Reinhard Berk
Kinder, die zum Töten taugen
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Inhaltsverzeichnis
Titel Reinhard Berk Kinder, die zum Töten taugen Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog Prolog Der 19. Juni 1995 veränderte alles. Von diesem Tag an geriet das Leben dreier junger Männer aus den Fugen. Nie sollten sie vergessen, was passiert war. Mit den Jahren verdrängte die Zeit zwar die Intensität der Gedanken, aber sich ganz von ihnen lösen und sie vollkommen vergessen, war ein unmögliches Unterfangen. Zu sehr hatten sich die schrecklichen Ereignisse von damals in ihren Köpfen eingebrannt. Immer wieder kamen die Erinnerungen an jene Nacht in ihnen auf. Es war der subtile Terror ihres Gewissens, der ihr ständiger Begleiter wurde. Neunzehn Jahre später sollte sie das Geschehen mit der gleichen tödlichen Konsequenz einholen, die sie dem jungen Mädchen in jener Sommernacht hatten zuteil werden lassen.
1995 – Die Tat
2014 – Der Plan
1976 – Der Antrieb
2014 – Das Finale
Nachwort
Leseprobe Missbraucht:
Leseempfehlung EIN BUNTER TELLER MORD UND TOTSCHLAG
Impressum neobooks
Der 19. Juni 1995 veränderte alles. Von diesem Tag an geriet das Leben dreier junger Männer aus den Fugen. Nie sollten sie vergessen, was passiert war. Mit den Jahren verdrängte die Zeit zwar die Intensität der Gedanken, aber sich ganz von ihnen lösen und sie vollkommen vergessen, war ein unmögliches Unterfangen. Zu sehr hatten sich die schrecklichen Ereignisse von damals in ihren Köpfen eingebrannt. Immer wieder kamen die Erinnerungen an jene Nacht in ihnen auf. Es war der subtile Terror ihres Gewissens, der ihr ständiger Begleiter wurde. Neunzehn Jahre später sollte sie das Geschehen mit der gleichen tödlichen Konsequenz einholen, die sie dem jungen Mädchen in jener Sommernacht hatten zuteil werden lassen.
Vier Burschen feierten ihr Abitur. Das heißt, sie waren die Letzten, die übrig geblieben waren, von einundvierzig Abiturienten, die die Hochschulreife am Laubachtal Gymnasium bestanden hatten. Sie machten seit genau einer Woche Party, und zwar auf "höchstem Niveau", wie Helmut zu sagen pflegte, wenn er exzessives Feiern meinte. Die meisten ihrer Mitschüler hatten dem Mix aus ausgiebigem Trinken und dem Genuss verschiedenster weicher Drogen nach und nach Tribut zollen müssen und waren insgeheim froh, dass sie sich ausklinken konnten oder gar mussten. Der andere Teil der Schüler, die nichts von den ausschweifenden Feierlichkeiten hielten, hatte sich schon kurz nach dem offiziellen Prozedere zurückgezogen.
Helmut, Peter, Michael und Gerhard waren die Letzten. Der übriggebliebene Rest des Abiturjahrgangs 1995 vom Laubachtal Gymnasium in Waldbachkleinkeim. Irgendwie hatte es sie an diesem Sommerabend auf das Parkfest in Hattenbach verschlagen. Hattenbach war die Kreisstadt des nach ihr benannten und benachbarten Hattenbachkreises. Hier gab es ebenfalls ein Gymnasium und man kannte den ein oder anderen von dort.
An jenem frühen Freitagabend war mächtig Betrieb auf dem Parkgelände. Unter den alten und dementsprechend hohen Eichen tummelten sich die Menschen. Das Fest hatte eine lange Tradition und zog Besucher von nah und fern an. Auf zwei Bühnen spielten Bands. Es gab Stände, an denen man die Erzeugnisse der hiesigen Landwirtschaft und Artikel von Handwerkern und ansässigen Künstlern erwerben konnte. Dazwischen immer mal wieder ein Getränkeausschank oder ein Imbissbetrieb. Der Parkplatz vor dem Parkeingang war zu einem kleinen Rummelplatz mit Fahrgeschäften und Losbuden umfunktioniert worden. Ein buntes Gemisch aus Markt, Kirmes und Open Air Festival. Das tolle Wetter, das das gesamte Ambiente unterstrich, und das anstehende Wochenende, taten ein Übriges zum regen Besucherstrom hinzu.
