Skylos griff schlagartig an einen Kopfhörer, welcher sich an einem seiner beiden grossen Ohre befand:
„Aethas, es gibt brandneue Nachrichten bezüglich dem Bürgerkrieg auf dem Uranus: Offenbar haben die übermächtigen Streitkräfte vom Jupiter die kleine, unvorbereitete Armee des Uranus völlig überwältigt und in kurzer Zeit komplett niedergekämpft. Die ekstatische Bevölkerung feiert nun in vollen Zügen Baron Omnios als Befreier in den Strassen! Mehrere von Predomons Statuen sind zerstört oder beschädigt worden. Der Konsul soll im Sicherheitsbereich des Hauptverwaltungsgebäudes zusammen mit mehreren Vertrauten Selbstmord begangen haben, bevor sie von den Jupitertruppen erreicht werden konnten. Wenn ich das richtig verstehe, dann fordert die rebellierende Menge auf den Raumstationen, dass Omnios ihr neuer Herrscher sein soll. Improvisierte Standbilder und Darstellungen von Omnios werden durch die Strassen getragen, während die teils tanzenden Bewohner laut „Unser Befreier und Gebieter“ schreien und singen.“
Seltsam. Das alles erschien für Enaretos keinen rechten Sinn zu ergeben. Wo lag der Zusammenhang zwischen all diesen Ereignissen? Gab es überhaupt einen? Zuerst stirbt der Herrscher des Saturns und nun fällt die von Oligarchen geführte Herrschaft Predomons. Wo lagen die Verbindungen zwischen den Geschehnissen der letzten Tage war dies womöglich alles einfach ein schieres Werk des Zufalls? Sein schakalköpfiger Freund brachte ihm Kleidung, welche er zuvor aus einem Schrank genommen hatte.
„Ich weiss nicht, wo Vikendios deine Waffen versteckt hat, aber hier sind frische Sachen. Zieh dich bitte rasch an, die Führung der stellaren Liga hat eine Notfallsitzung einberufen, an welcher wir per holographischer Übermittlung ebenfalls teilnehmen sollen. Minister Vespasian will uns nachher noch persönlich sprechen.“
Er übereilte sich bei dem Ankleiden etwas und schlüpfte zum Amüsement von Skylos verkehrt in seinen Einteiler. Glücklicherweise gelang es seinem Freund ihn aus seiner misslichen Lage zu helfen. Zu guter Letzt gürtete er sich seinen Gürtel mit dem leeren Pistolenhalfter und der verwaisten Schwertscheide um.
„Wo sind mein Schwert und meine Pistole?“
Die Antwort von dem Roboter kam prompt.
„Nicht hier. Das ist eine dringend steril zu haltende Krankenstation. Hier haben Eure mit Schmutz verunreinigten Mordinstrumente nichts verloren! Ich verfüge, im Notfall angemerkt, selber über integrierte Schusswaffen ihr braucht Euch also über die Verteidigung im Falle der Fälle keine Gedanken zu machen. Ich habe deshalb Eure Waffen in den Waffenschrank in der Nähe des zweiten Lageraums bringen lassen.“
„Beeil dich, mein vielgeliebter, alter Freund!“, Skylos klopfte Aethas tröstend auf die Schultern.
Er lehnte sich lässig gegen den Türrahmen der Eingangsschleuse, während er darauf wartete, dass sein menschlicher Kamerad endlich seine Vorbereitungen abschloss.
Sie betraten den ein Stockwerk höher liegenden Konferenzsaal. Inzwischen war auch Klimaka wieder zurückgekehrt. Sie hatte in der Eile bisher noch keine Zeit gehabt den enganliegenden, blaugrauen Raumanzug ausziehen zu können und hatte sich anstelle auf einen Stuhl auf ein grosses Sitzkissen gesetzt. Er begrüsste sie kurz mit einem Kuss, welchen sie mit einem Lächeln quittierte und setzte sich danach stillschweigend hin. Der ganze Raum wurde von der zeitgleichen holographischen Darstellung der Ratskammer der stellaren Liga ausgefüllt. Chaos und Tumult herrschte. Die Abgeordneten sprachen aufgebracht wie wild durcheinander und selbst der Vorsitzende konnte sie nicht zum Schweigen bringen. Seine verzweifelten Versuche für etwas Ordnung zu sorgen, gingen in dem Krach unter.
