Ihren ergebenen Diener
gez. Dr. Emin Bey.
Eine für mich neue, nur weinrot überflogene, sonst meist graue Lagonosticta mit gelbem Augenrande ist seit gestern hier eingezogen, ein munteres hübsches Vögelchen, etwas größer als L. minima. Ganze Nacht hindurch und ebenso frühmorgens leichter Regen; Blitze und Donner in Nordost. Alle meine Vogelbälge verderben vor Nässe, selbst Kisten schützen sie nicht.
Um Mittag ist Dampfer „SCHIBBIN“ von Schambé mit Post von Gessi gekommen, der jetzt schon unterwegs sein dürfte. Sklavenkonfiskationen in Schambé das Geschäft scheint doch ziemlich einträglich.
1. September, Sonntag. Nachts starker Regenguss; mein armes Aneroid ist nass geworden. Korrespondenzen geordnet. Viele Klagen über Bor. (Klagen über Bor, siehe Vita Hassan I, S. 40) Ich habe heute dem Pascha meine Meinung über meine hiesige Stellung gesagt und erwarte nun, falls ich mich nicht sehr irre, meine Abberufung. Tags kein Regen.
2. September, Montag. Übermorgen soll „SCHIBBIN“ von hier fort, wenn ich Holz genug bekommen kann. Anona senegalis (Anona senegalis ist die in Afrika wildwachsende Cremefrucht; vieleicht hat es sich hier um eine der fremden Kulturarten (Anoa mussicata A. aquamosa, A. usw.) gehandelt.) gedeiht hier sehr gut und setzt viele Früchte an, während Puzuca Granazum (Puzuca Granazum, Granatapfel) auffälligerweise stets kümmerlich aussieht: Vermutlich des zu vielen Regens halber. Kleine Schlange und Dacelo lebend erhalten. Post von Magúngo mit Said-Aga und Cajaten zum Aussähen gekommen.
3. September, Dienstag. Rekruten von Kiróta, aus Leuten Rionga‘s, des einigen uns treuen Scheichs.
Alcedo (Alcedo, ein Eisvogel) cristata ist ziemlich häufig; die verlängerten Federn der Beine, deren vier bis sechs beinahe aufrecht stehen, sind schön malachitblau und schwarz gestreift; Kehle und zwei flecken an den Selten des Hinterkopfes weiß, Hinterkopf ultramarin, schwärzlich gebändert. Rücken, kleine Flügeldeckfedern, Decken des Schwanzes ultramarin auf schwarzem Grunde, ganze Unterseite rotgelb (fuchsig); Schwingen schwärzlich, ebenso Steuerfedem. Schmale Füße korallenrot; Auge dunkelbraun.
Ebenso habe ich heute drei Exemplare von Malapterus electricus, arab. Ráad (Blitz), dem bekannten Zitterwels des Nil, erhalten, alle drei jung; die schön olivenbraune Färbung ist im Spiritus sofort verblasst. Sie teilen ganz anständige Schläge aus. Ein Exemplar von Eriinaceus coronazus (?).
4. September, Mittwoch. Seit Mitternacht Regen und Gewitter. Es will dies Jahr nicht mehr aufhören zu regnen. Post für Dampfboot „SCHIBBIN“ (Vergl. oben Brief vom 31. August): Aifmed Gabil-Efendi, Bor; Gessi (mit Einlage Dr. Zucchinetti), Schambé; Gordon-Pacha, Khartum; Postdienst in Khartum (einliegend Lombroso, Hausal 2 Otto Marno, Ernst Marno). An G. Istanbul vermittels Tahami-Bey; an Halib-Pascha in Zagazig. Wegen Hunden und Tieren nach Kana geschrieben mittels Halil-Efendi Nessim. Mohammed-Efendi Feradj's famosen Angriff gegen Gessi an Gordon mit meiner Post gesandt.
5. September, Donnerstag. (Brief von Emin an Dr. Junker im Besitze von Geheimrat Prof. Dr. Haus Meyer in Leipzig.
Lagó, den 5. September 1878.
Verehrter Herr Kollege!
Mein Brief an Sie hat eine ungebührliche Verzögerung erlitten, ich will ihn dennoch nicht ohne ein Wort der Erklärung absenden. Ein ungewöhnlich regenreiches Jahr am Äquator hat den Babr el-Djebel so geschwellt, dass all unsere Stationen von Mrúll bis Schambé schwer gelitten haben. Außerdem führte das Hochwasser ganze Inseln schwimmender Vegetation herab, und so hat sich denn etwa zwei Stunden unterhalb der oberen Abzweigung des Bahr Zeráf vom Bahr el-Djebl eine Pflanzenbarre gebildet, die den Fluss völlig sperrt und uns von Khartum abschneidet. Ich habe, die Eröffnung der Barre nur von Norden her möglich, vorläufig einen Postdienst von Ladó nach Bór (Dampfer) und von Bór aus zu Lande nach dem Ssobat und Faschoda organisiert und sende auf dieser neuen Straße — zwölf Tagemärsche von Bór nach Ssobat — meinen Brief. Hoffentlich lassen die Khartumer uns nicht zu lange warten?!
