Carmen Thomas
Reaktanz – Blindwiderstand erkennen
und umnutzen
7 Schlüssel für ein besseres Miteinander
Inhalt
Prolog
Ein Feldversuch in Sachen Reaktanz
Einführung: Reaktanz, was ist denn das?
Wer hat sich die Reaktanz überhaupt ausgedacht?
Grüße aus dem Neanderthal
Emotionale Bevormundung
Was Reaktanz kann
7 Schlüssel zum besseren Miteinander
Live aus Dublin ohne Ahnung oder: Wie alles anfing
1. Schlüssel:
Zulassen statt zumachen. Offenheit bringt weiter
Vom Zumachen vor dem Zulassen
Zulassen – das Abenteuer beginnt
Schräges zulassen als Motor der Kreativität
Den richtigen Dreh finden
Tool 1 „Türöffner“ als „Vergissmeinnichte“
Zulassen als Ausweg in Extrem-Situationen
Tool 2 Redezeiten rationieren mit dem Handy-Timer
Begrenzendes Zulassen
Zwischenruf:
„How words can change the world“ oder: Von der Macht der Sprache
Am Beispiel Reaktanz erzeugen: Gender-gerechte Sprache
Reaktanz senkende Sprache
2. Schlüssel:
Addieren statt konkurrieren. Systematisch Gruppen-Klugheit entfalten lernen
Eine Einsicht, die alles veränderte
Das Schlüssel-Symbol für alle Fälle
Tool 3 „1‘-Eskimo-Stormen“: Ideen erzeugen in einer Minute
Wie das Addieren neue Einsichten in Sachen Reaktanz schafft
Tool 4 Die Eierbecher-Runden-Kommunikation
3. Schlüssel:
Verwerten statt bewerten. Wie geht’s beim nächsten Mal (noch) besser?
Zwei Seiten einer Medaille
Tool 5 Der Janus-Klärer
Wie Verwerten weiterführen kann
Tool 6 Das „Dreiecks-Prinzip“ als Entstress-Geheimnis
Tool 7 Mein klarer schneller Weg zur Sache: Vistem
4. Schlüssel:
Umnutzen statt runterputzen. Begeisterung wecken
Wie jedes Thema spannend werden kann
Tool 8 Kränkungsfrei Feedback geben und annehmen
5. Schlüssel:
„Interessiert mich“ statt „Kenn’ ich“. Sich selbst aufschließen.
Den Innovations-Funken entfachen
6. Schlüssel:
Ahhh statt Oooh. Wenn Fehler zu Aha-Erlebnissen werden
Aus Fehlern klug werden
Tool 9 Machtvoll ohne Worte: Reaktanz vermindernde Settings
Fehlerfreundlichkeit und Freiheit
Tool 10 Rotations-Karten für mehr Klarheit und Gerechtigkeit
7. Schlüssel:
Kopieren zum Kapieren. Warum Imitieren schlau machen kann
Im Nachmachen besser begreifen
Nachwort und Dank
Anmerkungen
Ein Feldversuch
in Sachen Reaktanz
Von Karoline Kuhn, Programmleiterin des adeo-Verlags
Während ich mit Carmen Thomas an dem vorliegenden Buch arbeitete, bereitete das adeo-Verlagsteam eine extrem schwierige Pressekonferenz vor. Der Autor, dessen Buch in der Pressekonferenz vorgestellt werden sollte, ist sehr bekannt und sehr umstritten und vielleicht ist er sogar zurzeit eine der meistgehassten Personen Deutschlands. Bei der Pressekonferenz war daher zu erwarten, dass ihm von Seiten der Journalist-inn-en eine so feindselige Stimmung entgegenschlagen würde, wie es bei seinen jüngeren öffentlichen Auftritten leider jedes Mal der Fall gewesen war. Ebenso erwartbar: unfaire Fragen und nachfolgend eine von Vorurteilen gefärbte Berichterstattung. Das Team fragte sich: Wie lässt sich diese Pressekonferenz so gestalten, dass der Autor zumindest eine faire Chance erhält?
