Bodo Gölnitz - Wenn die Tage ihre Farbe verlieren - Band 1

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Wenn die Tage ihre Farbe verlieren - Band 1: краткое содержание, описание и аннотация

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An einem kalten verschneiten Wintertag des Jahres 1955 wird Bodo als sechstes Kind einer Flüchtlingsfamilie geboren.
Seine Mutter hatte sich aus einem kleinen ostpreußischen Dorf mit fünf
kleinen Kindern und zu Fuß auf den Weg gemacht, während ihr Mann irgendwo in einem Schützengraben an der Ostfront steckte.
Nach Kriegsende soll es noch acht lange, harte und entbehrungsreiche Jahre dauern, bis die Familie wieder zusammenfindet.
Deutschland versucht, wieder in die Normalität zurückzufinden, und der kleine Bodo lernt, was es heißt Flüchtlingskind zu sein und in ärmlichen Verhältnissen aufzuwachsen. Und noch etwas lernt er – durchzuhalten. Getrieben von dem Vorsatz, eines Tages Wohlstand und Glück zu
erreichen, macht er sich auf den Weg. Er verlässt früh sein Elternhaus, findet seine erste Liebe, aber auch erste große Enttäuschungen.
Doch eines Tages meint er nah am Ziel zu sein.
Aber die Pfade des Lebens sind steinig und schmerzhaft.

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Bodo Gölnitz

Wenn die Tage

ihre Farbe verlieren

Dieses Buch ist den Menschen gewidmet denen meine ganze Liebe gilt Ina - фото 1

Dieses Buch ist den Menschen gewidmet

denen meine ganze Liebe gilt:

Ina, Bastian und Marisa

Impressum

© 2017 Bodo Gölnitz

Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

ISBN (eBook-Ausgabe - Band 1) 978-3-7450-3777-7

ISBN (eBook-Ausgabe - Band 2) 978-3-7450-3778-4

ISBN (Print-Ausgabe - Band 1) 978-3-7450-3773-9

ISBN (Print-Ausgabe - Band 2) 978-3-7450-3774-6

Printed in Germany Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek - фото 2

Printed in Germany

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Wer vor der Vergangenheit

die Augen verschließt,

ist blind

für die Gegenwart.

(Richard von Weizäcker)

Kapitel 1: Untergang und Aufbruch

Irgendwo in Ostpreußen. In einem kleinen Dorf nahe der masurischen Seenplatte. Kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges - als Adolf Hitler Kanonenfutter für seine wahnwitzigen Ideen brauchte und am 1. September 1939 den Selbstmord des alten Deutschlands einfädelte.

Mein Vater Ernst gehörte zu der Generation der vielen jungen Männer, die in dieser Zeit zufällig erwachsen wurden. Gerade 26 Jahre alt, hatte er mit meiner Mutter bereits fünf Kinder gezeugt. Zur damaligen Zeit war das allemal nichts Ungewöhnliches. Außerdem kam meine Mutter dadurch in den Genuss, vom Führer das Mutterkreuz« zu erhalten – und eine kostenlose Ausgabe von »Mein Kampf«.

Nun zog Vater also an die Front. Und meine Mutter musste die Kinder alleine versorgen - in Kriegszeiten wahrlich kein leichter Job.

Hitlers Soldaten bekamen, wenn sie verwundet wurden, Fronturlaub. Auch mein Vater wurde im Kampf verletzt. Eine Schusswunde im Verlauf eines Sturmangriffs. Und so kam er für eine kurze Zeit der Genesung nach Hause. Mit dem Resultat, dass im Jahre 1940 mein Bruder Wolf-Rüdiger das Licht dieser, von Raketen und Granatwerfern erhellten Welt erblickte.

Zu dem Zeitpunkt war Vati allerdings wieder bei seiner Einheit, irgendwo an der Ostfront. Seinen neugeborenen Sohn sollte er dadurch niemals kennenlernen, denn Wolf Rüdiger erlebte leider nicht seinen ersten Geburtstag. Unterernährung, Vergiftung durch verdorbene Milch. Das war der Grund für den frühen Kindstod.

Gegen Ende des Krieges nahm meine Mutter ihre Kinder, sowie nur wenige Habseligkeiten, und flüchtete aus Angst vor dem Einmarsch russischer Soldaten, von Ostpreußen in Richtung Schleswig-Holstein.

Geplant war, mit der »MS Wilhelm Gustloff« über die Ostsee in sicherere Gefilde zu schippern. Die war jedoch von den Massen an flüchtenden Menschen völlig überfüllt. Und so gings dann zu Fuß in Richtung Westen.

Am 30. Januar 1945 wurde die Wilhelm Gustloff vor der Küste Pommerns von feindlichen Torpedos getroffen und versenkt. An Bord befanden sich fast 9.000 Flüchtlinge und Besatzungsmitglieder.

Glück? Schicksal? Meta hatte jedenfalls überlebt.

