Als das Geschrei wieder so richtig losging und alle durcheinander sprachen und das ziemlich lautstark, öffnete sich die Tür im gelben Haus und heraus trat der Neffe, Adalbert Kaplan.
Kirsch ging auf den Neffen zu. Doch der erschrak daraufhin sehr, als sich Kirsch ihm näherte und er machte eine abwehrende Bewegung.
„Wo ist Ihre Tante?“, fragte Kirsch.
„Wir möchten mit ihr sprechen.“
„Das ist nicht möglich“, sagte der Neffe.
„Es geht ihr nicht so gut. Sie hat sich sehr aufgeregt als diese ganze Meute da vor ihrem Haus auftauchte.“
„Was wollen denn die Leute?“, fragte er dann unvermittelt Kirsch.
„Wir leben doch niemand zuleide, die Katzen haben hier ein Zuhause und auch die Hunde.“
„Wieviel Tiere sind denn im Haus?“, fragte Kirsch ziemlich heftig nach.
„Es sind so um die 20 Tiere, davon 4 Hunde und 16 Katzen“, meinte der Neffe.
„Wir kümmern uns um die Katzen und die Hunde. Sie bekommen ihr Futter im Haus und nicht draußen.“
„Nur die Tiere wollen halt auch raus an die frische Luft“, sagte der Neffe weiter, der sich langsam der ganzen Truppe näherte, und die Nachbarn wurden dann auch leiser und ruhiger.
Winzer Sänger, der Sprecher der Runde, kam zu Kirsch und zum Neffen und besprach mit den beiden, was die Nachbarn in dieser Sache bewegt.
„Den ganzen Tag das Gebelle der Hunde und Miauen der Katzen und vor allem auch die Hinterlassenschaften der Tiere sind uns ein Gräuel, zumal sie auch in unseren Reben Schaden zufügen, vor allem auch durch den Kot der Tiere.“
„Aber wir haben doch nur vier Hunde, da hat ja jeder Winzer selbst mehr Hunde oder z.B. auch Bauer Wisser, der ganz in der Nachbarschaft wohnt“, sagte etwas gequält Adalbert Kaplan.
Er war mit seiner Tante, gerade was die Hunde und Katzen betraf, auch nicht immer einer Meinung. Wenn jedoch seine Tante oder auch die Tiere in Gefahr waren, dann mischte er sich schon ein und verteidigte die Tante.
„Warum ist denn das gelbe Haus nicht eingezäunt, das wäre doch besser, dann könnten die Hunde zumindest nicht raus auf die Straße“, fragte Winzer Sänger nach.
„Allerdings die Katzen klettern über den Zaun, da kann man nichts machen“, wies der Neffe das Ansinnen von Winzer Sänger zurück.
„Am besten wir holen auch noch den Bürgermeister hinzu“, machte Kirsch einen Vorschlag, denn er wollte den Bürgermeister nicht außen vor lassen.
„Er ist der Bürgermeister unserer Gemeinde und so müssen doch auch die Gemeindebeamten darauf achten, dass die Polizeiverordnungen auch eingehalten werden“, meinte Kirsch zu den Umstehenden.
Als Kirsch beim Bürgermeister anrief war dieser jedoch nicht zuhause, wie seine Frau Lene mitteilte, er war in einer Sitzung des Gemeinderates .
„Na klar“, sagte Kirsch zu Eugen, „jetzt hängt wieder einmal alles an uns.“
„Eugen notiere mal alle Namen der Leute, die jetzt hier sind und so lautstark protestieren“, meinte Kirsch, und Eugen stolzierte davon und machte sich seine Notizen, denn inzwischen hatte er sich auch ein schwarzes Büchlein, ein ähnliches wie Kirsch es hatte, zugelegt.
Kirsch sprach dann auch noch mit den einzelnen Leuten und versprach, dass er zusammen mit dem Bürgermeister sich eine „Marschrichtung“ für die nächste Zeit in der Angelegenheit der Hunde und Katzen zulegen wollte.
Eugen notierte die Namen. Darunter waren, u.a. Winzer Sänger, Winzer Huber, Landwirt Wisser, Landwirt Brunner, Winzer Becher, Landwirt Seger, Winzer Kolb und Winzer Becht. Zusammen mit ihren Frauen und weiteren Personen waren das dann schon über 20 Personen, die an diesem Abend zu diesem Protest angetreten sind.
Merkwürdig dachte Kirsch auf jede Person kam auch ein Hund oder eine Katze.
