Bitte entscheiden Sie selbst! Denn womöglich glauben Sie nicht an die Krise. Und dann haben Sie einen enormen Vorteil vor allen anderen, die eher depressiv – sozusagen wie das Kaninchen vor der Schlage in Todesstarre – ihre Verkaufsgespräche führen. Sie sind besser somit deutlich besser motiviert, glauben an die Zukunft und machen gute Geschäfte, weil der Kunde attraktive Geschäftsleute liebt.
Glauben Sie jetzt aber, dass es eine Krise geben wird, dann sollten Sie es auch konsequent tun! Ich meine, Sie sollten wissen, dass nach einem negativen Wirtschaftswachstum (einer Rezession) immer eine Geldentwertung (eine Inflation) folgen muss, folgen wird. Und genau hier liegt nunmehr Ihre Chance (wenn Sie nur konsequent bleiben möchten)!
Stellen Sie sich vor, Ihr Kunde hat sehr viel Geld zur Verfügung bzw. angespart. Der wird, wie Sie, ebenfalls die Nachrichten hören, die ihm versichern, dass ganz zuverlässig die Krise im Anmarsch ist. Angenommen, dieser Kunde verfügt über ein Barvermögen von 20.000 Euro. Klasse. Wartet aber der Kunde mit einer Kaufentscheidung möglichweise 2 Jahre, bei wachsender Inflation (!), so kann sich dieser Kunde, wenn es ganz schlimm kommt, in zwei Jahren für seine 20.000 Euro gerade einmal zwei Brötchen beim Bäcker kaufen. (Unsere Großeltern erzählen heute noch von Schubkarren voller Geld, um beim Bäcker in den 20ziger Jahren ein Brot einkaufen gekonnt zu haben.)
Ihre Devise also, wenn Sie an die Krise glauben: „Nicht warten – gleich kaufen, denn heute ist unser Geld noch etwas wert!“
Noch besser: Sie glauben an die Krise! – Dann sollten Sie und Ihre Kunden sich jetzt von dem Geld, welches Sie nicht haben, etwas kaufen! Also: Leihen Sie sich Geld! Leihen Sie sich 20.000 Euro, um sich ein Auto oder andere Werte anzuschaffen. Ihr Kunde sollte eine Warenfinanzierung abschließen, um sich in Ihrem Unternehmen wertvolle Produkte zu kaufen. Warum? Na weil die Verbindlichkeiten, wenn es in eine Inflation gehen wird, und daran glauben Sie ja, ebenfalls entwertet werden. So können Sie, wenn das eintrifft, woran Sie glauben wollen, mit zwei Brötchen in zwei Jahren Ihr Auto, und der Kunde seine Anschaffungen, abbezahlen! Genial, oder?
Und die Pointe kommt zum Schluss: Wenn das Alle machten, könnte es keine Krise geben! Ob so oder so, Sie verkaufen deutlich mehr, als alle anderen Kollegen!
Antizyklisches Denken setzt sich durch
Das antizyklische Denken beschreibt eine unternehmerische Grundhaltung, sich der konjunkturellen Entwicklung entgegengesetzt zu verhalten.
Auf den ersten Blick lässt sich einwenden, dass kein Unternehmer absichtlich auf schlechtere Zeiten warten will, um sich erst dann selbstständig machen zu wollen. Dieser Einwand ist berechtigt. Ein Unternehmer startet sein Geschäft schlichtweg dann, wenn seine Idee steht, die Planung erfolgreich abgeschlossen ist und er oder sie an sein bzw. ihr Ziel glaubt.
Diese antizyklische Grundhaltung können wir auch mit der oben genannten Einstellung »Jetzt erst recht« übersetzen. Natürlich gründet ein solch denkender Unternehmer auch in guten Zeiten, er denkt in solchen Zeiten nur noch ein Stückchen weiter! Er wird sich bereits schon in guten Zeiten auf die Infragestellungen seiner Geschäftsidee einstellen und vorbereiten. Der Unternehmer, der antizyklisch vorgeht, ist kein Pessimist, sondern er weiß lediglich um die Gezeiten von Stimmungen im Geschäftsleben.
In den sieben fetten Jahren lebt dieser Unternehmer sicher gut, aber er bereitet sich auch auf die kommenden sieben mageren Jahre vor.
Wenn alle nur das tun, was alle tun,
dann entwickelt sich nichts!
