Geliebt! Ein Stern für Juan
Der de Luca Clan (Band 5)
Isabella Defano
Inhaltsverzeichnis
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
Epilog
Farmer
Designer
Verkäufer
So geht´s weiter …
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Über die Autorin
Impressum
Wie erstarrt sah Shana auf den Sarg ihres Vaters, während der Pfarrer die Trauerrede hielt, doch die gewählten Worte konnten sie nicht trösten. Die Lobeshymnen auf seine beruflichen Erfolge und die Geschichten über ihn als aufopfernder Mensch fühlten sich für Shana völlig falsch an. Nicht mit einem Wort wurde erwähnt, wer ihr Vater wirklich gewesen war. Ein gefühlloser Mensch, der seine zehnjährige Tochter ins Internat abgeschoben hatte, nachdem seine Frau bei einer Routineoperation gestorben war. Ein Despot, der mit aller Macht versucht hatte, sie mit seinem Geschäftspartner zu verheiraten. Und zwar, ohne auf ihre Wünsche Rücksicht zu nehmen.
Tief atmete Shana durch und versuchte weiter, ihre Gefühle zu unterdrücken. Sie durfte nicht zulassen, dass einer der Anwesenden ihre wahre Stimmung erkannte, denn niemand würde es verstehen. Keiner von ihnen konnte begreifen, warum der Tod ihres Vaters ihr so gleichgültig war. Oder besser gesagt, sie sogar glücklich machte. Sie verstand es ja selbst kaum. Er war ihr Vater gewesen. Der einzige Mensch, der ihr von ihrer Familie noch geblieben war. Eigentlich müsste sie doch Trauer empfinden. Aber immer wenn sie an ihn dachte, fielen ihr seine letzten Worte wieder ein und jedes Gefühl von Zuneigung oder Liebe verschwand. Denn das Letzte, was sie von Hannes van de Renne zu hören bekommen hatte, waren Drohungen.
„Du wirst tun, was ich dir sage, Tochter. In drei Tagen wirst du Leon heiraten, oder du kannst zusehen, wie weit du ohne mein Geld kommst.“
Als eine Hand ihre Schulter berührte, wurde Shana aus ihren Erinnerungen gerissen. Verwirrt sah sie zu dem dunkelhaarigen Mann hoch, der sie aus braunen Augen mitfühlend ansah. Sofort verzogen sich ihre Lippen zu einem schwachen Lächeln. Er hat es doch noch geschafft , ging es ihr durch den Kopf.
„Danke, dass du gekommen bist“, sagte Shana leise und ließ sich von ihm in den Arm nehmen.
„Es tut mir so leid, Kleines“, flüsterte er zurück. „Ich wollte schon früher kommen, doch so kurzfristig konnte ich die Fabrik nicht verlassen.“
Shana nickte nur. Sie wusste, wie beschäftigt er war. Als Besitzer und Leiter einer eigenen Designfabrik trug Valenzo de Luca eine große Verantwortung. Trotzdem hatte sie sich auf ihn, anders als auf ihren Vater, immer verlassen können. Nie hatte er einen ihrer Geburtstage vergessen oder war zu beschäftigt, um sich ihre Sorgen und Probleme anzuhören. Im Grunde war er in den letzten Jahren viel mehr ein Vater für sie gewesen als der Geschäftsmann Hannes van de Renne, der sich nur selten bei ihr gemeldet hatte. Dazu kam, dass Shana seit ihrem 12. Geburtstag die Sommerferien immer bei ihm in Dornbirn verbracht hatte und dort von Valenzo und Sophia de Luca, wie ein Familienmitglied behandelt worden war. Kein Wunder also, dass sie sich nicht nur einmal gewünscht hatte, wirklich ein Teil dieser Familie zu sein.
„Amen.“
Als der Pastor die Bibel zuschlug, aus der er vorgelesen hatte, wurde Shana aus ihren Gedanken gerissen und wandte sich wieder der Beerdigung zu. Inzwischen hatten vier schwarz gekleidete Männer damit begonnen, den Sarg in den Boden hinabzulassen. Plötzlich musste Shana schlucken und Tränen liefen ihr über die Wangen. Nur zu deutlich erinnerte sie dies, an die Beerdigung ihrer Mutter vor fast acht Jahren. Nur schwer hatte sie begreifen können, dass ihre geliebte Mutter, von einem Tag auf den anderen, nicht mehr nach Hause kam. Immer wieder hatte Shana nach ihr gefragt, bis es ihr Vater nicht mehr ausgehalten hatte und sie nach Bayern zu den Kreuzschwestern ins Internat abschob. An diesem Tag war etwas in ihr zerbrochen. Es war eine Kluft entstanden, die mit den Jahren immer größer geworden war. Bis schließlich ihr Vater nicht mehr für sie war als ein Fremder.
