Hans Oberleithner
Der Puppendoktor
Logbuch eines Suchenden
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Inhaltsverzeichnis
Titel Hans Oberleithner Der Puppendoktor Logbuch eines Suchenden Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort Vorwort Memoiren schreiben eigentlich meistens nur Menschen, die der Nachwelt etwas Bedeutendes mitzuteilen haben. Zu dieser Kategorie zähle ich mich nicht. Trotzdem hat es mich gedrängt, mein Leben als Forschender niederzuschreiben. Es sind Episoden geworden, Lebenssplitter, vom naiven Kind bis zum grübelnden Senior, ohne Gewichtung. Eine Erklärung ist an dieser Stelle dringend nötig: 1887-mal kommt das Wort „ich“ vor, 618-mal „mein“. Wenig würdige ich hier die Arbeit und Gedanken der Anderen – offensichtlich ein Egotrip. Doch zuviel wurde mir geschenkt, als dass ich darüber en passant berichten kann. Das braucht mehr Raum. Ich bitte um Nachsicht!
Mai 1958 - Super-Gau
August 1958 - Neuanfang
August 1959 - Visiten
Oktober 1966 - Dunklhof
November 1966 - Doppelwelt
Oktober 1967 - Schultrauma
November 1967 - Zäsur
November 1968 - Drill
Mai 1969 - U-Kasino
Juni 1969 - Freiheit
Oktober 1969 - Match Point
Juli 1970 - Volvo
Juli 1971 - Männerfreundschaft
Dezember 1971 - Turbulenzen
Februar 1972 - Glück
Juli 1973 - Rastlos
September 1974 - Verrenkungen
Juli 1975 - Psycho
November 1975 - Intermezzo
September 1976 - Gehversuche
Juni 1978 - Raus!
Juli 1979 - Entwurzelt
Oktober 1979 - Yale
Dezember 1979 – Sternstunde #1
August 1980 - Cape Cod
November 1980 - Finale
Dezember 1980 - Karibik
Juni 1981 - Daheim
Dezember 1982 – Doras Ende
September 1983 - Ortswechsel
März 1984 – Sternstunde #2
August 1986 - Seelenqual
Juni 1991 – Sternstunde #3
August 1991- Abschied
August 1992 - AFM
November 1992 – Sternstunde #4
März 1997 – Sternstunde #5
Oktober 1997 - Chef?
März 2003 – Sternstunde #6
August 2005 - Feldstörung
September 2006 - Fühlen
September 2007 - Salzguru
März 2009 – Sternstunde #7
März 2012 – Sternstunde #8
August 2012 – Sternstunde #9
September 2014 - Dämmerung
März 2020 - Landleben
Über den Autor
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Impressum neobooks
Memoiren schreiben eigentlich meistens nur Menschen, die der Nachwelt etwas Bedeutendes mitzuteilen haben. Zu dieser Kategorie zähle ich mich nicht. Trotzdem hat es mich gedrängt, mein Leben als Forschender niederzuschreiben. Es sind Episoden geworden, Lebenssplitter, vom naiven Kind bis zum grübelnden Senior, ohne Gewichtung.
Eine Erklärung ist an dieser Stelle dringend nötig:
1887-mal kommt das Wort „ich“ vor, 618-mal „mein“. Wenig würdige ich hier die Arbeit und Gedanken der Anderen – offensichtlich ein Egotrip.
Doch zuviel wurde mir geschenkt, als dass ich darüber en passant berichten kann. Das braucht mehr Raum.
Ich bitte um Nachsicht!
Samstag machen wir nicht viel in der Schule.
Da kritzeln wir ein paar Wörter in unser Schreibheft. Dann singen wir. Manche singen wirklich, ich beweg‘ nur den Mund dazu – geht auch. Nach der Pause geht’s ab in den Schulgarten. Dort spielen wir „Maus-Maus, komm heraus“ . Dabei bilden wir einen Kreis, nehmen uns an den Händen, und einer steht in der Mitte und versucht den Kreis zu durchbrechen. Wir kreischen da um die Wette und der Kreis wogt hin und her, um ja keine Lücke zu lassen.
Manchmal werfe ich einen Blick auf unser Haus, das direkt an den Zaun des Schulgartens angrenzt. Oben im ersten Stock ist das Fenster zur Ordination. Dort behandelt mein Vater seine Patienten. Manchmal höre ich sogar seine Stimme durchs geschlossene Fenster, wenn er mit einem Patienten spricht. Er hat eine laute Stimme. Er sagt, das brauchen seine Patienten, weil sie meist schwerhörig sind. Meine Mutter spricht auch laut. Das hat aber, glaube ich, keinen echten Grund.
