Im Ergebnis aber bleibt das Bemühen des Senders erfolglos. Und wenn wir uns ergebnisorientiert fragen wollen, was aus unserem Bemühen einer guten Verständigung wird, so werden wir nicht umhinkönnen, nachzufragen.
Zugegeben, Sie werden das nicht mit jeder Nachricht, die Sie weitergeben, durchführen können. Aber vielleicht werden Sie sich angewöhnen, bei den für Sie wichtigen Informationen für Ihr Gegenüber doch noch einmal nachzufragen, ob sie sich „einig“ sind?
»Herr Kunde, ich bin mir nicht sicher, ob ich den Sachverhalt XY wirklich richtig rübergebracht habe. Mir ist es wichtig zu betonen, dass …! Konnte ich mein Anliegen deutlich machen?«
Wenn Sie diese Formulierung genau beachten, dann wird Ihnen auffallen, dass der Sender dieser Nachricht nur sich, aber niemals den Kunden und seine Aufmerksamkeit infrage stellt.
Das ist nicht devot, das ist kluge Verhandlungstaktik. Ich, als Verkäufer, habe es nicht nötig, dem Kunden zu erklären, dass er nicht aufgepasst hat. Meinen Kunden möchte ich nicht in Verlegenheit bringen, wozu auch?
Vielleicht bemerkt der Kunde, dass Sie sich schützend vor ihn stellen. Wenn er es bemerkt, dann machen Sie gute Punkte auf der nach oben offenen Sympathie-Skala. Und wenn nicht, was soll’s.
Sie achten auf das Wohl Ihres Kunden. Er soll sich wohl fühlen und gleich den Kaufvertrag mit Ihnen abschließen. Das ist das Ziel Ihrer Arbeit.
Die vier Arten der Wahrnehmung
Als wichtiges viertes Prinzip möchten wir die vier Arten der Wahrnehmung (nach FRIEDEMANN SCHULZ VON THUN) vorstellen. In diesem Modell geht es darum, dass jede Nachricht empfängerseitig in vier Aspekte „zerlegt“ und analysiert wird.
Auch in diesem Modell begegnet uns wieder die Inhaltsebene, nämlich im ersten Aspekt (dem Sach-Ohr): »Worum geht es hier?« oder »Was ist Sache?« In der Grafik oben haben wir die Aspekte mit jeweils einer Gedankenblase gekennzeichnet.
Der zweite Aspekt (das Appell-Ohr) befasst sich mit der Frage: »Was soll ich tun?« oder »Was erwartet der andere von mir?«
Der dritte Aspekt (das Selbstoffenbarungs-Ohr) will klären, was denn der Sender der Nachricht über sich selbst aussagt. »Was soll ich hören, was soll ich an seiner Lage verstehen? Was sagt er über sich selbst aus?«
Der vierte Aspekt (das Beziehungs-Ohr), und hier bemerken Sie ebenfalls eine Wiederholung aus der zweiten Kommunikationsebene, ist die Frage nach der Beziehung: »Wie geht er mit mir um? Ist er fordernd und womöglich distanzlos oder behutsam und freundlich? Geht der andere mit mir respektvoll um?«
Ein kleines Beispiel verdeutlicht das theoretische Modell. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein Verkäufer fragt: »Möchten Sie finanzieren?«“
Betrachten wir uns dieses kleine Beispiel mit den vier Arten der Wahrnehmung, dann ergibt sich folgende Analyse:
Die Sachebene ist klar, aber das ist auch schon das Einzige, was klar und eindeutig ist: »Möchten Sie finanzieren?«
Der Appell könnte lauten: »Offenbare dich und dein Einkommen!«
Über sich sagt der Sender in der Selbstoffenbarung möglicherweise aus:
»Ich glaube, Sie haben kein Geld!«
Bis hin zur Beziehungsfrage könnte der Empfänger verstehen: »Lieber Kunde, du bist oder du wirst abhängig von mir!«
Jetzt werden Sie einwenden, dass die letzten drei Aspekte »unser Verkäufer« hier mit keinem Wort erwähnt habe. Und Sie haben Recht! Und so hätte auch der Verkäufer Recht, wenn er dies dem Kunden nochmals klarmachen wollte. Der Verkäufer hat nicht gesagt, dass der Kunde sich finanziell entblößen soll oder dass er glaube, der Kunde hätte kein Geld bzw. er Abhängigkeiten schaffen oder konstruieren will. Er hat nur gefragt, ob der Kunde finanzieren möchte. Aber was würde ihm sein Rechthaben denn nützen?