Ein sehr guter Freund von mir ist Unternehmer und betreibt seit vielen Jahren mittlerweile vier Schreibwarengeschäfte. Anfang Januar 2003 bekam er Besuch von einem Vertreter, der ihm Spielwaren für seine Verkaufsfläche anbieten wollte. Das vertretene Unternehmen ist ein internationaler Konzern, und die Produkte waren zu diesem Zeitpunkt auch in allen vier Läden platziert. Zur Vorgeschichte denken Sie sich bitte noch, dass Anfang Januar zwar immer auch Aufbruchstimmung, aber auch sehr viel Arbeit im Hinblick auf Inventur und Abrechnung des letzten Jahres bedeutet. Folgende Situation spielte sich ab:
Verkäufer: »Guten Tag, Herr Kunde! Na, was gibt es Neues?«
Kunde: »Puh, was soll ich sagen? Viel Arbeit. Das kennen Sie ja. Möchten Sie einen Kaffee?«
Verkäufer: »Ja gerne, das ist nett! Wie laufen Ihre Geschäfte?«
Kunde: »Herr Verkäufer, kennen Sie einen Unternehmer, der zufrieden ist? ... Die augenblicklichen Zeiten sind nicht einfach. Die Kunden sind sehr viel zurückhaltender geworden, als sie noch vor kurzem waren. Aber was erzähle ich, das ist ja überall so. Da hilft es nur, die Ärmel hochzukrempeln, damit es besser wird. Was möchten Sie mir heute anbieten?«
Verkäufer: »Ich war heute in Ihrer Nähe und dachte mal, ich schaue vorbei. ... Da gibt es etwas Neues aus unserer Zentrale. XY-Europa hat eine Studie in Auftrag gegeben ...!«
Kunde: »... Äh und was für eine Studie?«
Verkäufer: »XY-Europa hat ermitteln lassen, dass bis Ende 2004 etwa 30 % aller Einzelhändler aus konjunkturellen Gründen Konkurs anmelden müssen!«
Kunde: »Wie? Und jetzt?«
Verkäufer: »Sie haben Recht, die Zeiten sind wirklich schlecht!«
Kunde: »Das sind ja gute Nachrichten aus Ihrem Hause. Lassen wir das mal so stehen. Wenn Sie entschuldigen, ich habe noch zu arbeiten – denn ich möchte nicht zu den 30 % gehören!«
An dieser Stelle verzichten wir noch auf die Auswertung der gemachten Fehler unseres Verkäufers. Übrigens: Er arbeitet nicht mehr für das vertretene Unternehmen! Viel wichtiger ist aber an diesem Beispiel, wie der Kunde reagiert. So hätte der Kunde nichts für sich erreichen können, wenn er mitgeheult hätte, oder?
Im Gegenteil. Er gibt dem Verkäufer den Hinweis, dass die Zeiten nicht einfach sind. Er sagt hier nichts über schlechte Zeiten! Das besorgt der Verkäufer anschließend. Der Kunde beschreibt im Angesicht der nicht einfachen Zeit selber die Lösung: »Da hilft es nur, die Ärmel hochzukrempeln.« Dies war die Aufforderung zum Tanz für den guten Verkäufer, nämlich mit Konzepten und strategischen Vorschlägen diese Situation verändern zu helfen.
Unser Verkäufer denkt leider nicht antizyklisch. Statt mit Hilfe seiner Studienergebnisse den Kunden umso entschlossener für eine Strategie zu gewinnen, wiederholt er nur das, was alle anderen Berater auch nur sagen: Alles ist schlecht!
Unser Kunde kennt die Situation und weiß um die Kaufkraft seiner Kunden. Er weiß um Groß- und Supermärkte. Er wird niemals seine Spielwaren so kalkulieren und anbieten können, wie das die großen Marktriesen tun. Alles Lamentieren hilft aber nicht. Für ihn ist es überlebenswichtig, dass er gegen den Trend eine gute Strategie anwendet, um seinen Kunden etwas zu bieten, was die großen Anbieter nicht können oder wollen.
Noch ein Gedanke spricht für das antizyklische Denken: Angenommen die Konjunktur scheint nicht günstig zu sein. In solch einer Zeit werden die stimmungsabhängigen Geschäftsleute immer weniger. Dies bedeutet doch für uns, dass wir mit weniger Mitbewerbern uns zu messen haben, oder? So können wir doch umso einfacher unseren Kunden zeigen, wie gut wir wirklich sind. Gerade, dass es uns in solcher angespannten Zeit gibt, ist der Beweis für den Kunden und für uns selber, dass wir es richtig machen und die anderen wohl eher nicht?!
Einzigartigkeit und Professionalität entwickeln sich dort, wo sich die Spreu vom Weizen trennt. Das ist nicht leicht, aber das lieben unsere Kunden und sichert unsere Zukunft.
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