Das Dokument informiert über folgende Luftschadstoffe: Stickoxide (NOX, NO2), Ozon (O3), Feinstaub (unter besonderer Berücksichtigung der Größenfraktionen PM10 und PM2.5), Kohlenstoffmonoxid (CO) und Schwefeldioxid (SO2).
Anhand einer Vielzahl von Studien zeigen die Autoren, dass durch chronische Mikroentzündungen auf den Oberflächen, die sie durchlässiger machen für schädliche Umweltfaktoren, nicht nur die Lunge geschädigt wird – auch Herzinfarkt und Schlaganfall, Diabetes Typ-2 und Schwangerschafts-Diabetes, Demenz und weitere Erkrankungen gehen auf dieses Konto. Besonders betroffen sind vulnerable Gruppen: Ältere oder chronisch/multisystemisch erkrankte Menschen sowie kleine Kinder.
Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO ist Luftverschmutzung der wichtigste umweltbedingte Risikofaktor für Erkrankungen – und das, obwohl der Schadstoffausstoß in den letzten Jahrzehnten bereits stark gesenkt wurde. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind jedoch nach wie vor hoch, so dass das Positionspapier sich vor allem mit der Fragestellung der Gesundheitsgefährdung bei geringerer Schadstoffbelastung befasste. Das Autorenteam betonte (auf Seite 9 des Dokuments):
„Negative Gesundheitseffekte treten auch unterhalb der derzeit in Deutschland gültigen europäischen Grenzwerte auf. Bisher konnte für die wissenschaftlich gut untersuchten Schadstoffe keine Wirkungsschwelle identifiziert werden, unterhalb derer die Gefährdung der Gesundheit ausgeschlossen ist.“
Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin forderte von der Politik, der Industrie und der Bevölkerung ein Umdenken und stellte vier Forderungen zu Maßnahmen zur Luftreinhaltung auf (auf Seite 7 des Dokumentes), von denen viele, so die Autoren, zu erheblichen Co-Benefits durch die gleichzeitige Reduktion von Klimagasen, Lärm, Landverbrauch und innerstädtischer Aufheizung führen würden. Der Schirmherr der Veranstaltung, bei der das Positionspapier vorgestellt wurde, Michael Hennrich (MdB), betonte in seiner Eröffnung die Bedeutung der DGP-Initiative für Deutschland und Europa:
„Umweltschadstoffe verursachten allein in Europa jährlich Kosten von 280 Milliarden Euro, 5,2 Millionen Lebensjahre gingen verloren. Gesunde Luft für alle sei ein zentrales Ziel. Hierfür gelte es, vom isolierten Betrachten einzelner Luftschadstoffe und Maßnahmen wegzukommen und stattdessen die Zusammenhänge in den Fokus zu nehmen.
Professor Klaus Rabe, Präsident der DGP, kritisierte die bislang eher schwache Lobby für Umweltmedizin und wies auf die vielfältigen gesundheitlichen Folgen von erhöhter Luftschadstoffbelastung hin. In der Diskussion käme zudem der Aspekt der Prävention bislang zu kurz.“ 3.3.3/6 Helmholtz
Pollen, Klima und Luftschadstoffe
Unter der Überschrift Klimawandel beeinflusst Pollenflugzeit verwies Prof. Traidl-Hoffmann, die Direktorin der Hochschulambulanz für Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg, in einem Interview auf weitere Zusammenhänge zwischen Umweltschadstoffen, Klimawandel und steigender Allergiehäufigkeit.
„Erstens beeinflusst der Klimawandel die Pollenflugzeit. Pollen wie die Hasel fliegen deshalb früher im Jahr, andere über einen längeren Zeitraum. Zweitens produzieren einige Pflanzenarten bei höherem CO2-Gehalt der Luft deutlich mehr Pollen. Und drittens steigern Umweltschadstoffe wie Ozon selbst die Allergenität der Pollen.“
Prof. Traidl-Hoffmann weist darauf hin, dass verschiedene Effekte sich gegenseitig verstärken.
„In mehreren Versuchen konnten wir zeigen, dass Umweltschadstoffe, wie Ozon, Feinstaub oder Stickoxide, den Pollen selbst verändern. Allergieauslösende Proteine und andere proentzündliche Substanzen werden vermehrt darin produziert und sogar neuartige Allergene gebildet. Pollen beherbergen außerdem ein spezifisches Mikrobiom auf ihrer Oberfläche, also ein eigenes Ökosystem aus Mikroorganismen. Auch das Mikrobiom wird durch Umweltschadstoffe negativ beeinflusst. Die Summe dieser Faktoren bewirkt letztlich eine erhöhte Pollenallergenität.