Starke, tröstende Arme brachten Shana in die Gegenwart zurück und sie wischte sich die Tränen mit einer Hand fort.
„Komm“, sagte Valenzo de Luca leise und führte Shana zum Grab ihres Vaters.
Erst jetzt bemerkte sie den Kübel, der neben dem Loch stand und mit schwarzer Erde befüllt war. Mit zitternden Händen griff sie nach der kleinen Schaufel und warf etwas davon neben den Sarg ihres Vaters. Nachdem Valenzo de Luca es ihr nachgemacht hatte, nahm er ihre Hand und führte sie fort. Wieder liefen Shana Tränen über die Wangen. Jetzt bin ich ganz allein , ging es ihr durch den Kopf.
„Frau van de Renne.“
Als Shana den hochgewachsenen Mann mit blonden Haaren und Schnurrbart erkannte, der auf sie zukam, erstarrte sie. Im ersten Moment dachte sie daran, einfach wegzulaufen, denn der Anwalt ihres Vaters war der letzte Mensch, den sie heute sehen wollte. Doch ihr Patenonkel, der immer noch ihre Hand hielt, machte eine Flucht unmöglich.
„Herr Novak“, sagte Shana leise, als dieser vor ihr stand, während sich ihr ganzer Körper anspannte.
Sie hatte nicht vergessen, welche Rolle er in den letzten Wochen in ihrem Leben gespielt hatte. Statt ihren Vater zur Vernunft zu bringen, hatte dieser Hannes van de Renne noch dabei unterstützt, sie zu dieser Hochzeit zu zwingen. Ja, er hatte sogar gemeint, sie könne froh sein, so einen guten Ehemann zu bekommen. Dass ihr Leon Ritter völlig unsympathisch und noch dazu zu alt war, hatte ihn ebenso wenig interessiert wie ihren Vater.
„Mein Beileid“, sagte er ernst und reichte Shana die Hand, welche sie nur widerwillig ergriff. „Dieser Unfall ist ein schwerer Verlust für uns alle. Ihr Vater war ein sehr bedeutender Mann.“
Wohl eher ein skrupelloser , dachte Shana verbittert, doch dies würde sie nie laut aussprechen. Was sollte es auch bringen? Ihr Vater war immer sehr gut darin gewesen, sich in der Gegenwart anderer zu verstellen.
„Da könnten Sie recht haben“, sagte sie stattdessen und ließ seine Hand los. „Sie kannten ihn besser als ich.“
„Stimmt“, gab Joachim Novak zu und sah sie mit seinen braunen Augen eindringlich an. „Ihr Vater war einer meiner ältesten Freunde. Wirklich schade, dass er und Ihre Mutter so früh sterben mussten.“
Shana musste schlucken. Durch die Erinnerung an ihre Mutter kamen ihr erneut die Tränen.
„Bitte entschuldigen Sie uns“, mischte sich Valenzo de Luca in das Gespräch ein, als er die Tränen in Shanas blauen Augen sah. „Shana braucht jetzt etwas Ruhe. Sie hat in den letzten Tagen sehr viel durchgemacht.“
Dankbar sah Shana ihren Patenonkel an und wollte sich von ihm fortführen lassen. Doch noch bevor sie ein paar Schritte gegangen waren, hielt Joachim Novak sie zurück.
„Ich fürchte, das ist nicht möglich“, sagte er bedauernd, doch für Shana fühlte es sich aufgesetzt an. „Ich habe von meinem Freund Hannes van de Renne klare Anweisungen bekommen, was im Falle seines Todes passieren soll. Daher muss ich Frau van de Renne bitten, mich zur Testamentseröffnung zu begleiten.“
Shana zuckte zusammen, denn sie hatte kein gutes Gefühl dabei. Währenddessen sah Valenzo den Anwalt wütend an.
„Jetzt?“, fragte er erbost. „Kann das nicht warten?“
„Nein“, sagte Joachim Novak entschieden. „Ich habe klare Vorgaben. Eine davon ist der Zeitpunkt der Testamentseröffnung. Mein Freund wollte, dass sie am Tage seiner Beerdigung stattfindet, sollte seine Tochter bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verheiratet sein.“
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