„Meine Damen und Herren. Ich bitte Sie! Bitte bewahren Sie Ruhe! Bitte helfen Sie das Chaos zu ordnen!“
Nach einer Weile gab der Vorsitzende auf und liess sich mutlos in seinen Sessel fallen. Aethas war sich nur allzu bewusst, wie inkompetent und ineffizient diese Ratssitzungen letztendlich waren. Die Leute redeten sich halbtot, aber wirklich wichtige Veränderungen wurden sehr selten beschlossen und durchgesetzt. „Viel Wind um nichts“ hatte der Mensch das stets genannt. Aethas erkannte einige der geladenen Gäste der Sitzung: dort war unter anderem die Gräfin Alexandra Ponteram anwesend, die über eine kleine Grafschaft auf der Erde herrschte. Fürst Henoch Lakkos Botschafter Zynet vom Merkur war ebenfalls da sowie sein abscheulicher General Phaelon „Ddie Bestie“. Phaelon hatte sich durch seinen Sadismus im ganzen bekannten Universum einen Namen gemacht. Heute schwieg „Die Bestie“, obwohl Aethas bereits als erstes der kalte, grausam kalkulierende Blick des Generals aufgefallen war. Der mit der stellaren Liga verbündete, interstellare Sternenbund und die Merkurianer befanden sich seit etwa drei Jahren in einem blutigen Konflikt um die Herrschaft auf der Venus. Die Liga hatte sich bisher aus dem Krieg herausgehalten, obwohl sie mit dem Sternenbund durch eine Militärverpflichtung verbunden war. Nach dem Tode Solarex IV., des letzten solaren Kaisers, war der Sternenbund als Vereinigung zwischen den verschiedenen Planeten begründet worden. Der Merkur und der Jupiter waren allerdings niemals Mitgliedswelten gewesen. Der Sternenbund vereinte derzeit mehrheitlich einige der Welten, welche ausserhalb des Sol-Sonnensystems lagen. Die später aus Mitgliedswelten des Sternenbundes gegründete stellare Liga hingegen war ein loser Militärbund zwischen den Planeten Venus, Erde und teilweise auch noch dem Mars, obwohl letzterer sich eher mässig für die Interessen der Liga begeisterte und offiziell auch niemals beigetreten war. Der Mars konnte wohl auch nur sehr indirekt dazugezählt werden, weil er ausserhalb der Erde und ihrem Mond die erste jemals von Menschen besiedelte Welt war und von jeher eine starke Verbindung zu der Heimatwelt der Menschen hatte.
Auf einmal hallte eine tosende Stimme durch den Saal, welche die Streitenden schlagartig verstummen liess. Die Beleuchtung verringerte sich schlagartig, damit die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Stimme des Ankündigers fiel.
„Verehrte Mitglieder der stellaren Liga! Hören Sie nun die Worte von Baron Favlos Omnios aus dem Hause Aplistos, dem Herrn über den gewaltigen Jupiter!“
Aethas horchte auf. Dass sich der Baron überhaupt mit der Liga abgab, war ausserordentlich merkwürdig. Es war nur allzu berüchtigt, welche geringe Wertschätzung die Adeligen generell gegenüber der Liga hatten.
Omnios holographisches Abbild erhob sich drohend über die Ratsmitglieder und anwesenden Gäste. Alle Augen waren direkt auf ihn gerichtet eine Tatsache, welche Omnios sehr schmeichelte.
„Verehrte Mitglieder der stellaren Liga. Ich darf Sie alle darüber informieren, dass mein verstorbener Cousin, der verehrte Grossherzog Kaitman Nebulon vom Saturn, mich per Nachlass zu seinem Erbfolger erklärt hat. Ebenso wurde ich von der Bevölkerung des Uranus zu ihrem neuen Herrscher ausgerufen. Mir wurde ebenfalls von den Adelshäusern des Neptuns Gefolgschaft bis in den Tod geschworen, falls ich ihnen helfe, relativ autonom, in Isolation, in ihren geliebten Ozeanen weiterleben zu können. Ich werde diesen Wünschen entsprechen und erhalte im Gegenzug dafür alle von mir benötigten Ressourcen. Gleichzeitig bin ich de facto der Herr über den Neptun und erhalte alle dazugehörigen Titel und Rechte.“
Konfuses Getuschel breitete sich aus.
„Da ich nun Herrscher über mehrere Welten unseres Sonnensystems bin, fordere ich den antiken Titel „Imperator“ ein. Dieser Titel steht mir als Herrn über ein interstellares Imperium wohl mehr als zu. Ich habe mich bereits mit den religiösen Institutionen meines Reiches ausgetauscht. Alle werden meine Forderung unterstützen und anerkennen.“
Der Ratsvorsitzende scherte sich nicht wirklich darum, welche seiner Meinung nach eitlen Titel sich Omnios selber verleihen wollte. Der ebenfalls anwesende Graf Sentis vom Mars sprang jedoch von seinem Stuhl auf und klatschte in die Hände, während er Jubelrufe von sich gab. Daraufhin verlangte er das Wort:
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