14. August, Mittwoch. „ISMAĬLIA“ von Redjaf gekommen. Zitronenernte in Gondókoro. Die Leute von Latȗka sind noch unterwegs.
15. August, Donnerstag. Das Wasser steigt noch immer, ich habe heute schon einige Häuser räumen lassen. Enorme Wassermassen Kommen vom Süden, da dauernd Regen, kaum eine Stunde frei. Die Leute fangen Fische in der Seriba.
16. August, Freitag. Noch immer ansteigendes Wasser; zum Schutz der Magazine haben wir einen Damm gebaut und wieder Häuser geräumt. Das Wasser hat heute seinen höchsten Stand erreicht.
17. August, Sonnabend. Bei bedecktem Himmel und starkem Süd-Wind rascher Abfall des Wassers.
18. August, Sonntag. Ich habe Leute von Latȗka nach Kiri beordert. Besuch Altóron‘s, des von Baker bekannten Häuptlings von Gondókoro.
Einige ethnologische Gegenstände erworben, die hoffentlich Dr. Junker‘s Sammlungen zieren sollen.
Dr. Wilhelm Junker
19. August, Montag. Früh Dampfer „ISMAĬLIA“ mit Briefen an Perthes (Journal Kabrega Reise), Gordon, Marquet, (Marquet, Franzose, war Kaufmann in Khartum und dort Emin's Agent. Er monopolisierte den Handel im Sudan eine Zeitlang und starb später in Kairo (Junker’s Reisen II, 33)) Gessi, Giegler usw. sowie den Kuriositäten abgegangen. Es ist furchtbar langweilig und öde hier in der rings von Wasser umflossenen Seriba, wo man nicht einmal sammeln kann. Meine Hypsometer sind nicht in Ordnung zu bringen — so fällt auch diese Beschäftigung aus, und die Engländer (Die Missionare der Church Missionary Sociity, die nach Uganda sollten) lassen noch immer auf sich warten, sonst wäre ich längst unterwegs nach dem Süden. Das Wasser ist bei prachtvollem Wetter (29,3 C — 2 ½ Uhr nachmittags) andauernd fallend. Die großen Regenmengen haben hier endlich Carica Papaya, die bisher nur vegetierten, zur Entwicklung ihrer schönen Früchte gebracht.
20. August, Dienstag. Taha-Effendi und Leute von Lazuka sind gekommen und nach Redjaf beordert worden. Wasser wieder gestiegen. Ich erlasse Order für Statistik der Todes- und Geburtsfälle.
21. August, Mittwoch. Der Fluss ist neuerdings gestiegen, weil täglich Regen fällt. Meine Reispflanzungen gedeihen prächtig.
22. August, Donnerstag. Seit zwei bis drei Tagen eine Menge von Lamprotornis porphyropterus Heugl in kleinen Gesellschaften von vier bis fünf Individuen, laut dohlenähnlich pfeifend, sich umherjagend, selbst in der Seriba. Große Mengen von Ceryle rudis.
23. August, Freitag. Unaufhörliche Regen, stets hoher Wasserstand. Massen Siluriden (Siluriden – weiße) täglich gefischt. Viele Tausendfüße kommen zum Vorschein.
24. August, Sonnabend. Nur-Bey ist mit Soldaten nach Gbl. Kélen und Fadjelȗ (Fadjelȗ, äußerste Gruppe der Bri in der Richtung auf Makraka) abgereist. Es kommt ein Mann, der durchaus eine syphilitische Frau heiraten will. Hübsches weibliches Exemplar von Andrea ardesichca zubereitet.
25. August, Sonntag. Ich habe an Nur-Bey tragbare Barke zum Überschreiten des Chors gesandt.
26. August, Montag. Es ist verzweifelt einförmig, doch mehren sich meine Sammlungen durch allerlei Gewürm, Fledermäuse usw., über die hier jeder lacht. Die Fledermaus wird als religiös unrein gehalten. Arden ardsichca lebt hier In kleinen Gesellschaften von zwei bis drei Individuen auf überschwemmten Feldern von Würmern, Fischen usw. Mit ihr oft vereint ein gelblichbrauner Reiher, den ich bis jetzt nicht erlegen konnte. Männliche Exemplare von Plectropterus gambensis haben völlig befiederten Kopf, rot marmorierten Schnabel, schiefergraue Iris, Oberseite rehbraun, sehr zart gestrichelt, Unterrücken und Schwanz schwarz. Kein Sporn! Sehr viele Federläuse.