Natürlich ist mir so die Sendung der Ihnen versprochenen Raritäten für den Moment unmöglich, sobald jedoch die Schifffahrt frei, folgen selbe umgehend nach Marquet. Ich will inzwischen so viel als möglich kornplettieren.
Ich habe mir inzwischen viel Mühe gegeben, einige zoologische Objekte zu sammeln, und bin mit meiner Ausbeute ganz zufrieden.
Sie würden sich wundern, sähen Sie meine kleine Menagerie und meine Raritäten.
Ein besonderer Liebling ist mir eine von hier bestimmt neue Schlangenechse ohne Augen und Ohren — Vielleicht Typhlina Wiegm. —, die lebend seit einem Monat bei mir ist. Auch eine sonderbare kurzfüßige Art des Haushuhnes aus lllyrich habe ich erhalten, und täglich mehren sich meine Schätze. Könnten Sie nur hier sein!
Ich habe an Hausal geschrieben und ihn gebeten, mir einen Dengolaul zu senden, der des Abbalgen von Vögeln und Säugetieren versteht. Sie erhalten dann das Generaldepot der ägyptischen Äquatorialprovinzen.
Dank für ihre Sendungen.
Mit herzlichem Gruße
Ihr aufrichtig ergebener
gez. Dr. Emin Effendi.)
Seit vorgestern ist das Wasser bedeutend gefallen, auch hat der starke (jedenfalls nur lokale) Regenguss keinen Einfluss mehr gehabt; ich fürchte, dass die Effluvien des durchfeuchteten Landes später viel Fieber hervorrufen werden. Dampfer „SCHIBBIN“ ist heute um ¾ 8 Uhr vormittags nach Khartum abgereist: Ich habe an Petermann die letzte Hälfte meiner Notizen über Unyoro und Tagebuch Reise Kabréa gesandt. Auch Tahami-Bey, einst Günstling Gordon's, dann in Ketten hierher gesandt und nun begnadigt, ist wieder abgereist.
Heute haben wir Datteln gepflanzt von der großen Dóngola-Sorte.
Hurra! die Orangen blühen zum ersten Mal im Äquatorialafrikagebiet!
6. September, Freitag. Wasser, wenn auch wenig, doch stetig zurückgehend: Meine Carica-Pflanzen (vier) sind aufgegangen. Heute ziemlich frischer Nordwestwind!
7. September, Sonnabend. Die Tage vergehen in grenzenloser Einförmigkeit: meine Kochthermometer sind völlig unbrauchbar geworden, also auch hiermit ist keine Arbeit möglich. Ich habe ägyptischen Weizen ausgesät, ebenso amerikanischen gelben Mais. Seit einigen Tagen ist es sehr bewölkt, gegen Mittag sonnenklar, später wieder bewölkt, aber kein Regen.
Neuerdings ist von Makraka Post angekommen; die Leute sind rein toll! Statt nach dem Bahr Ghazal abzugehen, verschwenden sie die Zeit mit Schreibereien. (Es handelt sich offenbar um die Mannschaften, die als Verstärkungen zur Expedition Gassi's nach dem Bahr-Ghaza gehen sollten.)
Heute habe ich wieder zwei Exemplare von Alecedo cristata (ich glaube A. dieruleocephala ist nicht spezifisch verschieden davon) und ein leider zerbrochenes Ei von runder Form ziemlich groß, rötlich durchscheinend, erhalten.
8. September, Sonntag. Frühmorgens starker Regen mit Südwestwind für etwa eine halbe Stunde. Wie ich vermutet, fangen schon jetzt die Fieber an sich zu zeigen, meist schwere deliröse Formen. Post nach Mákraka mit erneutem Befehl, abzureisen, nach Rohl gesandt.
9. September, Montag. Früh wie gewöhnlich trübe. Ankunft Post von Süden. Ali-Aga: Er hat sich große Vergehen zuschulden kommen lassen, ist dabei aber überzeugt, dass er unentbehrlich sei. Ein wahrer Neger ist immer noch besser als diese Muvallidin, (Muvallidin (muollidin)?) d. h. in Khartum geborene Mischlinge oder reine Neger.
10. September, Dienstag. Übernachtet. Von 9 Uhr an bis um Mittag starker Regen, nicht Gewitter. Nach dem Regen zeigen sich zu acht bis zehn Schwalben (H. albigularis), die vermutlich auf dem Striche sind, da sie ermüdet scheinen und selbst bei Annäherung nur zögernd entfliegen. Ganze Unterseite weiß. Viele lassen ihre eigentümlich sanft klagende Stimme hören. Ei von Perlhuhn (N. poecilorhyncha?) erhalten durch Dragomane. Nicht einmal dies Ei kannten die Araber, die doch Perlhühner halten. Pyconozus Arsinoë und häufiger P. xanthopyquis kommen hier häufig vor, sind nicht üble Sänger, drosselartig. Sträuben die Kopffedern auf.
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