Eine Türe in der oberen Etage wurde jetzt aufgeschlagen und jemand rannte die Treppe herunter. Ich erkannte den Sohn von unserer Nachbarin in der oberen Etage.
>>Hallo Felix!<<, grüßte ich freundlich
Mit einem leisen >>Guten Tag<<, grüßte Felix zurück.
>>Du hast es wohl sehr eilig<<, fragte ich neugierig.
>>Ja, ich muss für meine Mama beim Bäcker Brot holen. Wann kommt denn Julian mal wieder zum spielen?<<.
>>Du, das weiß ich nicht, aber vielleicht in zwei Wochen<<, signalisierte ich unter einen Vorbehalt.
>>Das wäre ja super!<<.
Schnurstracks rannte Felix weiter im Treppenhaus nach unten bis auf die Straße.
>>Herr Wagner, Ihre Frau ist wohl heute wieder nicht zu Hause?<<, fragte die Nachbarin mit der Katze.
>>Sie kommt wahrscheinlich erst morgen Abend zurück<<.
>>Da kann Sie ja keiner pflegen, so wie Sie aussehen<<.
>>Ach danke, das geht schon irgendwie…<<, fügte ich hinzu.
Den Eimer füllte ich bis zum Rand mit Wasser und ging nach oben in die Wohnung.
Im Anschluss daran entzündete ich den Ölofen und stellte einen Topf Wasser darauf, als im gleichen Augenblick das Telefon klingelte.
>>Clemens bist du etwa schon zu Hause?<<, fragte Elke am anderen Ende der Leitung.
>>Ja Schatz, ich habe heute eher Feierabend gemacht<<, gab ich vor.
>>Clemens, wir müssen morgen Nachmittag zu dieser Hausbaufirma und noch ein paar Angelegenheiten regeln, damit es endlich losgehen kann…<<.
Ich wartete einfach darauf, was Elke mir noch mitzuteilen hatte.
>>Clemens hast du etwa schlechte Laune?<<, fragte Elke.
>>Nein mir geht es so weit gut, nur ich möchte wissen worum es da geht<<.
>>Es geht um unseren Hausvertrag, den Eigenleistungen und um die Anordnung des Fundaments für den ersten Spatenstich<<.
>>Ja gut Elke, ich warte morgen Nachmittag auf dich, dann können wir gemeinsam dorthin fahren<<, entgegnete ich selbstgefällig.
Meine Sinne waren noch immer betrübt, der Kopf schmerzte und ich spürte einen Druck auf meiner Nase. Zum Arzt wollte ich nicht gehen. Was sollte ich dem Arzt auch erzählen, dass ich mich mit dem Geschäftsführer einer Firma geprügelt hatte.
Das kam für mich nicht infrage, aber wie sollte ich das alles Elke erklären. Wie sollte es weitergehen, dabei suchte ich nach einer rationalen Erklärung für die Geschehnisse. Sicher gab es genügend andere Gründe, um mir den Arbeitsplatz streitig zu machen. Was für eine rhetorische Frage. Aber wozu die ganze Aufregung, zumal ich an den Vorkommnissen in der Firma gar nicht direkt beteiligt war. Ich ging auf den Balkon um Luft zu schnappen.
Durch einen Spalt zwischen dem Baugerüst konnte ich die Straße vorm Wohnblock sehen. Einige Fahrzeuge drängten sich an einem Laster vorbei, der gerade ausgeladen wurde.
Die Straßenbeleuchtung brachte nur einen schwachen Lichtkegel hervor, der durch den Nebel gedämpft wurde. Und überhaupt war es für die Jahreszeit ziemlich dunkel.
Zwei Blumentöpfe mit vertrocknetem Petersilienkraut standen noch in einer Ecke auf dem Balkon, die Elke anscheinend vergessen hatte.
Irgendwie war hier draußen alles so trostlos, seitdem die Sanierungsarbeiten die Geschehnisse bestimmten. Es wurde spürbar kühler, so dass ich mich zurück ins Wohnzimmer zog.
Der Wassertopf auf dem Ölofen war kurz davor zu kochen, als ich ihn ins Badezimmer schleppte. Meine Blessuren im Gesicht zeichneten ein qualvolles Bild, wenn ich dabei in den Spiegel schaute. Behutsam führte ich eine Behandlung mit dem warmen Wasser durch, in dem ich auch ätherische Öle beimischte, die wie eine Wohltat aus einem orientalischen Reinigungsrituals wirkte.
