Bezogen auf o. a. Beispiel könnte Frau Meier z. B. zu ihrem Mann sagen: „Wenn Du mir nicht im Haushalt helfen möchtest, obwohl ich berufstätig bin, dann erledige ich im Haushalt nur noch die Dinge, von denen ich alleine profitiere.“
- Schließlich kann auch eine alleinige Lösung des Konflikts angestrebt werden im Sinne einer Auswahl der (unter den gegebenen Umständen) besten Handlungalternative.
So könnte Frau Meier die Belastung des Haushalts reduzieren, indem sie weniger putzt und Staub wischt (statt einmal die Woche alle zwei Wochen) sowie weniger wäscht (u. a. werden die Handtücher alle sechs statt bisher alle drei Tage gewechselt).
(6) Der Umgang mit Konflikten bei asymmetrischen Beziehungen aus der Position von Rangniederen
Allgemeine Aussagen
Partnerschaftliche Konfliktlösungen sind dann angebracht, wenn Personen sich in einer gleichberechtigten Beziehung befinden (Ehepaare, Freunde) oder wenn Personen in einer nicht gleichberechtigten ranghöher sind (Eltern, Lehrer, Vorgesetzte). Letzteres hat Thomas Gordon in seinen verschiedenen Beziehungskonferenzen demonstriert.
In einer asymmetrischen Beziehung können Ranghöhere im Prinzip den Konflikt mittels des Einsatzes von Macht lösen. Das Wissen um diese Tatsache kann bei Rangniederen die Bereitschaft erhöhen, ein Angebot eines Ranghöheren zu einer Niederlagelosen Konfliktlösungsmethode anzunehmen. Sind Personen hingegen in einer rangniedrigeren Position, so können sie im Prinzip auch die ranghöhere Person um eine partnerschaftliche Konfliktlösung bitten, sind hier jedoch auf deren Wohlwollen angewiesen.
Welche Möglichkeiten haben nun Rangniedere (z. B. Mitarbeiter), einen Konflikt in ihrem Sinne zu lösen? Im Folgenden werden alternative Konfliktlösungsmethoden benannt:
- Anmelden einer Beeinträchtigung in Form einer Ich-Botschaft
- Berücksichtigung von unterschiedlichen Interessen bei der Problemlösung
- mit einer besten Handlungsalternative in ein Konfliktlösungsgespräch gehen
- mit Informationen über den Spielraum des Vorgesetzten im Gepäck in ein Gespräch gehen
- sich an objektiven Kriterien für eine Konfliktlösung orientieren
- Bündnisse mit Dritten schließen
Mit dem Aufgreifen des Themas, wie Rangniedere Konflikte mit Ranghöheren lösen können, wird ein über das Gordonsche Partnerschaftliche Beziehungskonzept hinausführender Konfliktlösungsaspekt behandelt.
Zusätzliche Aussagen zu einzelnen Konfliktlösungsmethoden
Anmelden einer Beeinträchtigung in Form einer Ich-Botschaft
Rangniedere haben immer die Möglichkeit, Ranghöhere mit einer Ich-Botschaft zu konfrontieren, die im Rahmen dieser Arbeit schon vorgestellt wurde.
Beispiel:
Herr Schaar möchte in den Schulferien mit seiner Frau und den schulpflichtigen Kindern in Urlaub fahren. Seinem Vorgesetzten, Herrn Vogel, hat er nun seinen Urlaubsschein eingereicht. Nach ein paar Tagen spricht ihn Herr Vogel an und sagt, dass er den Urlaub zum vorgeschlagenen Termin nicht genehmigen könne. Er habe zu dieser Zeit keine Vertretung für ihn, weil dann auch andere Mitarbeiter Urlaub haben wollten und Herr Schaar ja schon im letzten Jahr in den Schulferien Urlaub gehabt habe.
Herr Schaar sendet nun folgende Ich-Botschaft:
„Wenn Sie mir den Urlaub nicht genehmigen, dann kann ich mit meinen schulpflichtigen Kindern und meiner Frau keinen gemeinsamen Urlaub im Sommer machen. Der gemeinsame Urlaub ist jedoch die einzige Zeit, wo ich länger mit meinen Kindern zusammensein kann, zumal meine Kinder ansonsten wenig von mir haben, da ich ja viele Überstunden mache.“
Die Ich-Botschaft kann dann dazu führen, dass der Ranghöhere dem Wunsch entspricht, sofern er hierzu Möglichkeiten sieht.
So könnte Herr Vogel Herrn Schaar sagen, dass er ihn gut verstehe und sich einmal überlegen werde, wie der Betrieb auch ohne dessen Anwesenheit weiterlaufen könne. Nach ein paar Tagen kommt Herr Vogel auf Herrn Schaar zu und sagt, dass er für dieses Jahr das Problem noch einmal im Sinne von Herrn Schaar gelöst habe.