Da uns schon ein wenig über die Macht der Reaktanz und die Möglichkeiten zum Umnutzen bekannt war, wurde Carmen Thomas um Rat gebeten. Die Beteiligten bekamen Herausforderndes zu hören: „Die Sitzordnung ändern: kein Podium, einfach drei normale Stühle. Barrierefrei und ohne Abgrenzung, um die Reaktanz zu senken. Autor und adeo-Team von Anfang an mit den Medienleuten auf Augenhöhe. Die Stühle für die Presse halbkreisförmig anordnen statt in geraden Reihen. Ohne lange Vorreden loslegen und vor allem ohne den Versuch, die Journalist-inn-en mit gefakt-vorbereiteten Antworten zu steuern oder zu manipulieren. Das macht nur reaktant. Stattdessen gleich zu Anfang alle Anwesenden bitten, sich in einer kurzen Runde mit Namen und Funktion vorzustellen und eine erste Frage an den Autor zu nennen. Die Fragen alle notieren und nacheinander beantworten. So entsteht ein ernst nehmendes Klima auf beiden Seiten. Und wer nicht anonym im Raum ist, verhält sich anders, inklusive Beißhemmung.“
„Ach du Schreck“, dachte das Team. „Kann das funktionieren – bei 60, 70 Leuten? Das dauert doch viel zu lange! Und was, wenn das Ganze völlig aus dem Ruder läuft?“
Doch mit dem Einverständnis des Autors ließ sich das Team auf das Wagnis ein und setzte die Anregungen von Carmen Thomas um. Und erlebte Verblüffendes: Alle Journalist-inn-en spielten nach kurzem Erstaunen bereitwillig mit, und es war spürbar, wie sich die Stimmung im Raum dank des ungewöhnlichen Settings und durch die Vorstellungsrunde positiv veränderte. Es gab viele kluge Fragen und keine einzige gemeine. Eher entspann sich ein von Respekt und Offenheit geprägter Dialog zwischen Autor und Journalist-inn-en. Die vorab befürchteten Reaktanz-Reaktionen blieben einfach aus.
Noch positiver überrascht als der Autor und das adeo-Team waren manche Journalist-inn-en. Von denen spiegelten hinterher mehrere „altgediente Recken“ beeindruckt, dass sie so eine Pressekonferenz ja noch nie erlebt hätten.
Wer vorher noch nicht 100 % überzeugt von Carmen Thomas’ Erkenntnissen rund um die Kraft der Reaktanz und vom handfesten Nutzen ihrer praxiserprobten Werkzeuge für ein besseres Miteinander war, wurde hier auf äußerst beeindruckende Weise eines Besseren belehrt.
Reaktanz,
was ist denn das?
Dieses Buch handelt von einer großen Entdeckung für mein persönliches und berufliches Leben: von der Kraft der Reaktanz.
„Wie bitte?“, fragen Sie jetzt vielleicht. „Ach näää, Reaktanz, was soll das denn schon wieder sein?“ Da haben sich viele gerade erst von der allgegenwärtigen „Resilienz“, der inneren Widerstandskraft, erholt, und nun kommt schon wieder so ein sperriger Begriff daher? Oder finden Sie das Wort Reaktanz etwa sexy? Ich offen gestanden nicht.
Und echt schlimm ist ja, dass das gerade mir passiert: mich in ein Phänomen zu verlieben, das auf ein so befremdliches Fachwort hört. Denn zu meinen Markenzeichen im Radio gehörte stets, dass ich Expertinnen und Experten konsequent fragte: „Können Sie das auch auf Deutsch sagen?“, wenn sie solch fremde Fremdwörter benutzten. In zahllosen Briefen wurde ja von meinem Publikum zu Recht geschimpft, wie unverständlich die Sprache von Fachleuten sei.
Seit ich die Reaktanz für mich entdeckte, habe ich immer wieder festgestellt, wie lange es allein schon braucht, sich einfach nur das fremde Wort zu merken. Und die deutsche Übersetzung „Blindwiderstand“ ist kaum besser. Widerstand – okay. Aber was soll das „Blind“ denn dabei? Wenn das beides schon so bescheuert-abstrakt heißt, wer kriegt da schon Lust, hinter dieses Phänomen zu schauen?
Das Blöde ist allerdings, dass wirklich neue Dinge, die es bisher noch nicht gab, leider auch neue Begriffe brauchen. Also gibt es ein Problem. Ach nein. Ein Berliner Hoteldirektor brachte mir mal bei: „Probleme? Gibt es hier nicht. Hier existieren nur Lösungsbedarfe.“
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