Nach Kriegsende fand sie mit ihren fünf Kindern eine in einem kleinen Dorf in der Nähe des Nord-Ostsee-Kanals. Was aus Ernst Gölnitz geworden war? Niemand wusste es.

Meine Mutter machte nun das, was alle Frauen zu der Zeit taten - sie ließ meinen Vater über Vermisstenlisten suchen. Doch es tat sich nichts. Aber Meta Gölnitz übte sich in Geduld. Was blieb ihr auch anderes übrig. Sie versorgte mehr schlecht als recht ihre Kinder und wartete beharrlich auf ein Lebenszeichen ihres Mannes.

Regelmäßig suchte sie das »Deutsche Rote Kreuz« auf. Nur um zu erfahren, dass es in Sachen Ernst Gölnitz nichts Neues geben würde. Aber sie gab nicht auf. Es war jetzt bereits 1953.

Da bekam sie völlig unerwartet die Nachricht, dass es in Nortorf - einem Dorf, nicht weit entfernt - einen Ernst Gölnitz geben würde. Seit seiner Entlassung 1945, aus amerikanischer Gefangenschaft, würde er dort wohnen, und hätte eine Arbeitsstelle bei einem Bauern als Melker.

Und tatsächlich - dieser Mann war: mein Vater! Acht Jahre hatten er und meine Mutter, getrennt durch lächerliche 20 km, praktisch in der Nachbarschaft gelebt und nichts voneinander gewusst.

Trotz aller Freude - die anschließenden Monate waren alles andere als einfach. Immerhin waren Vaters Kinder zu Beginn des Krieges noch sehr klein gewesen. Es lagen 15 lange Jahre dazwischen. Und nun waren die damals Kleinen bereits im pubertären Alter, teilweise sogar schon erwachsen. Für sie war er fast ein Fremder. Und die Erlebnisse an der Front hatten ihn roh, streng, und schnell aufbrausend gemacht.

Um seine Stellung und Autorität in der Familie wiederzuerlangen, brauchte es noch eine geraume Zeit. Aber die Familie war jedenfalls wieder vollständig.

Kapitel 2: Die ersten Jahre

Am 7. Januar, einem verschneiten und eisigkaltem Wintertag des Jahres 1955, erblickte ich das Licht der Welt. Ich war, so sagte mein Vater spaßeshalber immer, ein sogenanntes »Heimkehrer-Paket«.

Zu jener Zeit lebten meine Eltern in einem Holzbarackenlager am Ortsrand. Das hatte man notdürftig erstellt, um den Scharen von ostpreußischen Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf zu bieten. Unsere zugeteilte Baracke bestand aus einem mittelgroßen Raum mit Kochecke - tja, sonst war da nichts. Und hatte jemand das Bedürfnis seine Notdurft zu verrichten, musste er nach draußen, und nahm auf bereitgestellten Plumps-Klos Platz.

Damals herrschten noch Winter mit Kälte und viel Schnee, in denen der Toilettengang nicht besonders komfortabel und gemütlich war. Toilettenpapier gab es zwar. Aber um dieses zu kaufen, musste man etwas besitzen von dem meine Eltern äußerst wenig besaßen - nämlich Geld. Und so wurden, aus Spargründen, ersatzweise alte Zeitungen in passende Stücke gerissen und neben dem Plumps-Klo deponiert. Diese Tätigkeit und das Drehen von Zigaretten, mit Tabak der Marke »Holland-Shag«, füllte einen Teil der wenigen Freizeit meines Vaters aus, wenn er spät abends, kaputt von der Arbeit, nach Hause kam.

Vater hatte seinen Job als »Zitzen-Massierer« in der heimischen Landwirtschaft aufgegeben und war als Quereinsteiger - so würde man das heute wohl nennen - zum Straßenbau gewechselt. Diese Anstellung brachte etwas mehr Geld ein, und Vati nutzte die Möglichkeit, das karge Einkommen mit massenhaft anfallenden Überstunden aufzubessern. So arbeitete er oft vom frühen Morgen bis in die späten Abendstunden.

Manchmal, wenn die Baustelle im Stadtgebiet lag, machte sich meine Mutter mit mir auf den Weg, und wir brachten ihm abends sein warmes Essen zur Baustelle. Während mein hungriger Vater im mitgebrachten Henkelmann löffelte, saßen wir noch eine Weile bei ihm. Und dann erklärte er mir die gewaltigen Baumaschinen, die um uns herumstanden.

Meine Geschwister waren mittlerweile ins Rheinland umgesiedelt. Dort gab es weitaus mehr Möglichkeiten, eine gute Anstellung zu finden. In unserer Einraum-Baracke wäre auch gar kein Platz für die komplette Familie gewesen. Meine jüngste Schwester Ursel war zu meiner Geburt immerhin schon 17 Jahre alt. Waltraud war 18, Edith 19, Heinz 20 - und Ernst, der Erstgeborene, zählte bereits 21 Lenze. Dieser Altersunterschied war wohl auch der Grund, weshalb ich eigentlich immer mehr ein Tante- bzw. Onkelverhältnis zu meinen älteren Geschwistern hatte.

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