Es kann jedoch auch sein, dass der Ranghöhere nach einer derartigen Ich-Botschaft bei seiner Ablehnung bleibt.
Formulierung von Lösungsalternativen unter Einbeziehung der eigenen und der Vorgesetzteninteressen
Es ist ratsam für Rangniedere (hier z. B. Mitarbeiter), sich mögliche Einwände zu überlegen, die Ranghöhere nach einer Konfrontierenden Ich-Botschaft erheben können, um diesen Einwänden im Sinne von Lösungspräsentationen begegnen zu können.
So könnte Herr Schaar sagen:
„Ihnen geht es darum, dass die Arbeit erledigt wird. Ich möchte gerne mit meinen Kindern in den Urlaub fahren. Ich könnte mich mit Herrn Werner abstimmen, dass er die für mich in der Urlaubszeit anfallenden Tätigkeiten erledigt. Zudem könnte ich bestimmte Arbeiten terminlich vorziehen.“
Mit einer besten Handlungsalternative in ein Konfliktlösungsgespräch gehen
Rangniedere können ihre Verhandlungsposition in einem Konfliktgespräch verbessern, wenn sie ihrem Gegenüber glaubhaft klarmachen können, dass sie im Falle einer Ablehnung ihres Wunsches eine Handlungsalternative haben.
Beispiel:
Herr Meier ist unzufrieden mit seiner beruflichen Situation. Er wartet schon seit einem Jahr vergeblich darauf, dass sein Gehalt deutlich angehoben wird. Er fühlt sich wohl in dem Unternehmen, in dem er arbeitet, und würde sich deshalb beruflich nicht gerne verändern. Um seinen „Marktwert“ zu taxieren, hat er sich bei anderen Unternehmen beworben und eine Stelle mit einem deutlich höheren Gehalt in Aussicht. Mit dieser Information bittet er seinen Vorgesetzten zum Gespräch. Sofern dieser ihn halten möchte, wird er seinem Mitarbeiter bei dessen Gehaltsforderungen entgegenkommen.
Es kann sehr nützlich sein, wenn Rangniedere Informationen über den Verhaltensspielraum des Vorgesetzten haben: Welche Konzessionen kann dieser tatsächlich machen?
Herr Meier hat Informationen von der Buchhaltung (Produktion), dass die Betriebsumsätze in diesem Jahr (die Auftragslage) hervorragend sind. Mit dieser Information begegnet er dem Einwand seines Vorgesetzten, dass aufgrund der zu erwartenden Betriebsergebnisse eine Gehaltserhöhung nicht möglich sei.
Objektives Kriterium für Konfliktlösung
Liegt ein Konflikt vor, so kann es objektive Kriterien für dessen Lösung geben.
So können für eine Gehaltserhöhung folgende Kriterien in Betracht kommen:
- Für einen nicht tarifgebundenen Betrieb die Lohnerhöhungen in einem tarifgebundenen
- die Steigerung der Lebenshaltungskosten
- die zu erwartenden betrieblichen Ergebnisse
Desgleichen können z. B. für eine Mieterhöhung als Kriterien in Betracht kommen:
- der Mietspiegel
- die vom Vermieter getätigten Verbesserungen im Wohnbereich
Bündnisse mit Dritten schließen
Existiert in einer Beziehung ein Machtungleichgewicht, so können die Machtunterlegenen bei Konflikten versuchen, ihr Defizit auszugleichen, indem sie Unterstützung bei Personen suchen, die über mehr Macht verfügen als ihr Kontrahent.
So kann der Mitarbeiter, der in einem Konflikt mit seinem Vorgesetzten steht
- mit dem Vorgesetzten seines Vorgesetzten sprechen
- sich an den Betriebsrat wenden
- seine Gewerkschaft ansprechen
Wir haben wechselseitig ein Problem: Wertkonflikt
Ein Wertkonflikt liegt vor, wenn
- durch Verhaltensweisen eines anderen die eigenen Bedürfnisse nicht spürbar beeinträchtigt werden,
- jedoch gleichwohl eine Verhaltensänderung gewünscht wird (weil ein ästhetisches Empfinden, die Fürsorge oder aber andere Werte verletzt werden),
- der andere dies weiß,
- jedoch sein Verhalten nicht ändert.
Die Weigerung des anderen, sein Verhalten zu ändern, kann einmal darauf beruhen, dass bestimmte Bedürfnisse dann nicht mehr befriedigt werden. Zum anderen kann eine Verhaltensänderung einen von seinen Werten beeinträchtigen.
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