27. August. Dienstag. Skorpione, die früher Selten, sind jetzt häufig; heute ein Paar erhalten, Männchen und Weibchen, wie ich vermute. Es ist nicht die Khartumer Art (E. quinquestrichzus), sondern gehört wohl zu Buzus. Auch Tausendfüße, sowohl Scolopendra- als Julus-Arten, sind sehr häufig.
Das Wasser ist heute in die halbe Seriba gekommen, und dürfte dies wohl der höchste Stand für dies Jahr sein. Alles Gewürm, Schlangen usw., hat sich vor dem Wasser in die Häuser geflüchtet, wo es jetzt Ausbeute genug gibt. Sehr bemerklich ist in den letzten Tagen das dumpfe Gurgeln der Rohrdommeln (Nycticorax!), und jeden Abend bei Sonnenuntergang das scharfe Geschrei eines vereinzelten Cursorius aegyptichcus. Auch Balearica pavoeina (hier Standerogel), viele Lamprotornis, sehr zahlreiche Ceryle rudis, Lagonosticta austma (brütet), Motacilla Vielua und ein paarweiser Vogel (Pycnonozus?), den ich nicht erlangen konnte, lassen sich häufig sehen und vernehmen.
28. August, Mittwoch. Immer noch bin ich mit Unterbringen der Überschwemmten beschäftigt, für die ich kaum Häuser zu beschaffen weiß. Auch heute habe ich ein Exemplar von Arden ardesica und eines von Hophoploterus taczus (letzteres unbrauchbar) erhalten und präpariert. A. ardesichca wieder Weibchen. Abends ist der Mond nicht sichtbar geworden, also das Ramadán-Fest verzögert.
29. August, Donnerstag. Während alle Ägypter im Beachten des Fastens sehr lax sind, bilden die Sudanesen mit ihrem Sinn für bloß Äußerliches dazu einen scharfen Gegensatz.
In meinem Hause Uraeginthus phoezucotis, jetzt nistend.
Der Protopterus (Protopterus, Lungenfisch, der sich in der Trockenzeit im Schlamm eingräbt und dann seine in eine „Lunge“ verwandelte Schwimmblase atmet) ist jetzt hier häufig, wird bis zu zwei Meter lang und gibt, wenn man ihm nahe kommt, einen knurrenden Ton von sich. Die Neger benutzen dies, verfertigen eine Art Klapper und klappern damit über dem Orte, wo sie einen Protopterus eingegraben vermuten; dieser knurrt und wird aus seinem Versteck geholt. Man speert den Fisch hier, fürchtet jedoch seinen Biss.
30. August, Freitag. Gestern Abend wurde der Neumond sichtbar, wir haben also heute Ramadán.
Nachts nach klarem Abend war starker Sturm aus Westen und Gewitter mit Regenguss, Tag regnerisch, besonders gegen Abend.
Täglich kommen neue Geschichten von Diebstählen — ich kann sie nicht anders nennen — meines Vorgängers an öffentlichem und Privateigentum (!) zum Vorschein.
Der Wasserstand ist noch immer hoch täglich ereignen sich Erdstürze durch Unterwaschungen; ich werde eine völlig neue Uferlinie herstellen müssen. Infolge der Feuchtigkeit und des Regens, gegen welchen sie nicht geschützt sind, sterben die Rinder in Menge; sobald ich Stroh und Heu erübrige, soll eine Art Stall für sie gebaut werden, ebenso für das Kleinvieh, Ziegen und Schafe. Meine großen Schafe von Faschóda halten sich gut.
31. August, Sonnabend, (An diesem Tage schrieb Emin folgenden Brief an Herrn Dr. A. Petermann in Gotha:
Ladó, den 31. August 1878
Verehrter Herr!
Im Begriff, nach Süden zu gehen, sende ich anbei den Schluss meiner Notizen über Unyóro. Eine längere Reihe Von Psychrometerablesungen mit anderen meteorologischen Beobachtungen für Ladó folgt mit nächstem Dampfer: Einer Abzweigung von kompetenter Seite, mit welchen Instrumenten am einfachsten und besten die Elektrizitätszustände der Luft beobachtet werden können, wäre mir sehr erwünscht. Alle mir hier zu Gebote stehende Literatur enthält darüber nichts.
Der hohe Wasserstand des Stromes dauert fort: Weit und breit überschwemmtes Land; sogar unsere doch meist hochgelegenen Seriben haben darunter zu leiden. Dazu wollen die Regen dieses Jahr nicht aufhören, die ohnehin schwierigen Straßen sind unpassierbar geworden und alle Post vom Süden fehlen uns.
Von Magángo oder Mrúli aus hoffe ich Ihnen neue Nachrichten geben zu können.
Genehmigen Sie den Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung und glauben mich
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