Jack besonders Geschichten über »Tiere in Kleidern« geliebt, zum Beispiel Beatrix Potters Bildergeschichten über Peter Hase und seine Freunde. Seine zweite Vorliebe waren Rittererzählungen. Dementsprechend handelten die ersten Geschichten, die der kleine Jack selbst schrieb und zeichnete, »von heldenhaften Mäusen und Kaninchen, die auszogen, nicht um Riesen, sondern um Katzen zu erschlagen«. Zusammen mit seinem Bruder dachte er sich eine ganze Welt aus, in der diese Geschichten spielten.
Für Jack fing die Idee zu einer Geschichte immer mit einem Bild an, das er in seinem Kopf sah. Als er etwa sechzehn Jahre alt war, kam ihm das Bild eines Fauns in den Sinn, der mit Paketen beladen, einen Schirm über sich aufgespannt, durch einen verschneiten Wald stapfte. Dieses Bild begleitete ihn durch die Jahrzehnte, bis er sich schließlich mit fünfzig Jahren sagte: »Versuchen wir doch mal, eine Geschichte daraus zu machen.«
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