Ursula Geck
Venetia und die Delfine
Ein Griechenlandroman
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Ursula Geck Venetia und die Delfine Ein Griechenlandroman Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Venetia und das Meer
2. Venetia auf dem Markt
3. Yannis und Petros
4. Die Ilias
5. Perikles
6. Die Delfine
7. Venetia und Perikles
8. Eleni
9. Das Schneckenhaus
10. Venetia schwimmt mit den Delfinen
11. Der Plan
12. Athen
13. Perikles bei den Delfinen
Impressum neobooks
Von grüner Macchie bewachsen, liefen die Felsen im Meer aus. Die Wellen schlugen ans Ufer. Die Macchie duftete. Venetia zog sich langsam aus. Sie streifte ihre Shorts ab und zog das rosafarbene Top über den Kopf. Dann schlüpfte sie in ihren dunkelblauen Badeanzug.
Langsam watete sie ins Meer hinaus. Die Wellen streichelten ihren braungebrannten Körper. Sie strich mit den Armen über das Wasser. Sie liebte die Ägäis. Griechenland war ihre Heimat und hier, auf Ägina, war ihr Zuhau- se. Ägina liegt nur wenige Kilometer von Athen entfernt. Kleine Fischerboote trieben auf dem dunkelblauen Meer.
Es war noch früh am Morgen. Die Männer kamen langsam von ihren Fischfangfahrten zurück. Blaue Schiffs- bäuche waren zu sehen. Die Fischer hatten wettergegerbte Gesichter. Es waren harte Gesellen. Auch Venetias Vater war Fischer. Jeden Morgen brachte er seinen Fang auf den Markt. Manchmal half Venetia ihm. Dann stand sie mit hinter dem großen Holzbrett, auf dem die Fische ausgebreitet waren. Die Restaurantbesitzer kauften „Capture of the Day“ und boten die Fische in ihren Restaurants den Touristen an. Aber meistens ging der Vater alleine auf den Markt, denn Venetia musste noch in die Schule gehen. Nur in den Ferien konnte sie dem Vater helfen. Im Moment waren wieder Ferien.
Venetia war früh aufgestanden und hatte sich aus dem einfachen Haus, in dem sie mit ihren Eltern und mit den beiden jüngeren Brüdern, die Zwillinge waren, lebte, heraus geschlichen. Ganz früh wollte sie am Meer sein und schwimmen. Sie liebte die Morgenstunden. Mit kräftigen Kraulbewegungen schwamm sie hinaus. Das Meer kräuselte sich leicht im Morgenwind. Es war über Nacht nicht abgekühlt, da Hochsommer war. Venetia legte sich im Wasser auf den Rücken und ließ sich treiben. Sie blickte in den Himmel. Da es so früh am Morgen war, war es noch diesig, aber der Himmel war schon milchig blau. Das würde wieder einen schönen, wolkenlosen Tag ge- ben. Venetia machte die Hitze nichts aus, sie kannte es nicht anders. Im Hochsommer erreichten die Tempera- turen oft über vierzig Grad. Die Touristen stöhnten dann unter der Hitze. Venetia liebte das Klima Griechenlands. Wie das wohl war, in so einem Land wie Deutschland leben zu müssen, wo es im Sommer so oft regnete und die Winter so kalt waren. Venetia konnte sich das nicht vorstellen. Sie liebte die Sonne, das Meer, den blauen Himmel, die Sandstrände und die Hitze.
Langsam schwamm sie zurück ans Ufer. Sie ließ sich vom Morgenwind trocknen und zog sich dann ihre Sachen wieder an. Den nassen, blauen Badeanzug über dem Arm, ging sie langsam einen kleinen Pfad hoch, der in ihr Dorf führte. Steinig war dieser Weg. Venetias Füße steckten in Flip Flops und sie spürte jeden Stein.
Als sie am Dorf angekommen war, bahnte sie sich ihren Weg durch eine Schafherde und begrüßte den Schäfer:
„Hallo Yannis, wie geht es dir?“
„Gut, Venetia, und dir?“
„Auch gut, es sind Ferien.“
Yannis grüßte, dann zog er mit seinen Schafen in die Berge.
Venetia ging zum elterlichen Haus. Sie stieß die Türe auf, als sie ihre Mutter schon hörte.
