1 ...7 8 9 11 12 13 ...18 »Du brauchst nur die Klappe aufzumachen!«, sagte Kellock grimmig.
Jones versuchte das Lasso abzustreifen, aber Leach und noch ein paar kräftige Cowboys der K-Star-Ranch hielten ihn mit eisernen Fäusten am Fleck. Chad sagte schnell: »Ich trage den Stern. Die Kommandos gebe hier ich. Kellock, Sie gehen zu weit …«
»Ich gehe noch viel weiter!«, flüsterte Kellock wild und richtete plötzlich seine Revolvermündung gegen Chads Bauch. »Von Ihrer dämlichen Rücksicht gegen diesen Banditen wird mir fast schon schlecht! Jetzt bringe ich die Sache auf meine Weise zu Ende, ob es Ihnen nun passt oder nicht!« Er gab den Cowboys hinter Chad einen herrischen Wink. Sie entrissen dem Sheriff die Waffe.
»Den Richter möchte ich sehen, der mich verurteilt, weil ich mit einem hartgesottenen Verbrecher auf die richtige Tour umgesprungen bin!«, sagte Kellock hart. »Los, Jungs, ich will das Feuer sehen!«
Vier Cowboys lösten sich aus dem Ring, verteilten sich im Haupthaus, dem Stall und der Scheune. »In fünf Minuten brennt hier alles lichterloh!«, sagte Kellock mit einer Stimme, die Chad erschauern ließ.
Der Druck von Emmet Leachs Coltmündung zwischen seinen Schulterblättern hinderte ihn daran, noch etwas zu unternehmen. Er konnte den Anblick von Mary-Lous verzweifelter Miene kaum noch ertragen.
»Dad!«, flüsterte das Mädchen mühsam. »Willst du nicht …«
»Sei ruhig, mein Kind!«, murmelte Jones tonlos. »Ich kenne Kellock! Er ist so oder so nicht aufzuhalten. Du weißt, wie wenig Amarillo ihn im Grunde interessiert. Er ist nur ein Alibi für ihn. – Nein, Kellock, du Schuft, du wartest umsonst! Ich liefere dir Amarillo nicht aus!«
Aus den Fenstern des balkengezimmerten Ranchhauses zuckte plötzlich roter Feuerschein. Mary-Lou schrie leise auf. Dann war es totenstill auf der Ranch. Nun leuchtete es auch drüben beim Stall und bei der Scheune. Ein Knistern und Prasseln setzte ein, das von Sekunde zu Sekunde lauter wurde. Rauchgeruch breitete sich aus. Die ersten dunklen Schwaden verdunkelten das Silberlicht des Vollmondes.
»Aufgepasst, Männer!«, befahl Kellock. »Wenn ihr nur die Nasenspitze von Amarillo seht, dann schießt, was das Zeug hält!«
»Elende Halunken!«, knirschte Jones. »Kellock, du Lump, deine Rechnung geht nicht auf!«
Kellock starrte zu den Häusern hinüber, aus deren Fenstern und Türen jetzt grelle Lohen schlugen. Gierig fraßen sich die Flammen über das zundertrockene Holz voran. Funken rieselten, Ascheteilchen wirbelten, von der erhitzten Luft mitgerissen, über den ganzen Ranchhof. Ein dumpfes Sausen entstand, und immer höher loderte das Feuer. Brennendes Gebälk krachte zusammen. Die Scheune hatte sich bereits in eine einzige riesige Fackel verwandelt. Das Dach des Ranchhauses begann langsam in der Mitte durchzubrechen. Blutroter flackernder Schein überflutete den Hof und verwandelte die Gesichter der Männer in unheimliche Masken.
Die Cowboys hatten sich mit schussbereiten Waffen im weiten Kreis aufgestellt, wachsam, lauernd, sprungbereit wie Wölfe.
Alles raue Burschen, die besser mit dem Colt als mit Lasso und Brenneisen umzugehen verstanden – Männer, die für den hohen Lohn, den ihnen Bruce Kellock zahlte, bedingungslos jeden Befehl ihres Bosses ausführten. Sie warteten vergeblich! Weit und breit war nichts von Amarillo zu sehen und zu hören!
Kellock starrte wieder Jones an, und dieses wilde, verzweifelte Lächeln spielte noch immer um dessen Lippen. Da schlug ihm Kellock links und rechts mit voller Wucht die Faust ins Gesicht. Jones wäre gefallen, wenn ihn Kellocks Leute nicht mit stählernem Griff gehalten hätten. Er sagte kein Wort.
Kellock atmete tief durch. »Schafft ihn zur Sykomore! Setzt ihn auf einen Gaul und legt ihm einen Strick um den Hals!
