Denn das Thema Anna Metzger war ein rotes Tuch für den Bürgermeister, da er ja auf einen beträchtlichen Nachlass der alten Dame für Wiesenbach hoffte. Und außerdem stand ja auch die Bürgermeisterwahl in einem Monat an, da konnte er sich keinen Ärger im Ort wünschen.
„Herr Kirsch, Sie wissen, dass die Bürgermeisterwahl in einem Monat ansteht und da kann ich keinen Mord und keinen Ärger unter den Bürgern dulden, haben Sie das verstanden?“, meinte er energisch zu Kirsch, der nur dumm da stand und nicht wusste was er sagen sollte.
„Aber Herr Bürgermeister, Sie werden doch wiedergewählt!“, meinte Kirsch etwas lakonisch.
„Das ist nicht so sicher, ich habe heute vernommen, dass auch eine andere Partei, ich sage jetzt nicht welche, aber das können Sie sich ja denken, einen eigenen Kandidaten aufstellen wird.“
Das war Kirsch zwar neu, aber es wird schon stimmen, wenn es der Bürgermeister selbst sagt, dachte Kirsch und vor lauter Erregung fing wieder sein Schnauzer zu hüpfen an.
Dem Bürgermeister fiel das auch auf und er starrte mit seinen graugrünen Augen Kirsch an als sähe er ihn zum ersten Mal.
„Gut, Herr Kirsch, kommen Sie bitte gleich morgen früh in mein Büro und dann besprechen wir alles. Ich möchte sie dann auch einweihen und Ihnen sagen, wer sich als Kandidat auch für das Bürgermeisteramt bewerben wird. Aber das ist noch Top-Secret, zu keinem ein Wort. Und dann besprechen wir auch noch das weitere Vorgehen mit Anna Metzger und den Winzern und Landwirten.“
Kirsch und Eugen suchten sich eine stille Ecke, wo nicht gerade der ganze Gemeinderat saß und tranken noch gemütlich ein Bierchen. Doch Kirsch war ziemlich einsilbig, er dachte über die Worte vom Bürgermeister nach und rätselte, wer sich wohl auch als Kandidat für den Bürgermeisterposten aufstellen lassen wollte.
Und so verzichteten die beiden auch auf ein zweites Bier, denn jeder hängte seinen eigenen Gedanken nach. Auch Eugen hatte noch was vor, denn heute Abend war bei ihm Sport angesagt.
So verabschiedeten sich die beiden sehr bald und Kirsch ging nach Hause und Eugen in den Verein, wo er auch auf Klaus Öhler stieß, der ihn schon von der Seite her antippte und wissen wollte, was denn wieder mit Anna Metzger und den Winzern los war. Denn er wohnte auch ganz in der Nähe des gelben Hauses und hatte alles hautnah mitbekommen, obwohl ihm die Katzen und Hunde kein Dorn im Auge waren.
„Übrigens im nächsten Monat kriegen wir wieder einen neuen Bankdirektor“, meinte er zu Eugen, doch der ging gar nicht darauf ein, denn der Fall mit der Eisleiche und dem Bankdirektor, sowie dem Jungen und der Entführung der Frau des Bankdirektors, das alles lag ja noch gar nicht so weit zurück.
So war auch Eugen schließlich der Sport verleidet und er ging alsbald auch nach Hause.
Kirsch saß derweil noch ein bisschen in seinem Lieblingssessel und trank noch ein Glas Rotwein. Es war eine schöne Stille im Haus. Moni war bei ihrer Freundin Sybille, deren Mann war mal wieder auf Montage und Kirsch überlegte eifrig hin und her wie man die leidige Angelegenheit mit Anna Metzger und den Winzern aus der Welt schaffen könnte. Doch eine zündende Idee kam ihm nicht und so träumte er, als er in seinem Lieblingssessel eingeschlafen war, ein bisschen noch von einer schwarzen Katze, die ihm immer wieder um die Beine strich und ihn mit ihren schmalen, hellgrünen Katzenaugen ansah.
Kirsch schlief noch als Moni nach Hause kam, das Licht brannte noch im ganzen Haus. Doch Moni hatte kein Pardon mit ihrem Kirsch und weckte ihn gnadenlos auf, damit er im Bett seinen wohlverdienten Schlaf finden sollte.
Am anderen Morgen schien schon die Sonne und es sollte einen sehr schönen Tag geben, die Luft war schon etwas lau und der Himmel tiefblau, was zu einer so frühen Stunde nicht immer der Fall ist.