Die jungen Männer legten gleich an einem der hübsch dekorierten Getränkestände einen Halt ein und genehmigten sich eine Runde Bier. Erst danach wollten sie ihren Rundgang über das Gelände fortsetzen. Sie flachsten untereinander und insgeheim wussten sie, und wünschten sich sogar, dass ihre Feiertortur langsam einmal ein Ende fand. Nur klar auszusprechen getraute sich es keiner. Es wollte sich keiner eine Blöße geben. Aber irgendwann fängt man an, sich vor Bier zu ekeln.
Peter Barth gab den Fahrer. Er war der Typ eines Draufgängers und polarisierte in der Abschlussklasse mehr als jeder andere. Entweder er wurde gemocht oder er wurde verabscheut. Dazwischen gab es nichts. Auch nicht in den Meinungen des Lehrerkollegiums über ihn. Seine Abiturarbeiten hatte er in den Fächern Englisch, Deutsch und Biologie geschrieben. Nichts Berühmtes, aber problemlos das Abitur gebaut. Ihm reichte das Ergebnis vollkommen. Peter hatte nicht den Ehrgeiz, durch Arbeit eine glanzvolle berufliche Karriere hinzulegen, ihm genügte es, wenn er einen finanziell soliden und nicht allzu zermürbenden Beruf finden würde. Seine Motivation lag eher darin begründet, genug Zeit und Mittel zu haben, um anständig Party zu feiern, solange er noch jung war. Da er sich noch nicht im Klaren war, wie sein Berufsziel letztendlich genau aussehen sollte, hatte er vor, sich zunächst bei der Bundeswehr zu verpflichten.
Er war ein Kerl, dem man seine Affinität zum Sport ansah. Die anderen wirkten gegen ihn fast wie Hänflinge. Mit seiner Größe und seinen breiten Schultern hatte er durchaus das Zeug, Respekt einzuflößen, obwohl sein Gesicht erstaunlich weiche Züge aufwies. Dazu passte sein blondes Haar und das einnehmende Lächeln, das ihm trotz seiner beeindruckenden Größe die Jungenhaftigkeit gab. Peter hing meist mit Helmut ab. Die beiden waren seit Kindergartenzeiten Freunde und hatten bis dahin mehr Zeit miteinander verbracht, als mit ihren Familien. Sie wussten alles voneinander, mehr als ihre Eltern mitsamt Geschwistern, Lehrern oder anderen Freunden. Peter und Helmut waren ziemlich beste Freunde. Wenn sie zusammen getrunken oder eine Tüte Gras geraucht hatten, offenbarte Peter seinem Freund die Seite von sich, die sonst niemand ahnte, geschweige denn wusste. Peter Barth hatte häufiger, wenn er unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand, massive Gewaltfantasien, die sich hauptsächlich gegen Frauen richteten. Helmut nahm es nicht ernst. Er nahm es deshalb nicht ernst, weil sie weit über seine Vorstellungskraft hinausgingen und er die Abartigkeiten alleine schlechtem Stoff oder eben übermäßigem Alkoholgenuss geschuldet sah.
Helmut Stahl war der älteste der Clique. Er hatte den anderen vier Stunden des Lebens voraus. Oftmals stand er kurz davor, eine Ehrenrunde drehen und ein Schuljahr wiederholen zu müssen, aber irgendwie schaffte er es immer, gerade noch das Klassenziel zu erreichen. Das zeigte zwei Dinge: Zum einen, nahm Helmut die Schule nicht so ernst, wie er es eigentlich hätte tun sollen und zum anderen, wenn er die Schule ernst nahm, steckte durchaus Potential in ihm. Im Geheimen hatte er sich die gleiche Ansicht angeeignet, die auch sein Freund Peter bevorzugte. Erst einmal locker durchs Leben gehen und dann weiter sehen. Er hatte ein Faible für die späten sechziger und frühen siebziger Jahre und zeigte das auch anhand seines Äußeren. Helmut hatte braune, über die Schulter fallende Haare, die er oft zu einem Zopf zusammengebunden trug. Damit sah er schon aus wie ein Relikt aus jenen vergangenen Zeiten. Er trug am liebsten Hosen mit einem Schlag und um seine Handgelenke hatte er sich viele bunte Stoffbändchen gebunden. Helmut lachte fast nie. Es hatte nichts damit zu tun, dass er über keinen Humor verfügte, aber er hielt Lachen ganz einfach für uncool. Nur wenn er stark alkoholisiert oder total bekifft war, konnte er ungezwungen lachen. Deshalb war es immer das Zusammensein mit "seinen Jungs", das ihm die Unbekümmertheit bescherte, die ein junger Mann eigentlich haben sollte.
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