„Venetia, wo warst du denn so lange? Der Vater sucht dich. Er hat heute einen großen Fang gemacht und braucht dich. Schnell, geh duschen, iss was und geh runter zum Markt.“
Venetia bekam einen Schrecken. Der Vater konnte ungehalten werden, wenn er sie brauchte und sie nicht da war. Sie hatte sich unbemerkt aus dem Haus geschlichen, als sie zum Strand losgezogen war. Der Vater wusste gar nicht, wo sie war. Schnell sprang sie die Treppen hoch und stellte sich unter die Dusche. Das Wasser war angenehm lauwarm. In Griechenland wird das warme Wasser fast überall über Sonnenkollektoren erwärmt, die Sonne liefert genug Energie. Aber jetzt, am Morgen, war es noch nicht heiß. So lauwarm war es jedoch eigentlich viel angenehmer. Venetia spülte sich das Salzwasser von der Haut und wusch sich die langen schwarzen Haare.Dann stieg sie aus der Dusche, trocknete sich ab und sprang die Treppe wieder hinunter. Ihre Mutter hatte ihr Frühstück gemacht. Es gab einen griechischen Kaffee mit ein wenig Zucker, metriou wurde er genannt, und einen Sesamkringel. Venetia stürzte den Kaffee hinab und nahm den Kringel in die Hand. Sie gab ihrer Mutter einen Kuss und schon war sie verschwunden Richtung Markt im Nachbarort. Zwanzig Minuten musste sie gehen, dann war sie da. Sie bahnte sich einen Weg durch den Markt. Er war schon recht gut besucht. Da, dort war der Stand ihres Vaters. Vorsichtig näherte sie sich ihm.
„Hallo Papa, hier bin ich.“
„Venetia, zum Teufel, wo warst du? Ich brauche dich hier. Ich habe einen großen Fang gemacht und alleine schaffe ich das heute auf dem Markt nicht.“
Er war dabei, die Fische auf das Holzbrett zu legen. Venetia fing sofort an, ihm zu helfen.
„Ah, du hast Barbouni gefangen.“
„Rote Meerbarbe“ hieß dieser Fisch, den der Vater in Massen aus dem Meer geholt hatte.
„Ja, und ein paar Thunfische“, sagte der Vater.
Venetia legte die Fische aus. Einige Kunden standen schon vor dem Stand. Der Vater befestigte die frei hängende Waage.
„Ein Kilogramm bitte“, sagte eine dicke Frau, die ganz in Schwarz gekleidet war.
„Gerne, sofort“, antwortete der Vater.
Er wog die Fische ab und gab die Barbouni, die er in eine große Tüte packte, der Kundin, die geduldig wartete.
Noch vor einiger Zeit war es üblich gewesen, dass nur Männer Fisch und Fleisch einkaufen gingen. Aber diese Zeiten waren vorbei und nun sah man auch Frauen vor dem Fischstand. Eine zierliche, bunt gekleidete, junge Frau verlangte nach einem Thunfisch.
„Aber bitte nicht so einen großen!“ Der Vater suchte einen kleinen Thunfisch heraus und gab ihn der sympathischen Frau. Venetia kam ins Schwitzen. Ein Kunde nach dem anderen verlangte Fisch. Sie verdienten gut an diesem Vormittag. Gegen Mittag war der ganze Fisch verkauft.
„So Venetia, ab nach Hause, hilf der Mutter das Mittagessen vorzubereiten! Aufräumen tu ich alleine.“
„Endaxi, ok“, sagte Venetia und machte sich auf den Heimweg.
„Igitt!.“
Sie stank nach Fisch, nie würde sie sich an diesen Geruch gewöhnen.
Als sie zu Hause ankam, war die Mutter dabei, Giuvezi zuzubereiten. Sie hatte einen Lammbraten in fünf gleich große Teile geschnitten und kochte ihn in Wasser mit Tomatensaft.
„Venetia, koch doch schon mal die kretharakia!“
„Mach ich“, sagte Venetia.
Sie kochte die Nudeln, die aussehen wie Reis, in Wasser.
„Habt ihr gut verkauft?“, wollte die Mutter wissen.
„Ja, Vater hat Barbouni und Thunfische gefangen und wir haben ganz toll verkauft. Alle Fische sind weg.“
„Na, klasse!“, meinte die Mutter erfreut.
„Wo sind Petros und Yannis?“
„Sie sind am Meer“, meinte die Mut- ter.
Die Zwillinge waren neun Jahre alt und man konnte sie schon unbeaufsichtigt lassen.
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