Kirsch freute sich wie immer auf sein Frühstück und hoffte, dass der Tag auch so schön blieb. Obwohl er musste ja zum Bürgermeister, wie ihm dann siedend heiß einfiel. Deshalb trank er schnell seinen Kaffee aus und ging dann doch wieder gemächlichen Schrittes dem Kommissariat entgegen.
Keine Johanna Merkle, keine Bella Weigand war zu sehen, was für ein schöner Morgen, dachte Kirsch nur kurz, denn weiter vorne erblickte er schon eine der Damen, wobei ihm aber Johanna Merkle schon lieber gewesen wäre. Aber sie sprach ja fast nie ein Wort mit ihm. Bella Weigand dagegen hatte immer schon so am frühen Morgen einen Auftrag für ihn und textete ihn mit ihrem Redeschwall nur immer so zu, was ihm nicht besonders gefiel.
Von weitem sah er schon Eugen wieder aus der Bäckerei Hutter kommen und wie gesagt, alles ging eigentlich seinen gewohnten Gang in Wiesenbach.
Kirsch ging schnellen Schrittes ins Kommissariat, Eugen kam ihm gar nicht nach.
Was hat er denn, weshalb rennt er so schnell davon?, dachte Eugen nur.
Helen erwartete die beiden schon. Und welch ein Wunder, sie hatte diesmal gar keine Schreckensbotschaft für die beiden parat.
Der Kaffeeduft erfüllte den ganzen Raum und Kirsch freute sich schon auf eine warme Brezel und einen guten Kaffee .
„Helen, wenn ich meinen Kaffee ausgetrunken habe, gehe ich gleich mal zum Bürgermeister ins Rathaus. Wir wollen zusammen überlegen, wie wir Anna Metzger dazu bringen können, dass sie ein paar Tiere an das Tierheim oder an Katzenliebhaber abgibt.“
„Oh, Gott, die kleinen Kätzchen, die armen Tiere“, jammerte Helen nur so vor sich hin, denn sie war eine große Tierfreundin, wie Kirsch wusste.
„Ja, Helen, es tut mir ja auch leid, aber es muss sein und vielleicht finden die Tiere ja auch dann ein schönes neues Zuhause“, meinte Kirsch.
„Aber die Tiere streichen überall herum und ihre Hinterlassenschaft gefällt nicht allen, vor allem den Nachbarn nicht. Es sollen ja nur 20 Tiere sein, sagt der Neffe, aber die Nachbarn vermuten weit mehr. So genau weiß man es ja nicht.“
Und Kirsch betonte das „nur“ bei den 20 Tieren besonders sarkastisch. Doch dann marschierte Kirsch schweren Herzens zum Bürgermeister, denn er wollte ihn nicht warten lassen.
Angekommen im Bürgermeisteramt klopfte er natürlich erst mal bei der Assistentin des Bürgermeister an, die ihm auch freundlich die Tür öffnete.
„Sie können gleich zum Bürgermeister gehen, er hat Sie mir schon angekündigt“, meinte die Assistentin, die ansonsten immer ein bisschen kurz angebunden war, wenn Kirsch auftauchte. Aber heute war sie ganz umgänglich und begrüßte ihn sehr freundlich.
„Gell, das macht das Wetter, dass Sie mich so freundlich begrüßen, denn dann ist man einfach gut aufgelegt“, meinte Kirsch etwas spitzbübisch zu Frau Klein, die ihn nur erstaunt anschaute und sich gleich rechtfertigte.
„Ich bin immer freundlich zu jedermann, auch zu Ihnen, Herr Kirsch“, gab sie schlagfertig, aber mit einem Augenzwinkern, zurück.
Und da öffnete sich auch schon das Zimmer des Bürgermeisters und dann stand er breitbeinig im Türrahmen.
„Ah, guten Morgen, Herr Kirsch, pünktlich wie immer, das freut mich. Kommen Sie herein, wir haben ja einiges zu besprechen“, und zu Frau Klein gewandt, sagte er nur:
„Ich will nicht gestört werden.“
Frau Klein runzelte die Stirn, was so viel heißen sollte, das weiß ich doch, Herr Bürgermeister.
„Nehmen Sie Platz, Herr Kirsch“, meinte der Bürgermeister, der sich auch gleich hinter seinen großen Eichentisch setzte.
Der Bürgermeister kam dann auch gleich zur Sache.
„Ja, Herr Kirsch, gestern Abend wurde mir signalisiert, dass sich Winzer Huber als weiterer Bürgermeisterkandidat bewerben will.“
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