Andererseits wissen wir, dass die Umweltschadstoffe nicht nur auf die Pollen wirken, sondern auch auf uns selbst, den Menschen. Sie machen zum Beispiel die Lunge empfänglicher für allergische Reaktionen wie das allergische Asthma.“ 3.3.3/7 Helmholtz-Gemeinschaft 2021
In der Live-Sendung ARD alpha-demokratie plädierte die Professorin dafür, die individuelle Belastung durch Luftschadstoffe messbar zu machen. Notwendig sei der Einsatz intelligenterer Kraftstoffe und neuer Technologien, z. B. persönliche Apps für Radler, die anzeigen, wo die Luftbelastung gerade besonders hoch ist. Des Weiteren müsse, wie bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben, die Prävention von Krankheiten gefördert und die Wissenschaftskommunikation verbessert werden. 3.3.3/8 ARD
3.3.4 Elektromagnetische Felder/„Elektrosmog“
Was versteht man unter EMF?
Die Gesamtheit unterschiedlicher elektro magnetischer Felder/EMF wird umgangssprachlich als „Elektrosmog“ bezeichnet. Häufige Quellen elektromagnetischer Felder (EMF) sind z. B.:
Hochfrequente elektromagnetische Strahlung oder kurz Hochfrequenz (3 MHz bis 300 GHz).
Niederfrequente elektrische und magnetische Felder im sogenannten ELF-Bereich (3 Hz bis 3 kHz).
Strahlung im VLF Bereich (very low frequencies: im Allgemeinen von 3 kHz bis 3 MHz), werden durch Oberschwingungen und Verzerrungen von Spannung und Strom verursacht.
Technische Quellen der EMF sind allgegenwärtig, z. B.:
Rundfunk- und Fernsehantennen, WLAN-Access Points (auch z. B. in öffentlichen Verkehrsmitteln), WLAN-Router und WLAN-Clients (z. B. Computer, Tablets, Fernseher), Schnurlos- und Mobiltelefone einschließlich ihrer Mobilfunkbasisstationen, Bluetooth-Geräte, intelligente Zähler („smart meter“) und Baby-Monitore, die hochfrequente Strahlen aussenden.
Beleuchtungsmittel (z. B. Energiesparlampen), Elektrische (Haushalts-)Geräte wie Induktionsherde, medizinische Geräte z. B. in Ambulanzen und Krankenhäusern, smarte Klimaanlagen, smarte Autos.
Infrastrukturen zur Bereitstellung von Elektrizität, Hochspannungsleitungen.
Möglicherweise krebsverursachend
Die Internationale Agentur für Krebsforschung/IARC schätzt hochfrequente elektromagnetische Felder (RF-EMF) als möglicherweise beim Menschen Krebs verursachend (Gruppe 2B) ein.
„Aufgrund der weit verbreiteten Nutzung von schnurlosen Telefonen (Mobil- und Schnurlostelefone) war eine Bewertung der wissenschaftlichen Evidenz zum Hirntumorrisiko notwendig. So wertete die International Agency for Research on Cancer (IARC) bei der WHO im Mai 2011 die damals veröffentlichten Studien aus. Das wissenschaftliche Gremium kam zu dem Schluss, dass hochfrequente (HF) Strahlung von Mobiltelefonen und anderen Geräten, einschließlich Schnurlostelefonen, die ähnliche nichtionisierende elektromagnetische Feldstrahlung (EMF) im Frequenzbereich von 30 kHz-300 GHz aussenden, eine Gruppe 2B, d.h. ein „mögliches“ Humankarzinogen ist. Die Entscheidung der IARC zu Mobiltelefonen basierte hauptsächlich auf Fall-Kontroll-Studien am Menschen durch die Hardell-Gruppe aus Schweden und die IARC Interphone-Studie. Diese Studien lieferten unterstützende Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Hirntumore, d.h. Gliome und Akustikusneurinome [gutartiger Tumor des Ohres, die Autorin].“ [Ü.d.A.] [Wissenschaftliche Belege in der angegebenen Quelle] 3.3.4/1 Carlberg, Hardell
2017 lässt die Meta-Analyse der oben zitierten schwedischen Wissenschaftler Carlberg und Hardell keinen Zweifel über die Korrelation von Mobiltelefonnutzung und dem Risiko der Entstehung von Gehirnkrebs:
Die Meta-Analyse ergab OR = 1,90, 95 % CI = 1,31–2,76. Die Ergebnisse sind konsistent mit einem statistisch signifikant erhöhten Risiko für Gliome. [Ü.d.A.] 3.3.4/2 Carlberg, Hardell
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