Doch kaum saß Kirsch am Küchentisch kam der nächste Anruf. Moni holte dann das schnurlose Telefon wieder an den Küchentisch und Kirsch hörte nur eine lautstarke Stimme.
„Was ist denn los?“, brüllte er dann auch ins Telefon, weil er hörte nur viele laute Stimmen im Hintergrund und konnte sich gar keinen Reim darauf machen, wer direkt sein Ansprechpartner war.
„Wer ist denn dran?“, schrie er nochmals ins Telefon, dass Moni fast der Teller aus der Hand gefallen wäre, so erschrocken zuckte sie zusammen.
„Hier am Apparat ist Winzer Sänger, Herr Kirsch, ich bin es, wir kennen uns doch“, meldete sich Winzer Sänger und Kirsch ahnte schon mal nichts Gutes.
Was will der denn wieder? dachte er nur, sagte aber nichts, denn mit den Winzern wollte er es sich nicht verderben.
„Was ist denn los, Herr Sänger?“, meinte Kirsch nur und senkte seine Stimme.
„Wir stehen vor Anna Metzgers Haus und wollen mit ihr sprechen, aber sie öffnet nicht. Wir sind es jetzt leid, dass immer ihre Katzen und auch Hunde um unsere Anwesen streichen.“
„Wir müssen ihre Hinterlassenschaften wegmachen und wir wollen das auch nicht in unseren Reben haben, der Dung ist nicht gut, das ist amtlich erwiesen“, wurde Winzer Sänger jetzt wieder laut und heftig pochte er auf eine Antwort.
„Herr Kirsch, Sie müssen diesem Tun ein Ende setzen oder wir holen die Hunde- und Katzenfänger, dann sind die Tiere weg“, sprach Winzer Sänger gar nicht mehr freundlich ins Telefon.
„Am besten wird sein, ich komme vorbei mit meinem Assistenten, den habe ich schon zu mir zitiert“, beruhigte Kirsch den aufgebrachten Winzer.
„Wir sind gleich bei Ihnen und sprechen Sie auch mit den anderen Nachbarn, damit nicht noch ein Unglück geschieht“, meinte Kirsch, dem gar nicht wohl in seiner Haut war, denn mit den Winzern war nicht gut Kirschen essen in dieser Angelegenheit, was Kirsch ja auch durchaus verstehen konnte.
Nur wie sollte Kirsch diese unleidige Angelegenheit Anna Metzger näher bringen. Sie war halt in dieser Sache einfach uneinsichtig und gab auch noch groß mit ihrem Vermögen an.
„Ich bezahle den Winzern und Nachbarn alles. Sie können mir ja Rechnungen schreiben“, stänkerte sie als Kirsch sie schon einmal in dieser Angelegenheit angesprochen hatte.
Doch das machte natürlich kein Winzer oder Landwirt, Rechnungen an Anna Metzger schreiben, denn sie waren ja alle unmittelbar betroffen, weil das gelbe Häuschen von Anna Metzger direkt am Ausgang von Wiesenbach steht, wo die Winzer ihre Reben und die Landwirte ihre Flächen hatten. Denn im Grunde ihres Herzens waren die Winzer und Landwirte auch Tierfreunde und hatten ja selber Hunde und Katzen.
Doch die Hunde und Katzen von Anna Metzger waren einfach ein paar zu viel, sagten die Winzer und maulten und stänkerten dann immerzu nur herum.
Aber wie auch immer, Bürgermeister Wohlgemuth zögerte auch mit seinem Eingreifen, denn er wollte die alte Dame nicht erzürnen und ihr natürlich auch immer gerne entgegenkommen.
Er hatte ja auch schon diesbezüglich viele Gespräche mit ihr geführt, aber sie hob dann immer wieder hervor, dass sie dem Ort, ihrem Heimatort, einmal viel Geld nach ihrem Tod hinterlassen würde und dann könnte ja der Bürgermeister auch die Nachbarn etwas entschädigen.
Deshalb machte der Bürgermeister auch viele Bücklinge vor der alten Dame, das ihr natürlich gefiel, weil sie wusste, sie hatte ihn in der Hand, denn das Geld, das sie Wiesenbach bei ihrem Ableben hinterlassen würde, war enorm hoch. Doch genaue Zahlen kannte der Bürgermeister auch nicht.
So war halt sowohl für den Bürgermeister, als auch für Kommissar Kirsch, die Angelegenheit sehr heikel und keiner wollte irgendwie auch bei diesen unschönen Streitigkeiten eingreifen.