Nachdem sich die Gemüter wieder beruhigt hatten, sprachen Kirsch und Eugen noch mit dem Neffen. Der versprach, dass er nochmals mit seiner Tante reden wollte und sie vielleicht bereit wäre, ein paar der Katzen ins Tierheim oder an Katzenliebhaber abzugeben. Doch versprechen konnte er nichts.
Kirsch und Eugen schnauften schon ein bisschen als sie sich erinnerten, wie die ganze Gruppe schon sehr erregt auf das Haus zugeschritten war.
„Wir können für nichts garantieren“, sagte Kirsch zum Neffen, der sich auch entschuldigte, dass er und seine Tante den Leuten so viel Ärger bereitete.
Dann verabschiedeten sich Kirsch und Eugen vom Neffen, der schnell ins Haus ging.
Als Kirsch und Eugen weiter in den Ort schritten, kam ihnen Bella Weigand mit ihrem Hund Seppi entgegen.
„Ah, Frau Weigand, wo wollen Sie denn noch so spät hin?“, fragte Kirsch.
„Ich will noch bei meiner Freundin, der Anna Metzger, vorbeischauen, sie war vorhin am Telefon so unruhig, sie hat ihren Lottoschein gesucht“, sagte Frau Weigand.
„Als wenn sie nichts anderes zu tun hätte“, meinte Kirsch etwas sarkastisch zu Eugen und Frau Weigand, die jedoch ganz konsterniert von Eugen auf Kirsch blickte, denn sie wusste ja noch nichts von den Geschehnissen.
„Was meinen Sie denn damit?“, fragte sie gleich spitz nach.
„Ja, hat Frau Metzger, Ihre Freundin, nichts weiter zu Ihnen gesagt.“
„Was gesagt?“, sprach Frau Weigand und schluckte heftig.
„Nein, sie hat nichts gesagt“, meinte sie wieder kurz angebunden.
„Wir kommen gerade von ihrem Haus, wobei sie sich gar nicht gezeigt hatte, nur ihr Neffe ist rausgekommen, denn die Nachbarn waren mal wieder richtig aufgebracht wegen der Hunde und ihrem Kot und den vielen Katzen.
„Was soll denn das?“, meckerte Frau Weigand, „die sollen sich mal nicht so haben.“
„Ich werde mit ihr reden“, sprach Bella Weigand und zog dann urplötzlich ihren Hund Seppi an sich und stolzierte mit erhobenem Haupt davon.
„Nicht mal verabschiedet hat sie sich, komisch, das passt doch gar nicht zu ihr“, war Kirsch nicht gerade erfreut über das Benehmen von Frau Weigand.
„So langsam geht sie mir auf die Nerven“, sagte er leise zu Eugen, der nur nickte und mit seinen Augen zuckte.
„Ja, was soll sie auch sagen, Chef“, nahm er die alte Dame aber wieder in Schutz.
„Komm Eugen, machen wir uns auf den Nachhauseweg aber morgen früh bin ich als erster beim Bürgermeister und rede mit ihm. So kann es nicht mehr weitergehen. Immer wieder diese Ausfälle der Winzer und Landwirte gegen Anna Metzger und sie verkriecht sich in ihrem Haus wie eine Mimose oder beleidigte Leberwurst und rührt sich nicht.“
„Eugen, komm wir trinken noch ein Bier im Goldenen Becher, vielleicht kommt ja auch der Gemeinderat nach der Sitzung noch auf ein Bier vorbei, dann kann ich den heutigen Vorfall gleich direkt dem Bürgermeister melden“, meinte Kirsch.
Also spazierten die beiden im Gleichschritt in den „Goldenen Becher“ und da saßen sie schon die Herren und Damen Gemeinderäte einträchtig bei einem Bierchen zusammen, obwohl sie sicherlich gerade erst in der Sitzung miteinander wieder um die Umgehungsstraße gestritten hatten, denn das Thema war noch immer nicht vom Tisch. Doch jetzt wurde erst mal der Ärger mit einem Bier hinuntergespült.
„War heute nicht die Umgehungsstraße auf der Tagesordnung?“, meinte Kirsch etwas spitz zum Bürgermeister, der Kirsch jedoch nur ungläubig ansah.
„Nein, Herr Kirsch, wir hatten heute keine öffentliche Sitzung, sondern eine nicht-öffentliche.“
„Ja, deshalb waren auch die Winzer und Landwirte nicht in der Gemeinderatssitzung, jetzt ist mir alles klar und da hatten sie Zeit mal wieder bei Anna Metzger ihre Hasstiraden loszuwerden“, sprach Kirsch zum Bürgermeister.
„Was war denn los bei Anna Metzger?“, wollte der Bürgermeister dann doch von Kirsch wissen.
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