Allerdings gab es auch schlimme Tage, die nicht einfach zu ertragen waren. Durch den Stress, den seine Ehefrau erzeugte, weil sie unbedingt ihren Ehemann zurück zu holen wollte. Mit ihrem italienischen Temperament nahm sie auf nichts und niemand Rücksicht, damit machte sie ihnen das Leben zur Hölle.
Oft stand sie vor ihrem Wohnhaus und schrie, Ute solle ihren Mann rausgeben, sodass die ganze Nachbarschaft das mitbekam, was ihr schrecklich peinlich war. Weil der Protest nicht half verfolgte sie die Beiden nachts, wenn sie nach Feierabend nach Hause fuhren.
Ute hatte zwar das schnellere Auto, und auch die besseren Ortskenntnisse, war aber dennoch genervt von diesen Verfolgungs-Jagden. Aber Vito wollte auf gar keinen Fall eine Konfrontation. Er sagte, seine Frau sei unbelehrbar, mit ihr könne man nicht reden. Es helfe nur sie zu ignorieren.
Leider gab es noch schlimmere Vorfälle, ihre Zerstörungswut, bei denen sie immer vor dem Rätsel stand, wie diese Frau an die Schlüssel dafür kam? Vito schwor auf das Leben seiner Tochter, dass ihm das auch ein Rätsel sei.
Denn dann sie ging sogar soweit, dass sie Vito die Schlüssel von Utes Wohnung sowie vom Casino klaute, und mit den nachgemachten Schlüsseln einbrach. Zweimal zerstörte sie die Spielanlage, was sehr viel Geld für die Neueinrichtung sowie Arbeitsausfall kostete.
Und einmal inspizierte sie sogar einfach nachts Utes Wohnung, und erschreckte damit Utes schlafenden kleinen Sohn zu Tode. Als sie später nach Hause kamen, empfing der Junge die Beiden mit einem Fleischmesser in der Hand, weil er glaubte sich gegen Einbrecher verteidigen zu müssen. Deshalb ging Rene immer öfter zu seinem Vater, um den italienischen Attacken auszuweichen.
Vielleicht wendete sich Utes Sohn auch deswegen mehr und mehr von ihr ab, denn er sprach ständig von seinem Vorhaben, dass er zu seinem Vater ziehen wolle, sobald der wieder seine eigene Wohnung habe. Anfangs sah sie das als verständlichen Wunsch an, da Rene seinen Vater vier Jahre entbehrt hatte, weil dieser im Gefängnis gewesen war.
Seit Robert aus der Haft entlassen war, verbrachte ihr Sohn die Wochenenden immer mit seinem Vater, wofür Ute natürlich Verständnis hatte. Zumal sie mit ihrer Nachtarbeit und ihrer neue Liebe ziemlich in Anspruch genommen war. Allerdings hieß das nicht, dass sie mit Renes Plänen einverstanden war, denn sie hatte das alleinige Sorgerecht. Außerdem war Rene im Internat und nur jedes zweite Wochenende zu Hause.
Dass Rene die Heimat-Wochenenden mit seinem Vater verbrachte, war demnach für beide vorteilhaft, denn bei ihr wäre er viel alleine gewesen. Nichts desto trotz war sie die alleinige Versorgerin ihres Sohnes, da sie alle Kosten alleine bestritt, wobei alleine die Internatskosten das Monatsgehalt eines Angestellten ausmachte. Also war es schon gerecht, dass sie auch das alleinige Sorge-Recht hatte.
So bekam ihr Sohn auch ihre Schwierigkeiten nicht mit, nämlich dass die Konkurrenz ihr das Leben sehr schwer machte. Horst und sein Partner hatten den Vorteil, dass sie den größeren Zulauf, also das bessere Spiel hatten, und der Laden neben ihnen leer war. Der schlaue Horst hatte diesen leeren Laden unter Kontrolle, weil er dem Vermieter eine kleine Miete zahlte.
Als Ute und Vito in ihrem kleinen Lädchen, in einer Nebenstraße, monatelang kaum die Kosten erwirtschafteten, weil Horst den Zockern erklärte, bei denen sei „nichts zu holen“, ersann Ute eine List.
Dummerweise hatte Horst ihr mal erzählt, dass er den Vermieter des leeren Ladens nebenan, zwar mit einer kleinen Summe bezahle, aber keinen schriftlichen Vertrag habe. Das war ihre Möglichkeit sich für die erlitte Schmach zu rächen.
Also ging Ute zu diesem Vermieter und bot ihm die doppelte Miete und ein zusätzliches Handgeld, für den Mietvertrag an. Den Geldgierigen Kerl brauchte sie nicht lange zu bequatschen, er gab ihr den Vertrag samt Schlüssel. Dummerweise hatte Konkurrent Horst nicht einmal einen Schlüssel für das Objekt.