Die Revolver-Cowboys stießen ihren Gefangenen sofort vorwärts. »Nein!«, gellte Mary-Lous Schrei. »Das nicht! Lasst ihn in Ruhe!«
Sie wollte hinter ihrem Vater her stürzen. Ein Kellock-Mann drückte ihr so brutal die Arme auf den Rücken, dass sie sich zusammenkrümmte. Sie stöhnte, nach Atem ringend: »Chad, hilf ihm! Lass das nicht zu!«
Leach flüsterte an Chads Ohr: »Du brauchst nur eine falsche Bewegung zu machen, Harbin, dann fährst du dem Satan mitten in den Rachen! Das verspreche ich dir!« Chad kannte diesen flachshaarigen knochigen Vormann gut genug, um zu wissen, wie ernst er es meinte. Kellocks Schießer waren schlimm genug, aber Leach war am schlimmsten. Ein Mann, der nur das Gesetz der Stärke und Gewalt anerkannte.
Jones wurde auf ein Pferd gezerrt. Man band ihm die Hände auf den Rücken. Er wehrte sich nicht mehr.
Kellock kommandierte: »Slim, nimm du den Gaul. Jesse, du kümmerst dich um das Lasso.« Die Schlinge baumelte gleich darauf von einem dicken Sykomorenast. Der Cowboy Slim führte das Pferd des Gefangenen unter den Baum. Die Schlinge schaukelte dicht vor Jones Gesicht.
Kellock schaute aus engen Augen zu dem Gefesselten hinauf. »Dir bleibt nur noch verdammt wenig Zeit. Also?«
»Bring es zu Ende, Kellock, und sei verflucht dafür!«, murmelte Jones tonlos.
»Jesse, streif ihm das Seil über!«
Mary-Lou schrie verzweifelt: »Dad! Er wird dich ermorden, Dad! Gib es auf! Sage ihm, wo er Amarillo finden kann! Dad, du darfst nicht sterben!« Sie wehrte sich wild gegen den Griff des Kellock-Cowboys, trat und zerrte und versuchte den Mann zu beißen, doch der stand wie ein Felsklotz.
»Es hat keinen Sinn!«, sagte Jones laut und fest. »Ich würde nur erreichen, dass Amarillo neben mir hängen würde. Kellock will mich ermorden. Deshalb ist er gekommen, Mary-Lou.«
Das Mädchen erschlaffte. Tränen liefen über Mary-Lous Wangen. »Oh, Dad …«
»Kellock!«, schrie Chad. »Das ist glatter Mord! Dafür werde ich Sie an den Galgen bringen!«
»Den mächtigsten Mann im County?«, fragte Bruce Kellock spöttisch. »Darauf bin ich gespannt! Jones, du willst nicht reden? Nun gut! Slim, lass den Klepper los!«
Slim wich vom Pferd zurück. Sofort drängte das unruhige Tier einen Schritt vorwärts. Die Schlinge zog sich um Jones’ Hals zusammen. Der Gefesselte, musste den Oberkörper nach hinten neigen, um überhaupt noch Luft zu bekommen.
»Nein!«, zitterte Mary-Lous gellender Schrei durch das Prasseln und Tosen des Brandes. »Nein, nein! Dad … Dad …«
Chad vergaß die tödliche Gefahr von Emmet Leachs Revolver. Wie ein Panther wirbelte er herum und riss beide Fäuste in die Höhe. Leachs Augen waren zur blutig beleuchteten Sykomore gerichtet. Das war Chads Chance. Mit verzweifelter Wildheit schlug er zu. Leach ging zu Boden. Sein Schuss jagte zum Nachthimmel empor. Chad trat ihm die Waffe aus der Faust und wollte sich danach bücken. Ein Kellock-Mann, der noch im Sattel saß, sprengte von der Seite her auf ihn zu. Ehe sich Chad wieder aufrichten konnte, rammte ihn die Pferdeschulter und schleuderte ihn der Länge nach in den Sand.
Vom Sattel aus sprang ihm der Cowboy auf den Rücken und drückte ihn mit seinem Gewicht nieder. Chad wollte sich herumwälzen, da wurde ihm der kalte Stahl einer Revolvermündung ins Genick gepresst. Gleichzeitig sah er, dass Bruce Kellock seinen Hut vom Kopf riss und damit wuchtig auf die Hinterhand von Jones’ Pferd einschlug.
Chad schloss die Augen. Mary-Lous Entsetzensschrei war so durchdringend und schrecklich, dass ihn Chad nie mehr vergessen würde. Als er die Augen aufschlug, war alles still bis auf das gleichbleibende Knistern und Knacken des Brandes. Der Revolver wurde ihm vom Nacken genommen. Niemand hinderte ihn daran aufzustehen.
Der Kellock-Cowboy hatte Mary-Lou losgelassen. Sie war auf die Knie gesunken, ihr Kopf herabgefallen. Die Flut ihres dunklen Haares verdeckte ihr Gesicht. Chad starrte zur Sykomore, und da sah er Mary-Lous Vater wie ein großes Stoffbündel am Seil hin und her schaukeln. Der verzerrte Schatten wanderte unheimlich auf dem purpurn angestrahlten Sand.
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