Noch am selben Abend steckte ich meine blutverschmierte Kleidung in die Waschmaschine, um Elke keinen Anlass für eventuelle Nachfragen zu geben. Anschließend nahm ich mir eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank, schob die Cellophan Plane beiseite und setzte mich auf die Couch, während ich gleichzeitig an der Fernbedienung die Programme im TV zappte.
Aber schon nach einiger Zeit überkam mich eine bleierne Müdigkeit, so dass ich zu Bett ging.
- : -
Am nächsten Morgen wurde ich vom Lärm der Bauarbeiten im Wohnblock geweckt.
Als ich anschließend ins Bad lief, klingelte es an der Wohnungstür, die ich für einen kurzen Moment öffnete.
>>Moin, moin der Herr!, darf ich bitte in die Küche ?<<, entgegnete mir ein Handwerker in einer Blaumann Uniform.
>>Wie bitte?<<, fragte ich erstaunt.
>>Entschuldigen Sie Herr Wagner, haben Sie denn kein Informationsblatt von unserer Firma in Ihrem Briefkasten vorgefunden?<<.
>>Nein, nicht dass ich wüsste<<.
>>Tut mir leid Herr Wagner, aber heute ist Ihre Küche und Morgen das Bad dran<<.
>>Ach wirklich?<<, fragte ich nach.
>>Also, nach meinem Terminplan sind die Sanierungsarbeiten heute in Ihrer Wohnung durchzuführen<<, entgegnete der Handwerker.
>>Wissen Sie, ich weiß davon überhaupt nichts<<.
>>Was ist nun Herr Wagner, darf ich in Ihre Küche, sonst muss ich meinen Chef informieren<<.
>>Hören Sie, das wird nicht nötig sein, dann kommen Sie doch herein<<, gab ich resigniert zur Antwort.
Während der Handwerker nun die Küche belagerte, machte ich mir im Wohnzimmer Frühstück. Der Lärm war nicht auszuhalten, weswegen ich das Radio im Wohnzimmer lauter stellte. Schließlich machte ich mir Gedanken, was ich den Tag über so treiben könnte, bevor ich am Nachmittag mit Elke zu dieser Hausbaufirma fahren wollte.
Nach einer geraumen Zeit machte der Handwerker eine Pause, die ich dazu nutzte, um in dem nahegelegenen Supermarkt einen Einkauf zu erledigen. Es war mir bewusst, dass Elke mich sicher danach fragen würde, weil der Kühlschrank bis auf zwei Flaschen Bier und ein Stück Butter leer war. Dem Küchenschrank entnahm ich einen Klebezettel, den ich außen an die Wohnungstüre heftete, falls der Handwerker von seiner Pause zurückkehren sollte.
Mit einem Faserstift schrieb ich in Großbuchstaben „KOMME GLEICH WIEDER“.
Im Treppenhaus lag überall Bauschutt, über den man drübersteigen musste.
Vor dem Hauseingang winselte ein Hund, der mich mit einem treuherzigen Blick ansah. Als ich nach draußen ging, stellte ich fest, dass an einigen Stellen die Pfützen zugefroren waren. Offensichtlich hatte sich bereits über Nacht Bodenfrost angekündigt. Ich steckte meine Hände in die Jackentasche und lief in Richtung des Einkaufszentrums. Das Laub am Boden glitzerte im Antlitz des Raureifs.
Einige Straßen weiter, kam ich zu einer größeren Ampelkreuzung. Von der rechten Fahrbahnseite kam ein moderner Reisebus aus Frankreich, der an einer rot leuchtenden Ampel stehen blieb. Im Vorbeigehen grüßte ich aus Spaß den Fahrer mit einer Handbewegung, woraufhin dieser sein Fenster öffnete und sich bei mir nachdem Weg erkundigte. Auf den mir gereichten Stadtplan, zeigte ich auf die Straße, wo wir uns befanden und erklärte ihm den Fahrtweg. Anschließend wünschte ich eine gute Reise >>Bon Voyage!<<. Der freundliche Busfahrer bedankte sich mit einem >>Merci beaucoup<< und setzte seine Fahrt fort.
Unterdessen lief ich in die Richtung des Einkaufsmarkts und beobachtete die Menschenansammlung, die wie Ameisen in den Markt strömten. Schnell packte ich meine Waren in den Korb und ging anschließend zur Kasse, an der es in dem Gedränge kaum vorwärts ging. Ein kleines Mädchen zappelte sitzend in einem Einkaufskorb. Die Mutter hatte alle Mühe mit dem Kind, dass interessiert nach den Waren im Korb schaute.
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