Quasi über Nacht bauten Ute und Vito ihre Spielanlage um, und öffneten schon am nächsten Tag die Tür. Die Neugierde trieb alle Zocker mal als Erstes in das neue Casino, denn die Spieler hatten nicht vergessen, welch großzügige Veranstalter ehemals in diesem Laden das Roulette betrieben hatten.
Horst sah sich hintergangen und kochte vor Wut, aber sie lachte nur, und sagte: „Wie du mir- so sie dir!“
Jedoch nach ein paar Tagen flaute der Zocker-Strom wieder ab, denn die Spieler hatten wohl noch die üble Verleumdung, von Horst, im Sinn, dass bei Ute und Vito „nichts zu holen“ sei, also wenig Geld vorhanden.
Natürlich gab Ute nicht klein bei, sondern wandte sich an die bekannten „Kölner Veranstalter“, die Jahre zuvor schon einmal erfolgreich waren, und bot ihnen eine fünfzigprozentige Beteiligung an. Die Beiden nahmen das Angebot gerne an.
Ab dem Tag, an dem die bekannten Kölner Gesichter hinter der Spielanlage standen, hatte Horst den Wettbewerb verloren. Er schloss sein Casino ab, ohne Irgendjemand zu sagen warum. Ute hatte ihre Revanche, sie hatte gesiegt!
Natürlich hob das auch Vitos Laune, sodass Ute einen Urlaub vorschlug, um sich von dem Stress der letzten Monate zu erholen. Sie buchte eine Woche in Playa del Ingles auf Gran Canaria.
Vito strahlte vor Freude, denn außer Italien, hauptsächlich seiner Heimat Sizilien, hatte er noch nichts von der Welt gesehen.
Ein Italiener in Spanien, war ein Erlebnis für sich, speziell für ihn. Auch der Flug, der Aufenthalt in einem Hotel, das ganze Drum und Dran des Urlaubs insgesamt war neu für Vito, was er jedoch nicht zeigen wollte. Deshalb mimte er den starken, weltgewandten Mann, der alles im Griff hatte, was für Ute albern aussah.
Sein Geltungsdrang führte dazu, dass ihm der Ausflug nach „Sioux City“ nicht spannend genug war, sodass er auf „Haifisch-Fang“ fahren wollte. Also buchte Ute den Ausflug per Schiff.
In aller Frühe ging es los, die Fahrt zum Jachthafen „Puerto –Rico“, per Bus. Voller Vorfreude verzehrte Vito das „Frühstücks-Paket“, das sie vom Hotel mitbekommen hatten.
„Warum isst du nichts? Schatz, du musst etwas essen, mit leerem Magen auf ein Schiff gehen, ist bestimmt nicht gut! Iss etwas!“ drängte Vito besorgt.
„Nein danke. Sie kann so früh nichts essen. Das mache sie doch nie. Ich kann mir doch nichts rein zwingen, wenn ich einfach noch keinen Hunger habe.“ Lehnte sie ab. Wenn in dem Paket Kaffee gewesen wäre, hätte sie zumindest ihren „Muntermacher“ zu sich nehmen können, aber der kalte Tee war nicht nach ihrem Geschmack. Ergo nahm sie nichts zu sich.
Das „Schiff“ war ein Fischerboot, ob groß oder klein liegt im Auge des Betrachters. Ute erschien es sehr klein, was sie gleich kritisierte.
Aber Vito meinte überheblich lachend: „Du hast doch nicht etwa Angst? Das musst du nicht, ich bin auf Sizilien schon auf viel kleineren Fischerbooten mitgefahren, das ist kein Problem, da passiert nix. Glaube mir!“
Zumindest hatten die acht Ausflugsgäste genügend Platz um sich auf oder unter Deck aufzuhalten. Aber es war wohl auf Passagiere ausgerichtet, denn unter Deck gab es sogar zwei Toiletten und eine Kombüse mit Kochtheke und Bänken um zwei Tische herum. Die angebotene Mineralwasser – Flasche nahm Ute gerne an.
Herrliche Morgenröte begrüßte die Passagiere als der Kahn aufs Meer hinaus glitt. Ute hatte sich an Deck auf die Reling-Bank gesetzt und genoss den Fahrtwind, der bei der frühen Hitze gut tat. Das Wasser trinken tat ihrem Magen gut.
Je weiter das Boot raus fuhr umso größer wurde das Schaukeln, denn der Wellengang war gewaltig. Es war irgendwann so schlimm, dass die Gischt ihnen nasse Kleidung bescherte. Während Ute zur Mitte der Bank rutschte, um nicht so viel Meerwasser abzukriegen, meinte Vito plötzlich: „Sie gehe lieber nach unten, kommst du mit?“
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