Kirsch machte sich derweil beim Verspeisen seines Schnitzels und des Kartoffelsalats schon mal Gedanken, wie er die Winzer und Landwirte und die Nachbarn und auch Anna Metzger wieder einmal wie schon so oft besänftigen könnte.
Dann klingelte es an der Haustüre und Eugen kam. Als er die knusprigen Schnitzel da auf dem Teller liegen sah, machte er schon mal große Augen, und Kirsch bot ihm auch gleich noch ein Schnitzel an.
„Damit du mir nicht vom Hocker fällst, Eugen, da iss‘ ein Schnitzel mit, denn nachher wird’s ungemütlicher, wenn wir zum gelben Haus fahren.“
Eugen ließ sich das nicht zweimal sagen und dann machten sich Kirsch und Eugen auf ihren Schlichtungsweg, wie sie vorläufig beide dachten.
Als Kirsch und Eugen um die Ecke bogen, in die Straße, in der das Haus von Anna Metzger stand, sahen sie schon eine ganze Menge Leute vor dem Haus stehen .
„Was ist denn das für ein Auflauf?“, bemerkte Kirsch zu Eugen, dem es auch schon etwas mulmig wurde, als er die ganzen Nachbarn da vor dem Haus stehen sah.
Kirsch und Eugen näherten sich den Leuten etwas zaghaft, obwohl Kirsch sich ja einiges ausgedacht hatte, was er den aufgebrachten Nachbarn und Bürgern von Wiesenbach sagen würde.
Als Sprecher machte sich Winzer Sänger gleich bei Kirsch bemerkbar.
„Herr Kirsch, sehen Sie selbst, ich bin es nicht allein, sondern alle Nachbarn sind sehr aufgebracht wegen der vielen Katzen“, meinte Winzer Sänger.
Und Kirsch bemerkte selbst, wie die einzelnen Katzen nacheinander um das Haus schlichen, ganz verschüchtert, weil sie gar nicht wussten, was da draußen los war.
„Katzen sind nämlich sehr intelligente Tiere“, sagte Kirsch zu Eugen und erzählte ihm dann von seiner Katzengeschichte. Diese Geschichte war jedoch nicht in Wiesenbach passiert, das war noch in Villingen, wo Moni und Kirsch zuvor wohnten.
„Moni hatte mal eine schwarze Katze, die sie immer mit kleinen Wurststückchen gefüttert hatte und so wurde die Katze sehr zutraulich. Mir gefiel das gar nicht, denn ich wusste ja nicht woher die Katze kam. Doch Moni wischte alle meine Bedenken weg und so wurde die schwarze Katze unsere Besuchskatze, wie sie sagte, denn sie ging ja auch immer wieder in ihr eigenes Zuhause zurück.“
„Eines Tages kamen dann die Besitzer der Katze zu Moni, was diese nicht besonders freute, denn manchmal blieb die Katze auch bei uns und übernachtete bei uns.“
„Sie machten Moni ein ziemliches Theater, weil sie es gar nicht gerne sahen, dass sie auch bei uns gefüttert wurde und auch bei uns schlief. Moni war daraufhin ganz zerknirscht. Die Katze hing einfach an Moni und kam immer wieder, auch wenn sie die Leute einsperrten, sie fand immer einen Weg zu uns.“
Deshalb gefiel es Moni gar nicht mehr in Villingen und als dann die Stelle in Wiesenbach ausgeschrieben war, hatte sich Kirsch gleich beworben. Doch irgendwann stand die schwarze Katze völlig zerzaust wieder vor Moni. Sie hatte die vielen Kilometer zurückgelegt. Moni päppelte die Katze wieder auf und auch die Leute, die natürlich nach ihrer Katze suchten, erhielten von Moni umgehend Bescheid, dass sich die Katze selbst auf den Weg zu ihr gemacht hatte. So blieb die schwarze Katze bei Moni und Kirsch dann auch in Wiesenbach. Allerdings starb sie vor einem Jahr, es war wohl das Alter, sagte der Tierarzt, den Moni ganz verzweifelt aufsuchte, als die Katze gar nicht mehr aufstand. Doch zu machen war nichts mehr und Moni war untröstlich. Deshalb wollte sie auch keine Katze mehr, obwohl Kirsch schon immer mal beobachtet hatte, dass sich Moni, wenn ihr so eine schwarze Katze über den Weg lief, ihr sehr traurig nachblickte.
„Vielleicht sollte ich Moni doch ein Kätzchen von hier mitbringen“, sagte Kirsch noch zu Eugen.
Aber dann besann er sich, dass er ja eigentlich dienstlich hier war und verscheuchte die dummen Gedanken an die schwarze Katze von Moni.
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