Wenn wir unten Maus-Maus, komm heraus spielen, ist er da oben mit seinen Patienten, das finde ich schön.
Auch am Samstag ist die Ordination geöffnet, am Vormittag.
Manchmal kann ich ihn durchs Fenster sehen. Er hat einen weißen Mantel an, deshalb. Diesmal öffnet er sogar das Fenster und blickt zu uns herunter. Etwas ernst, kommt mir vor. Eigentlich ist er immer gut drauf, wenn die Sonne scheint. Und die scheint heute. Vielleicht hat er gerade jemandem einen Zahn gezogen oder einen vereiterten Fußnagel entfernt. Dann stöhnen die Patienten ziemlich, manchmal schreien sie sogar. Mein Vater hat dabei rote Wangen und brüllt mit. Das weiß ich, weil ich manchmal dabei bin und zuschaue. Heute hab ich nichts gehört.
Nach dem Turnen ist die Schule aus.
Kurz nach zwölf drängeln wir uns, die Zweitklässler, durch die hohe Glastür hinaus ins Freie. Der Mostbirnbaum gegenüber wirft auf den rissigen Asphalt vor der Schule einen Schatten, in den ich gleich eintauche. Ich mag diesen Schatten, er ist wie ein Mantel, der mich umgibt.
Es riecht nach Sommer.
In der Schultasche auf meinem Rücken klappern die Stifte im hölzernen Etui.
Mein Schulweg besteht aus 84 Schritten. Dann bin ich schon am eisernen Gartentor, das immer offen steht. Sechs Stufen gibt’s dann bis zur Haustür. Die schwere Tür öffnet sich am besten, wenn man sich einfach an die Türklinke hängt und sich nach hinten umfallen lässt.
Im Hausflur ist es heute kühler als draußen.
Und dunkler.
Es mieft nach Essen. Hoffentlich gibt es nicht wieder Würstelgulasch, kommt es mir in den Kopf, während ich die Steinstiege in den ersten Stock hinaufsteige.
Im Halbstock ist das Klo.
Dort mache ich halt. Mit der Schultasche am Rücken muss ich auf der Klobrille das Gleichgewicht halten, um nicht reinzurutschen. Links ist ein altes Fenster mit Blick auf die Äste eines Birnbaums, der nahe an der Hauswand gerade blüht. Im Herbst hole ich mir da meist eine Birne rein, eine grüne. Und ja, von innen kann man das Klo mit einem großen Schlüssel zusperren, der immer steckt. Ist ja auch das Klo für die Patienten.
Die Sonne scheint mir heute schon bis auf die Knie – ich stoße das Fenster auf und lasse die Luft rein. Das geht im Sitzen, wenn ich mich mit einer Hand an der hölzernen Klobrille festhalte. Die knallrot angemalte Wasserkanne - meine Mutter hat sie vor einiger Zeit gestrichen - ist fast leer. Zum Nachspülen reicht es, und schon bin ich wieder draußen.
Oben angelangt, gibt es drei Türen. Links geht es ins Wartezimmer und zur Ordination, geradeaus ins Vorzimmer unserer Wohnung, rechts in die Küche.
Die Stiege führt übrigens weiter, zum nächsten Halbstock. Da steht meine Märklin-Eisenbahn. Ich hab‘ die Anlage selber gebaut, ein Kreis mit zwei Weichen und ein Tunnel. Mit Olivenöl hab‘ ich unlängst die Schienen geölt. Das war vielleicht keine gute Idee, hat mein Vater gemeint, weil jetzt das Moos voll dranklebt und die Lok immer wieder stehen bleibt. Er hat mir dann Wundspiritus aus der Ordination gebracht und gemeint, ich solle alles mit Watte abtupfen. Jetzt habe ich auch Watte auf den Schienen – egal, die Anlage schaut trotzdem hübsch aus und die Lichter von der Lok leuchten sogar, auch wenn sie nicht fährt.
Schließlich gibt es noch eine Tür, vom oberen Halbstock zum Dachboden. Der ist riesig, dunkel und voller Spinnweben. Manchmal sehe ich da unsere Anni im Winter Wäsche zum Trocknen hinauf tragen. Ich geh‘ dann hinter ihr her und steh‘ neben ihr, wenn sie die steif-gefrorene Wäsche abnimmt. In einer kleinen Kinderbadewanne transportieren wir die Frostwäsche hinunter in die Küche. Mein Pyjama sieht dabei aus wie eine große Puppe, die vor dem Ofen in der Küche wie ein besoffener Patient zusammensackt. So einer ist nämlich einmal vor unserer Haustür gelandet. Mein Vater hat da ziemlich rumgebrüllt, bis der aufgewacht ist.
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