Der Kunde bekommt dieses Angebot sozusagen in den falschen Hals. Kann passieren. Wenn dieser Verkäufer schlecht beraten wäre, dann würde er darauf bestehen, dass er nur gefragt habe, ob der Kunde finanzieren möchte – mehr nicht!
Kann unser Verkäufer aber erfolgreich kommunizieren, dann wird er sich jetzt auf die Tatsache besinnen, dass es nicht darauf ankomme, was er als Sender gesagt hat, sondern was der andere möglicherweise gehört haben wird. Er würde, statt sich zu rechtfertigen, vielmehr auf die Suche gehen, was denn den Kunden irritiert haben könnte. Er fragt nach.
Wie Sie aus eigener Erfahrung wissen, ist das Thema Geld höchst sensibel zu behandeln. Dabei ist es völlig unerheblich, ob Sie über Geld sprechen, welches jemand hat, oder über Geld sprechen, welches jemand gerade nicht hat!
Unser Verkäufer fragt nach einer möglichen Finanzierung. Einmal davon abgesehen, dass mit einer spontanen geschlossenen Ja-Nein-Frage nahezu immer ein »Nein«“ provoziert wird, bemerkt er in diesem Gespräch, dass der Kunde unmittelbar nach seiner Frage stumm wird und sich körpersprachlich zurückzieht. Er fragt nach: »Herr Kunde, ich bekomme mit, dass Sie da etwas beschäftigt! … Was beschäftigt Sie?«
Jetzt hat der Verkäufer wieder alles im Griff. Antwortet der Kunde auf diese offene Frage, so weiß der Verkäufer, worum es geht. Gibt es für den Kunden nichts, was ihn beschäftigt, na dann kann der Verkäufer abschließen, oder?
Ein anderes Beispiel noch: Der Chef kommt in Ihre Abteilung und spricht Sie an: »Das Regal da drüben ist staubig!«
Sie hören aus der Selbstoffenbarung heraus, dass es ihm nicht gefällt. Als Appell verstehen Sie, dass Sie jetzt loslaufen sollen, um dieses Regal zu entstauben. Und die Frage der Beziehung scheint Ihnen auch schon klar: »Er hat keine Achtung vor mir!«
In diesem Beispiel wäre Ihr Chef kommunikativ sehr klug beraten, wenn er, nachdem er Ihren Verdruss bemerken würde, Ihnen beispielsweise erklärte: »Lieber Herr Mitarbeiter, ich schätze Sie sehr. Kann es sein, dass ich Sie gerade mit meiner Bemerkung zu dem Regal irritiert habe?«
Haben Sie ein gutes Verhältnis, dann antworten Sie ganz offen. Ist das Verhältnis vorbelastet, dann werden Sie eher abwiegeln: »Wieso? Ach was. Überhaupt kein Problem …« Ihr Chef sieht die Anspannung in Ihrem Blick oder beobachtet, dass Sie, während Sie das sagen, auf den Boden schauen. Jetzt wird er Sie noch einmal ansprechen müssen, um Ihre Beziehung nicht zu gefährden.
Eigentlich hat er sich nur über den Reinigungsdienst geärgert, der immer wieder Anlass zur Reklamation gibt. Vielleicht wollte er Sie nur auf diesen Missstand hinweisen, damit Sie gleich mit Ihrem Kunden in keine unangenehme Situation geraten.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, was Ihr Gegenüber wirklich verstanden hat, dann …
Fragen Sie nach!
Beachten Sie dann aber bitte, dass nicht der andere Sie falsch verstanden haben muss, sondern dass Ihr Gesagtes nicht richtig herübergekommen sein kann.
Wenn Sie erfolgreich kommunizieren möchten, dann ist und bleibt es unerheblich, wer wen nicht richtig verstanden hat, sondern es liegt ausschließlich beim Sender, bei Ihnen, sofern Sie das möchten, zu überprüfen, was an Inhalten und Verstandenem beim Gegenüber wie empfangen wurde. Wir Verkäufer möchten unsere Ziele erreichen. Wir möchten, dass der Kunde sich wohl fühlt, gerne einkauft, uns weiterempfiehlt und gerne wiederkommt.
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