Aperitifs Florian Bellows Aperitifs Dark Fantasy Kurzgeschichten
Impressum Impressum Alle Rechte an den Geschichten liegen beim Autor Copyright © 2021 Florian Bellows Komplette Gestaltung » Grit Richter | Art Skript Phantastik Verlag & Design Unter Verwendung folgender Bilder: 384658246 von Shutterstock Verlag (Self-Publishing) » Norbert Rattinger c/o Block Services Stuttgarter Str. 106 70736 Fellbach florian.bellows@gmx.de Lektorat » Magdalena Bellows eBook-Vertrieb » epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin Sämtliche Privatpersonen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit realen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Altes Röhrenradio
Ich bin bei dir
Kaputter Abfluss
B-Seite
Juwells Tagebuch
Spieglein, Spieglein . . .
Mensch, ärgere dich nicht!
Schwarzer Seraph
Versuch‘ dein Glück!
Schamanenzauber
Kuckucksei
Büchse der Pandora
Falsch abgebogen
Feuersturm
Purgatorio
Vertrauensbruch
Rosa Brille
Red Cyanide
Blutmondnacht
Monster im Schrank
Spiegel der Seele
Carbonado
Warten auf den Bus
Wünscht mir Glück
Das Buch von Babel
Über den Autor
Florian Bellows
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Alle Rechte an den Geschichten liegen beim Autor
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Unter Verwendung folgender Bilder: 384658246 von Shutterstock
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florian.bellows@gmx.de
Lektorat » Magdalena Bellows
eBook-Vertrieb » epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Sämtliche Privatpersonen und Handlungen sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit realen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Für Magdalena
Die meine Texte stets als Erste liest.
Danke für alles.
Altes Röhrenradio
Das Klirren von Eiswürfeln in einem Glas Feuerwasser.
Beim Abstellen hinterlässt der Bourbon einen feuchten Halbmond auf dem Holztisch, Maxim legt die Füße hoch. Die Schuhe hat er sich schon in der Garderobe abgestreift und achtlos in die Ecke geschleudert. Nun versucht er, sich die Krawatte vom Hals zu ziehen. Nicht ganz einfach mit dem Telefon in der Hand.
»So. Jetzt können wir reden«, sagt er in den Hörer. Die Krawatte will ihm einfach nicht über den Kopf gleiten. Maxim gibt es auf. Der schwarze Strick aus Seide baumelt ihm wie eine Schlinge um den Hals.
»Geht es dir gut?«, fragt eine Stimme am anderen Ende der Leitung. Die Frau ist kaum zu verstehen.
»Wie sollte es mir gehen? Ich habe heute meinen Vater beerdigt.«
Stille am anderen Ende. Maxim betrachtet das Glas Bourbon auf dem Couchtisch. Es ist sein Drittes an diesem Abend.
»Ich denke, den Umständen entsprechend, gut. Meiner Mutter weniger. Als der Sarg in die Erde gelassen wurde, hatte sie einen Nervenzusammenbruch. Hat angefangen, hysterisch zu weinen. Mein Onkel hat sie weggeführt, weil sie sich nicht mehr beruhigen ließ.«
Maxim schluckt Luft. Irgendetwas klickt in seiner Kehle.
»Ich habe die erste Schaufel Erde auf den Sarg geworfen.«
Plötzlich outgesourcte Klaustrophobie. Der Gedanke, in einer Kiste im Erdreich vergraben zu liegen, treibt Maxim Schweiß auf die Lippen. Er kann sich nicht vorstellen, wie die Seele entweichen soll, wenn der Körper unter einer Tonne Erde hermetisch versiegelt ist. Er war für eine Feuerbestattung gewesen. Seine Mutter wollte aber unbedingt bei ihrem Mann begraben werden und das war bei einem Urnengrab unmöglich.
Das Salz auf seinen Lippen schmeckt gut. Es brennt. Ein echtes Gefühl.
»Es tut mir so leid«, sagt die Frauenstimme.
»Um meine Mutter oder dass du nicht hier bist?«
Ein Japsen nach Luft.
»Du weißt, wie gerne ich gekommen wäre.«
Tabea ist auf Geschäftsreise. Sie hätte gestern zur Beerdigung nach Hause kommen sollen, aber ihr Geschäftswagen war mit einem Motorschaden mitten in der Pampa liegen geblieben. Sie hatte noch einen Abschleppwagen organisiert, für einen Leihwagen war es aber zu spät gewesen. Sie hat sich für das Wochenende ein billiges Hotel-Zimmer genommen.
Nicht, dass es Maxim kümmert. Tabea betrügt ihn und das weiß er.
»Ich wette, du hättest deinen Spaß gehabt«, sagt Maxim.
Dieses Mal bleibt die Stille geräuschlos. »Meine Mutter als Scherbenhaufen zu sehen, hätte dir bestimmt gefallen.«
Nur das Knistern von freien Elektronen in der Leitung.
»Wie kannst du so etwas sagen?«
»Ist es denn nicht wahr?«, fragt Maxim.
»Hast du getrunken, Maxim?« Sein Name am Ende der Frage ist die Aufforderung, zur Vernunft zu kommen. Als würde man mit einem Kind schimpfen. Maxim möchte Tabea am liebsten den Hörer in den Arsch rammen.
»Mag sein. Kannst du den Whiskey durch das Telefon riechen?«
Maxim weiß es. Er lallt.
»Maxim, es tut mir leid, dass es so gekommen ist. Und dass du so von mir denkst. Wenn du mich später noch einmal anrufen möchtest – du kannst dich jederzeit melden. Ich gehe jetzt ins Bett. Es war ein anstrengender Tag. Ich bin aber nicht böse, wenn du mich nachher weckst. Gute Nacht.«
» Ich kann dir jederzeit ein Telefon in den Arsch schieben «, denkt Maxim. Kurz fällt sein Blick auf die Nachttischschublade, in der sich ein Revolver befindet.
Ein Geistesblitz.
»Gute Nacht, Schlampe!«, sagt er und legt auf.
Leitung tot. Dröhnen im Schädel. Kein Rückruf. Er wartet zehn Minuten. Der Whiskey steigt ihm zu Kopf. Trotzdem bereut er nicht, was er getan hat. Es ist an der Zeit, sein Leben aufzuräumen.
Maxim schmeißt das Telefon gegen die Wand, wo es zerspringt. Die Batterien schussern wie Murmeln durch den Raum und verschwinden unter dem Sofa. Er nimmt seinen Whiskey vom Tisch, kippt den Restinhalt hinunter und wirft dann auch das Glas gegen die Wand. Tropfen braunen Destillats werden in die weiße Wandfarbe gesogen. Auf dem Weg ins Schlafzimmer tritt er in eine Scherbe. Dass er aus der Ferse blutet, merkt er nicht.
Er legt sich ins Bett. Die Krawatte hat er sich vom Hals gerissen und im Klo versenkt. Den Anzug hat er anbehalten. Er liegt auf dem Rücken, Füße von sich gestreckt, Arme an den Seiten. Maxim überlegt, ob er die billige Kristall-Deckenleuchte mit einem Besen zerschlagen soll.
»Ob Plastikkristalle zerbrechen können?«, fragt er sich. Dann dreht er sich um und schließt die Augen.
Hinter seinen Lidern erscheinen Rachegeister der Beerdigung.
Eine endlose Straße trauriger Gesichter.
Sein Vater war Lehrer gewesen. Einer, wie man sie nur selten hat. Einer mit Sinn für Humor. Der sich nicht scheute, über sich selbst zu lachen. Schon als Kind hatte Maxim deswegen Neid auf sich gezogen. So mancher hätte gerne den Platz mit ihm getauscht. Die meisten munkeln, Maxim hat mit seinem Vater nichts gemein. Schiefes Kreuz, kein Funkeln in den Augen. Nichts von dem Charisma war zu ihm übergesprungen. Ehemalige Schüler maßen Maxim am Maßstab ihres Lehrers. Wie konnte ein guter Mann nur so einen Taugenichts als Sohn haben? Maxim hatte den Sarg seines Vaters mit gesenktem Kopf getragen.
Am Grab: Er und seine Mutter.
Nachdem Maxims Vater von seiner Krebserkrankung erfahren hatte, hatte auch seine Mutter Gewicht – am Ende sogar Haare – verloren. Sie war zu einem Schatten verkommen. Eingefallene Augen, darunter purpurschwarze Flecken, Haut so dünn wie Papier. Im Geheimen denkt Maxim, dass bald eine weitere Beerdigung ins Haus steht. In seinem Kopf arbeitet er an einer Struktur, einem Schema für Beerdigungen. Einem Ablaufplan. Vielleicht hat er das mit seinem Vater gemein.
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